Wie entscheidend Reaktionsgeschwindigkeit in der Pharmaindustrie sein kann, zeigt das aktuelle Beispiel der Schweinegrippeimpfung. Während sich das H1N1-Virus immer stärker ausbreitete, mehrten sich in den vergangenen Wochen die Klagen über eine Knappheit des Impfstoffs "Pandemrix". Der Hersteller GlaxoSmithKline (GSK) benötigte offenkundig mehr Anlaufzeit als von der Öffentlichkeit erwartet, um die ersten von insgesamt 50 Millionen Impfdosen in die Bundesländer liefern zu können. GSK beruhigt mit dem Versprechen, die geforderten Mengen mit schrittweise erhöhter Produktionskapazität wie vereinbart zur Verfügung stellen zu können. Dieses Beispiel zeigt, dass in der Branche schnelles und effizientes Supply Chain Management zwingend erforderlich für den Geschäftserfolg ist. GSK-Konkurrent Pfizer hat auf diese Herausforderung schon vor einiger Zeit mit Hilfe von Financial Performance Management aus dem Hause Oracle reagiert.
"Die implementierten Systeme helfen uns, weniger wie ein Dampfer und mehr wie ein Motorboot zu sein", sagt Frank Orlowski, Direktor und Teamleiter im Bereich Finanzen bei Pfizer. Er hat dabei jene Wendigkeit im Sinn, ohne die weltweit agierende Pharmafirmen heute nicht mehr bestehen können. Der schlimmste denkbare Fall sei ein möglicher Großauftrag, den man aufgrund von Lieferengpässen nicht erfüllen könne, so Orlowski. Der Spagat besteht darin, gleichzeitig Kosten zu senken und für expansive Investitionen in Wachstumsfeldern gewappnet zu sein. Pfizer versucht dem mit vorausschauender Analyse von Finanz- und Kostendaten beizukommen. "Pfizer vollzog einen Policy-Wandel, in dem die Business Units zu mehr Verantwortung für Herstellungskosten und ihre Performance gezwungen werden", analysiert Stephen Slade, Senior Director bei Oracle, in einem aktuellen Beitrag für www.industryweek.com.
Einheitliche Plattform über alte Silostruktur
Zentraler Ausgangspunkt war bei Pfizer die Entwicklung einer einheitlichen Plattform für alle fürs Finanz-Management relevanten Daten. Diese waren früher siloartig in den verschiedenen Abteilungen wie Forschung und Entwicklung, Fertigung oder Tiermedizin verstreut, wie Orlowski berichtet. Viele der alten Budgetierungs- und Forecasting-Systeme existieren zwar weiterhin. Aber das Unternehmen begann - zunächst in Großbritannien, später weltweit - auf Basis von Oracles Hyperion Financial Performance Management, sich einen integrierten Überblick über die einzelnen Felder zu verschaffen.
Die neu gewonnen Analyse-Möglichkeiten erlauben es, kritische Entscheidungen auf valider Grundlage zu treffen. So lassen sich einerseits Geschäftsbereiche mit Effizienzspielräumen identifizieren, in denen sich Kosten einsparen lassen. Andererseits ist schnell genug erkennbar, wenn Kapazitäten ausgedehnt werden müssen. Orlowski nennt als Beispiel den chinesischen Markt, auf dem dank der eingesetzten Business Intelligence (BI) eine merklich steigende Nachfrage antizipiert werden konnte. Auf dieser Basis war eine bewertende Prüfung für eine Vergrößerung des Werks in Dalian rasch genug möglich. Gleichzeitig zeigte sich eine rückläufige Entwicklung bei einem Produkt in Großbritannien. Pfizer vermochte mit einem Einstellungsstopp und gekürzten Budgets für Meetings und Reisen in diesem Segment gegenzusteuern.
Das Unternehmen bedient sich der Forecasting-Tools auch, um die Auswirkungen alternativer Verkaufs- und Marketingstrategien abwägen zu können. So lässt sich vergleichen, was eine Werbekampagne etwa für ein Medikament gegen Nikotinsucht kostet und welche Verkaufszuwächse von der Kampagne zu erwarten wären. Basis der Hyperion-Forecasting-Anwendungen ist eine Kombination der Analyse alter Business-Daten mit statistischen Techniken zur Prognose künftiger Ergebnisse.
Für den Umgang mit vorausschauenden Analyse-Tools hat www.cio.com kürzlich übrigens fünf prägnante Ratschläge zusammengefasst:
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Die Software kann neue Geschäftsfelder schaffen. Im Planungsprozess können Prognose-Tools im günstigsten Fall durchaus strategische Entwicklungen anregen.
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Die Zukunft kann man nie wissen. "Auch der Wetterbericht liegt manchmal falsch", sagt Royce Bell, CEO von Accenture Information Management Services. Und das, obwohl die Meteorologen Daten über Jahrhunderte auswerten.
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Ergebnisse können in die Irre führen. Zumindest dann, wenn feine Unterschiede nicht beachtet werden - wofür nicht die Software, sondern die Mitarbeiter verantwortlich sind. Cio.com nennt als Beispiel eine Umfrage eines Kreditinstituts, in der nicht exakt zwischen Haushalten und Einzelpersonen differenziert wurde.
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Das Bauchgefühl unter Kontrolle behalten. Den harten Zahlen zum Trotz ist die Tendenz menschlich, den eigenen Instinkten und Vorurteilen zu folgen - und Analyse-Ergebnisse zu ignorieren, falls sie dem Erwarteten widersprechen. Dieser Neigung gilt es zu widerstehen.
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Ausmisten nicht vergessen. Die besten Programme liefern nur dann die erwünschten Ergebnisse, wenn sie mit qualitativ hochwertigen Daten gefüttert werden. Das kann bedeuten, im Zweifel selektiv zu sein und nur die belastbaren Informationen in die Analyse einzuspeisen.Moving from 'Fiction-to-Fact' -- Addressing Information Overload on the Factory Floor