Chinas Automarkt

Vom Taktgeber zum Sorgenkind?

16.04.2019
Elektro, autonomes Fahren, Autos zur Miete - in China scheint vieles möglich, was anderswo noch belächelt wird. Auf der Automesse in Shanghai wollen die deutschen Hersteller wieder mitmischen - auch wenn die Dieselaffäre wieder einmal dazwischenfunkt.

Der weltgrößte Autobauer Volkswagen setzt in seinem wichtigsten Einzelmarkt China nach dem Absatzeinbruch auf staatliche Fördermaßnahmen. "Auf dem Markt wird die Mehrwertsteuersenkung helfen, den Absatz anzukurbeln", sagte Konzernchef Herbert Diess am Montag vor Beginn der Automesse im chinesischen Shanghai. VW hatte zuletzt mit seinen Partnern in dem Land daran zu knabbern, dass die Chinesen vor allem bei kleineren und mittleren Autos seit Monaten die Kauflust verloren haben.

Der chinesische Automarkt wird zunehmend schwieriger.
Foto: OLOS - shutterstock.com

Jahrelang kannte der chinesische Markt nur eine Richtung: nach oben. Das bescherte den deutschen Autobauern Rekordjahr um Rekordjahr, China ist inzwischen mit Abstand der wichtigste Einzelmarkt. Die Abkühlung kommt für VW, Daimler und BMW zur Unzeit - denn die Konzerne müssen viel Geld für Elektroantriebe in die Hand nehmen, um in der Europäischen Union in den kommenden Jahren die schärferen Kohlendioxid-Abgasregeln einzuhalten.

Im vergangenen Jahr war der chinesische Automarkt zum ersten Mal seit mehr als zwanzig Jahren geschrumpft, vor allem weil der Zollstreit mit den USA die Autokäufer verunsichert hatte. Mit einer Senkung der Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte hat Peking jetzt Gegenmaßnahmen ergriffen.

Anzeichen der Besserung?

Die Autobauer sehen erste zarte Anzeichen einer Besserung. "Wir sehen eine Belebung im April, aber es ist noch keine Goldrauschstimmung", sagte VW-Markenvertriebschef Jürgen Stackmann. Immerhin kann sich VW als Marktführer in China vorstellen, dass im laufenden Jahr auf dem Gesamtmarkt ein leichtes Plus auf 23 Millionen Autos herausspringt - nach 22,7 Millionen im Vorjahr.

Mittelfristig bleibt China Taktgeber für die Branche. VW-China-Chef Stephan Wöllenstein sieht in den kommenden Jahren 600 Millionen bis 800 Millionen Chinesen in Einkommensbereiche vorstoßen, in denen sie sich einen Neuwagen leisten könnten.

Auch technologisch setzt China Maßstäbe. Das zeigt Jahr für Jahr die wichtigste Automesse im Land, die Auto China, die abwechselnd in Peking und Shanghai stattfindet. Hier zeigen mittlerweile ernstzunehmende chinesische Marken wie Nio oder Byton, was die Zukunft auch in anderen Märkten sein könnte.

"China hat wie kein anderes Land einen echten, klaren Plan", sagt Wöllenstein. 2025 könnte das dazu führen, dass dort jährlich fünf Millionen bis sechs Millionen Autos mit alternativen Antrieben verkauft werden könnten, vier Fünftel davon rein batteriegetrieben. Das sei rund zweimal der gesamte deutsche Neuwagenmarkt.

Eigentlich soll es bei der Messe in Shanghai vor allem um E-Fahrzeuge gehen, doch Deutschlands Autobauer müssen sich mal wieder mit dem Abgas-Skandal beschäftigen. Kurz vor Beginn der Messe wurde bekannt, dass gegen Ex-VW-Chef Martin Winterkorn und vier weitere Führungskräfte des Autobauers Anklage wegen schweren Betrugs erhoben wurde. Daimler wiederum ist mit einem neuen Verdacht der Manipulation von Abgaswerten bei Dieselautos konfrontiert. (dpa/ad)