Der eine IT-Chef fungiert als Chief Digital Officer, der andere übernimmt die Rolle des Vice President Enterprise Services. Über neues vom Rollenwandel berichtet Hunter Jones, IT-Chef bei Cameron International. Einer seiner Tipps: nicht in die Konsolidierungsfalle tappen.
Dass CIO für "Career is over" stehen soll, lässt Martha Heller von unserer US-Schwesterpublikation cio.com nicht gelten. Natürlich ist ihr klar, dass sich Definition und Aufgabe des IT-Verantwortlichen ändern. Manche Unternehmen etablieren einen CDO (für Chief Digital Officer). Andere entziehen dem IT-Chef die Budget-Hoheit und schlagen sie dem Marketing-Chef zu.
Für Martha Heller hat das aber wenig mit einem Bedeutungsverlust des CIO zu tun. Sie spricht statt dessen von einer zunehmenden Erweiterung dieses Berufsbildes ("Expanding the cio role"). Mittlerweile gibt es Chief Shared Services Officer und Chief Business Process Officer - je nachdem, wie ein Unternehmen die Rolle des IT-Chefs ausgestaltet.
Hellers Kronzeuge ist Hunter Jones, oberster IT-Entscheider bei Cameron International, einem Zulieferer für Öl- und Gas-Unternehmen. Er trägt den klassischen Titel CIO, ergänzt um den Zusatz Vice President of Enterprise Services.
Warum dieser Zusatz? "Ich sage manchmal, ich mache alles, worauf der CEO keine Lust hat", schmunzelt Jones. Zu seinen Aufgaben zählen neben der IT-Verantwortung Produktentwicklung, die weltweite Lieferkette, Security und Qualitätssicherung. Darüber hinaus leitet er ein großes Transformationsprojekt. Jones unterstehen insgesamt 1.400 Mitarbeiter.
Der Konzern brauchte nach einigen Akquisitionen eine neue Struktur, erklärt Jones. Denn jede Unternehmenseinheit operierte für sich. Der CIO sah sich also die einzelnen IT-Strukturen an und zentralisierte sie. Außerdem entwickelte er ein neues Governance-Model.
Jones war der Auffassung, dass bei Cameron International nicht immer die richtigen Leute IT-Entscheidungen trafen. Er sorgte für einen Kurswechsel: sämtliche IT-Initiativen haben sich an den Bedürfnissen des Business auszurichten. IT-Services laufen seitdem auf unternehmensweiter Ebene ab.
4 Tipps vom Cameron International-CIO
IT-Verantwortlichen, die Ähnliches vorhaben, gibt der Cameron International-CIO folgende vier Tipps mit auf den Weg:
1. Den Gedanken von Shared Services konsequent umsetzen: Das ist für Jones zunächst eine Frage der Einstellung. Wer die IT eines Unternehmens leitet, muss verstehen, dass er nicht gewinnorientiert arbeitet. Die IT ist schlicht und einfach dazu da, andere Abteilungen in ihrer Arbeit zu unterstützen.
2. Führung verteilen: Kein CIO muss Experte über jede einzelne IT-Dienstleistung sein, die sein Team anbietet. Er muss aber sicherstellen, dass jede Dienstleistung funktioniert. Das kann heißen, dass einzelne Mitarbeiter von einzelnen Bereichen fachlich mehr verstehen als der CIO. Aber der CIO hält die Zügel in der Hand.
3. Einen 360-Grad-Blick auf das Unternehmen entwickeln: Als Jones seinen Job übernahm, machte er sich zunächst einmal ein Bild davon, was jede einzelne Abteilung tut. Außerdem sprach er mit jedem Fachabteilungsleiter, um herauszufinden, was von der IT erwartet wird. Seine Erfahrung: Informatiker sollten nicht davon ausgehen, dass ihr Gegenüber dieselben Vorstellungen hat wie sie selbst.
4. Nicht alles kann konsolidiert werden: Jones hat die IT bei Cameron International zentralisiert, aber er sagt, CIOs sollten sich vom Stichwort Konsolidierung nicht verrückt machen lassen. Für einen Konzern ein einziges Services Governance-Modell entwickeln zu wollen, ist ein Ding der Unmöglichkeit.
Jan Falck-Ytter, IT-Leiter bei der Bader GmbH & Co. KG Er legte die klassische Karriere bis zum CIO beim Automobilzulieferer aus Göppingen hin. Jeden Karriereschritt machte Falck-Ytter in einem anderen Unternehmen: Systemanalytiker bei Digital Equipment in Stuttgart, Projektleiter bei Hengstenberg in Esslingen und schließlich IT-Leiter bei Endress und Hauser Conducta in Gerlingen. Damit ist Ytter nicht allein:
Der Weg an die Spitze Wie sieht die typische CIO-Karriere aus? Schwer zu sagen: Einige wechseln alle paar Jahre das Unternehmen, andere bleiben der Firma treu. Aber richtig große Sprünge gelingen nur, wenn man ein Risiko eingeht. Wir stellen Ihnen einige CIO-Karrieren vor.
Andreas König, CIO bei ProSiebenSat.1. Media AG Genau wie Falck-Ytter sah auch Königs Karriere aus: Jede Station woanders. Der promovierte Informatiker arbeitete unter anderem als VP IT bei First Data International und IT Manager bei BAWAG PSK (Österreich). Als Manager arbeitete er aber auch bei Accenture. Jung zum CIO aufzusteigen, das bedeutet offenbar einen häufigen Firmenwechsel.
Elmar Flamme, CIO des Klinikum Wels Grieskirchen Muss man der Karriere wegen immer den Arbeitgeber wechseln? Nein. Bestes Beispiel ist Elmar Flamme, CIO des Klinikums Wels Grieskirchen. Der gelernte Krankenpfleger stieg im Stadtkrankenhaus Rüsselsheim immer weiter die Karriereleiter hinauf bis zum IT Leiter. Von dort wechselte er dann aber doch noch als CIO zum Mutterhaus der Borromäerinnen und ist nun am Klinikum Wels.
Andreas Miehle, CIO bei Norma Der CIO der NORMA Group Holding GmbH startete seine Karriere als Programme Manager bei Britax Childcare. Später wechselte er zu Johnson Controls als Regional IT Manager. Auf seinem Weg zum CIO des Industrieausrüsters legte Miehle noch Stationen bei Epicor Software Corporation und der Wilo AG ein.
Dieter Moritz, CIO der Uniklinik Köln Moritz wechselte vom Bereichsleiter Client Server bei der AMB Informatik zum Bereichsleiter IT bei Viterra Energie Service Essen. Dann wurde er der Direktor IT und Organisation bei der Sparkasse Köln und IT-Bereichsleiter bei Rigips. Der Diplom-Betriebswirt teilt sich die Stelle mit seinem Bonner Kollegen Erich Pfeifer.
Volker Raupach, VP IT Customer Group Europe bei Johnson Controls Automotive Experience Raupach blieb, anders als einige andere CIOs, seinen Unternehmen weitestgehend treu: Er arbeitete jahrelang bei den Rütgerswerken und ist erst seit 2008 bei Johnson Controls. Nur eine immerhin achtjährige Zwischenstation bei CSC legte er ein. Damit hat Raupach eine eher CIO-untypische Karriere: Nicht alle zwei Jahre in einem anderen Unternehmen zu finden.
Jochen Schneider, früher CIO bei der Zürcher Kantonalbank Schneider begann seinen Weg nach oben bei IBM als Vertriebsbeauftragter, ging dann als Programm Manager IT zu Smart, war bei Swisscom dann Head of Purchasing and Logistics und wurde schließlich bei PostFinance CIO und Mitglied der Geschäftsleitung. Inzwischen hat Schneider nach einem Sabbatical die Seiten gewechselt und arbeitet nun als COO beim Retail-Banking Anbieter Sungard.
Thorsten Steiling, CIO bei Solarworld Etwas ungewöhnlich dagegen Steiling: Er begann bei Siemens in Nürnberg als Entwicklungs- und Projektierungsingenieur und wechselte dann zur Salzgitter AG. Dort erklomm er die Karriereleiter vom Leiter der Anlagen- und Automatisierungstechnik bis hinauf zum IT-Leiter bei Steiling. Sein derzeit letzer Karriereschritt: CIO bei der Solarworld AG.
Klaus Vitt, hat die CIO-Funktion der Bundesagentur für Arbeit inne Vitt machte hauptsächlich Karriere bei der Telekom. Von 1996 bis 2006 war er in verschiedenen Tochtergesellschaften der Telekom auf immer höheren Positionen vertreten, bevor er zur BA wechselte. Davor war er 14 Jahre lang bei der Bertelsmann AG tätig.
Bert Bloß, Leiter IT bei der Heinrich-Böll-Stiftung Bloß war zuerst Inbetriebnahme-Ingenieur bei Robotron, dann betreute er die die KMU bei Nixdorf und Siemens. Anschließend wurde er IT-Leiter bei der Mitropa AG. Nun ist Bloß CIO der Heinrich-Böll-Stiftung. Er legte eine steile Karriere hin.
Volker Dirksen, Axel Springer Dirksen war seit 2009 CIO des Landwirtschaftsverlages Münster, der unter anderem das Magazin "Landlust" verlegt. Dort verantwortete er sowohl die gesamte IT als auch die Weiterentwicklung der Online-Auftritte. Zuvor war er unter anderem als Manager im CIO Office von Gruner + Jahr und als IT-Management-Berater bei Cap Gemini Ernst & Young tätig. Dirksen, 39, leitet seit Juli 2013 die Corporate IT der Axel Springer AG. Weit entfernt von einer CIO-Position in einem Großunternehmen ist er damit nicht mehr.
Klaus Höffgen, CIO bei Delvag Luftfahrtversicherungs AG Zügig zum Ziel, so kann man Höffgens Karriereweg beschreiben. Nur drei Stationen brauchte der promovierte Mathematiker: Sechs Jahre als VP und zuletzt als Global Head of IT bei WestAM, ab 2000 weitere sechs Jahre als VP bei Gartner, ab Mitte 2006 bei Delvag Luftfahrtversicherungs AG.
Bernd Kuntze, CIO der Haas Food Equipment GmbH Knapp 20 Jahre blieb Kuntze bei der Mars Inc. und arbeitete sich dort durch die verschiedensten Positionen nach oben, um dann 2007 zur Raiffeisen Informatik GmbH zu wechseln als Leiter Organisation. Unternehmen mit Nachwuchsproblemen sollten sich an seinem Lebensweg ein Beispiel nehmen. Geht es nach oben nicht mehr weiter, orientieren sich die Talente um. Damit verlässt wertvolles Wissen die Firma. - Seit 2008 ist Kuntze übrigens CIO von Haas Food Equipment und wurde in dieser Funktion im IT-Wettbewerb "CIO des Jahres 2012" Mittelstandsgewinner.
Björn Lügger, IS/ IT Manager Zentraleuropa der Camfil KG Lügger machte Karriere bei der Tremco illbruck International GmbH. Schon bei seiner zweiten Firma, der schwedischen Camfil KG, wurde er zum IT Manager für Zentraleuropa ernannt. Auch er verließ, genau wie Kuntze, zum letzten Karriereschritt seine Firma.
Jürgen Renfer, CIO bei KUVB In 16 Jahren bei der Deutschen Rentenversicherung in Rheinlad-Pfalz stieg Renfer vom Software-Entwickler zum Sachgebietsleiter IT auf und wechselte 2001 zur Kommunalen Unfallversicherung in Bayern. Der Firmenwechsel brachte auch den Karrieresprung zum CIO mit sich. Eine Lehre für künftige CIOs? Dem Unternehmen treu bleiben, solange es geht. Und dann rechtzeitig den Absprung schaffen.
Gerald Scheurmann-Kettner, CIO Event Hotelgruppe Vom Tellerwäscher zum Millionär - oder eben vom Hotelfachmann zum CIO: Scheurmann-Kettner schaffte genau das. Er arbeitete sich vom Empfangsleiter eines Holiday Inns hoch zum IT-Manager, um dann zur Event Hotelgruppe zu wechseln. Quereinsteiger, das funktioniert also auch bei CIOs.
Tobias Schmitt, CIO der NRW.Bank Schmitt startete seine Karriere als Regional COO Asia /Pacific bei der WestLB. Der Betriebswirt stieg kurz darauf zum IT-Projektleiter auf - und erreichte dann bei der NRW-Bank die Stelle des CIO.
Thomas Zachmann, CIO bei Papierunion Zachmann wurde CIO, als er von der Otto Group zur Papier Union GmbH wechselte. Bei Otto war er in der Unternehmensberatung tätig. Bei SD&M leitete der promovierte Software Engineer die Geschäftsstelle. Seine Karriere begann Zachmann bei SCS als Softwareentwickler, wovon er zur EDS als Outsourcing Manager wechselte.