Warum explodiert das Datenvolumen, mit welchen Modellen ufern die Kosten nicht aus, welche Daten werden wie oft von welchen User-Gruppen verwendet, lohnt sich der Umstieg auf eine schnelle Plattform, in die Cloud oder in einen Data Lake - und rechnet sich das alles überhaupt? Fragen über Fragen, aber eines ist sicher: Kleine Daten ziehen große Aufgaben nach sich.
Das Datenmanagement - ohnehin schon ein fester Posten auf der IT-Agenda - entwickelt sich zum Pflichtprogramm in Unternehmen, die sich Wettbewerbsvorteile in der digitalen Wirtschaft erwarten. Als Vorteile locken schnellere und bessere Entscheidungen in den Fachbereichen: "Wir können Anwender mit einem Wow-Effekt begeistern, wenn sie sehen, wie einfach eigene Analysen sein können", sagt Steve Oluborode, Principal Solution Engineer für Tableau Analytics bei Salesforce.
In der Realität ist das "Wow" bisweilen noch ein "Seufz". Viele Unternehmen hätten selbstgestrickte Datenbanken und Datenformate im Einsatz, die aneinander vorbei kommunizieren und Ressourcen binden, argumentiert der Datenexperte: "Das Gefüge zu vereinheitlichen, Redundanzen aufzulösen und in ein Format zu bringen, sind die wichtigsten Schritte."
Hinzu kommen Lücken in Skills und Ressourcen sowie eine Datenkultur, die noch den alten Werten verpflichtet ist - meine Abteilung, meine Daten. Die Hürden seien hoch, und mit einer isolierten Initiative werde man nicht ans Ziel kommen, betont Oluborode: "Unternehmen brauchen den Schulterschluss zwischen der IT, den Fachbereichen und der Führungsebene - alle Seiten müssen Hand in Hand zusammenarbeiten, damit die operativen Einheiten schnell auf die relevanten Daten zugreifen können."
Hier geht's zur Studie "Data Management / Data Quality 2020"
Woran Data Management noch scheitert
Die Aufgabe zeigt sich auch an der aktuellen COMPUTERWOCHE-Studie "Data Management / Data Quality 2020" in Kooperation mit Tableau und Datavard zum Datenmanagement in deutschen Unternehmen. Demnach sind Vertreter aus Fachbereichen weitaus weniger zufrieden mit der Situation als Studienteilnehmer aus dem Top-Management. Dabei sind es gerade die Business-Nutzer, deren Entscheidungen durch Daten beschleunigt und verbessert werden sollen. Auch die organisatorischen Herausforderungen werden als Bremsklotz wahrgenommen.
So klagt etwa jede dritte Firma über Fachkräftemangel im Data Management, einen Innovationsstau sowie unpassendes oder fehlendes "Mindset" der Mitarbeiter. Typisch für Deutschland sei dies nicht, so Oluborode, vor dieser Erkenntnis stünden derzeit viele Organisationen: "Sie arbeiten an einem effektiven Datenzugang, um Schlussfolgerungen zu ziehen, Entscheidungen zu treffen und um Produkt- sowie Serviceinnovationen auf den Weg zu bringen."
Petra Pirron, Global Vice President Marketing und Partner Business bei der Beratungsgesellschaft Datavard in Heidelberg, erläutert den Gap zwischen Business und IT mit dem Eisbergmodell: über der Wasseroberfläche die geschäftlichen Anwendungen als Mehrwert, darunter die Dateninfrastruktur. Letztere sei jedoch auf neue Fragstellungen oft nicht vorbereitet, was wiederum zu Verstimmungen im Business führen würde: "Die eine Seite will Hochrechnungen am Wahltag, die andere Seite kalkuliert das amtliche Endergebnis - hier mit stabilen Prozessen und einem definierten Governance-Modell mit Rechtestrukturen, dort herrscht eine andere Idee von Geschwindigkeit und Flexibilität."
Auch in diesem Punkt zeigt die Studie der COMPUTERWOCHE eine vermeintlich Lücke auf: Einerseits sehen die meisten Befragten die Fachabteilungen als Treiber des Datenmanagements, andererseits haben mehrheitlich CIO beziehungsweise IT-Leitung die Verantwortung für die gesamte Datenstrategie eines Unternehmens. Pirron zufolge spiegele dies die Realität wider - daraus jedoch zu folgern, der IT die Hoheit über die Daten zu entziehen, sei ein Fehlschluss: "Nur die IT kann Fragen zu Data-Governance-Modellen, Autorisierungskonzepten, Sicherheit, Performance oder Speicherorten beantworten", sagt die Datavard-Managerin.
Und wenn die gesamte Prozessdefinition und Datenpflege an das Business übertragen werde, müsse sichergestellt werden, dass diese Aufgaben gelöst würden: "Das schaffen nicht alle Fachbereiche." Gefragt sei ein Modell für Data Governance und die Datenintegration, um Strategie, Austausch und Autorisierungskonzepte zu erhalten, ohne die Wertschöpfung zu stoppen.
Der Mismatch liege heute im guten Austausch und bei den Mauern zwischen den Bereichen: "Ich habe manchmal das Gefühl, dass viele Unternehmen einen Übersetzer brauchen zwischen Business und IT, um einen Konsens bei Anforderungen und Leistungen zu erzielen und die Brücke zwischen Backend und Visualisierung zu schlagen." Neben diesen "fachlichen Übersetzern" empfiehlt Datavard-Managerin Pirron den Start in kleinen Schritten: "Small Data ist mindestens genauso wichtig wie Big Data." Dies lasse sich auch auf die IT übertragen - inkrementelle Verbesserungen statt Big Bang.
Dabei sei ein Ziel, bisherige Investitionen etwa in SAP-Landschaften, Analytics-Tools, Data Lakes oder die Cloud zu schützen und mit Augenmaß zusammenzuführen: "Was habe ich heute, was brauche ich heute, und was brauche ich morgen?" Zudem müsse jedes Unternehmen den "Wow"-Effekt für sich selbst definieren und kurze Etappen mit deutlichen Verbesserungen zum Ziel festlegen - etwa, wenn sie keine Zettel mehr in der Supply Chain abstempeln müssen oder Vertriebsdaten in Minuten erhalten, berichtet Pirron: "Im Datenmanagement gibt es kein 'One size fits all'."
"Anwender begeistern, Analytics zu betreiben"
Tableau Software nähert sich den Aufgaben aus der anderen Richtung und sieht sich in der Rolle eines "Vermittlers" zwischen IT und Business, dessen Tools auf die Anwender abzielen. "Wir setzen die Latte herunter und propagieren Self-Service Analytics", berichtet Principal Solution Engineer Oluborode. Das System helfe Anwendern, ihre Daten zu sehen, zu lesen und zu verstehen.
Damit dies möglich ist, geht Tableau den Wandel von drei Positionen aus an: Agilität, Kompetenz und Community. Letzteres deshalb, "weil der Grundgedanke einer datengetriebenen Kultur im Unternehmen noch nicht auf breiter Front etabliert ist", sagt Oluborode. Neben Themen wie der Informationsarchitektur, Cloud sowie technischen Spezifikationen fehle das Verständnis für die Community - an welchen Stellen und warum man Informationen im Unternehmen teilen sollte, um wirtschaftliche Vorteile zu erzielen. "Wir müssen die Anwender begeistern, selbst Analytics zu betreiben, ihre Ergebnisse mit Kollegen zu teilen und schließlich die Analysen gegenseitig anzureichern."
Ein weiterer Erfolgsfaktor sei die Agilität in der Bereitstellung, Überwachung und Wartung der Daten. Ziel sei es, Informationen und Datensätze zu homogenisieren, damit Anwender auf eine zentrale Instanz mit "Trusted Data" zugreifen können und nicht mehrere Datenquellen miteinander verheiraten müssen - "es ist nicht zwingend notwendig, wissen zu müssen, ob die Information aus dem Excel-Sheet stammt, das seit 20 Tagen zentral abliegt, oder aus einer verlässlichen Quelle". Wichtig sei es, den Daten einerseits vertrauen und andererseits nachvollziehen zu können, wie sich diese zusammensetzten. "Wird das alles in den Analyseprozess eingebettet, beschleunigt sich dieser immens."
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Kompetenz als drittes Standbein umfasse laut Oluborode Trainings der Mitarbeiter, damit sie sich mit der Software und ihren Funktionen auseinandersetzen, um eine Daten-Community im Unternehmen zu bilden. "Weil sie direkt mit den Datenquellen verbunden sind, können sie selbst Antworten auf neue Fragen suchen, ohne die IT zu beauftragen oder neue technische Voraussetzungen schaffen zu müssen." Oluborode zufolge hilft die Software dem Kunden, in seinem Datenumfeld und seiner Governance-Struktur mit den verfügbaren Daten zu arbeiten.
Wenn jedoch die Governance-Struktur kompliziert sei und es starre Silos gäbe, lasse sich das gesamte Potenzial von Tableau nicht ausschöpfen. Um bessere Ergebnisse zu erzielen, müsse das Data-Management neu ausgerichtet und der Datenzugriff über Abteilungsgrenzen hinweg ermöglicht werden, um unternehmensweite Ziele zu erreichen. Doch die Erkenntnis in den Unternehmen, sich verändern zu müssen, wächst: "Die innovativen Organisationen haben erkannt, dass sie aus ihren Daten lernen und mit den Ergebnissen genauer steuern können."
Datenmanagement macht Wertschöpfungs-Boost
Der grundsätzliche Wille, die Weichen zu stellen und einen Mehrwert aus den Daten zu erzielen, ist gegeben - so zeigt sich in der Studie der COMPUTERWOCHE, dass Firmen aktiv an der Umsetzung und Optimierung des Data Managements arbeiten. Lediglich ein kleiner Teil der Befragten kann dem Thema gegenwärtig nichts abgewinnen, aber für über 80 Prozent der Organisationen hat Datenmanagement zumindest eine eher größere Bedeutung, in jeder fünften Unternehmung ist die Relevanz sogar sehr groß - Tendenz klar steigend. "Die Datenkultur steht auf der Agenda der meisten CIOs", berichtet Oluborode, "und auch die Infrastruktur wächst zusammen".
Datavard-Managerin Pirron sieht die Unternehmen ebenfalls auf einem guten Weg, um Verständnis und Offenheit zu entwickeln. "Technologie kann heute viele Probleme lösen, aber dazu müssen sich Menschen an einen Tisch setzen und Anforderungen diskutieren." Viele Kunden hätten interdisziplinäre Teams gebildet, um die künftigen Anforderungen an die Daten ganzheitlich zu bestimmen. "Das Datenmanagement muss nach oben auf die Agenda, denn es schafft die Voraussetzungen für eine höhere Wertschöpfung." Schließlich stellen Daten in der digitalen Welt einen wichtigen Wettbewerbsvorteil dar - wenn man ihr Potenzial zu nutzen weiß.
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Studiensteckbrief
Herausgeber: COMPUTERWOCHE, CIO, TecChannel und ChannelPartner
Platin Partner: Tableau Deutschland GmbH
Gold-Partner: Datavard AG
Grundgesamtheit: Oberste (IT-)Verantwortliche von Unternehmen in der D-A-CH-Region: strategische (IT-)Entscheider im C-Level-Bereich und in den Fachbereichen (LoBs), IT-Entscheider und IT-Spezialisten aus dem IT-Bereich
Teilnehmergenerierung: Stichprobenziehung in der IT-Entscheider-Datenbank von IDG Business Media; persönliche E-Mail-Einladungen zur Umfrage
Gesamtstichprobe: 349 abgeschlossene und qualifizierte Interviews
Untersuchungszeitraum: 5. bis 14. Februar 2020
Methode: Online-Umfrage (CAWI)
Fragebogenentwicklung: IDG Research Services in Abstimmung mit den Studienpartnern
Durchführung: IDG Research Services