Inklusion am Arbeitsplatz ist eine Herausforderung. Viele wollen ihren Kollegen mit Behinderung helfen, wissen aber nicht wie, und bewirken dadurch ungewollt das Gegenteil.
Vermeiden Sie den Begriff "Behinderter"
Menschen mit Behinderung zu ignorieren ist kein Kavaliersdelikt
In Deutschland leben laut statistischem Bundesamt etwa zehn Millionen Menschen mit Behinderung (Stand 2013). Jeder achte Deutsche hat also mit Einschränkungen zu kämpfen. Um Menschen mit Behinderung insbesondere im Berufsalltag nicht zu diskriminieren, stellt sich die Frage, wie man richtig mit ihnen umgeht.
Ob Sie einem Blinden die Hand reichen, welche Begriffe und Wörter Sie vermeiden sollten und wie Sie in anderen Situationen mit Menschen mit Behinderung umgehen, weiß Christiane Noé, Research Manager der internationalen Christoffel-Blindenmission.
Umgang mit blinden Menschen
Wenn Sie einen Menschen kennenlernen oder ihn treffen, ist es grundsätzlich kein Problem, diesem zur Begrüßung die Hand zu reichen. Doch wie ist das bei Menschen, die nichts sehen können? Laut Noé ist es genauso angebracht, einem blinden Menschen die Hand zu reichen, wie einem Menschen ohne Handicap. "Dabei sagt man den eigenen Namen und dass man den Gegenüber begrüßen möchte", rät Noé.
Um blinden Menschen zu signalisieren, dass Sie mit ihnen sprechen und sie nicht aus dem Gespräch auszuschließen, sollte Sie beachten, dass Sie zu Beginn immer den eigenen Namen nennen und sich, während Sie sprechen, nicht abwenden, damit die Person weiß, dass Sie direkt zu ihr sprechen.
Im allgemeinen Sprachgebrauch gibt es Redewendungen, über deren Inhalt oder Klang man sich erst Gedanken macht, wenn sie unangemessen sein könnten. Im Umgang mit einem blinden Menschen stellt sich beispielsweise die Frage, ob Sie sich gemeinsam etwas ansehen können, oder die Formulierung "Das sehen wir dann schon" verwenden sollten. Noé ist der Ansicht, dass Sie solche Ausdrücke verwenden können: "Auf jeden Fall das 'Das sehen wir dann' oder 'Wir sehen uns' beim Abschied". Zu fragen, ob man sich etwas gemeinsam ansehen möchte, hängt von der Situation ab.
Ein Papier mit gedruckter Schrift geht nicht. Bei einem Raum oder einem Objekt können Sie jedoch vorschlagen, es sich gemeinsam anzusehen, indem Sie dem anderen vor Ort beschreiben, was es zu sehen gibt. Vermeiden hingegen sollten Sie die Bezeichnung "Behinderter". Laut der Pressereferentin der Christoffel-Blindenmission, Ulrike Loos, reduziert dieser Ausdruck den Menschen nur auf seine Behinderung. Menschen mit Behinderung wollen jedoch, ebenso wie alle anderen, als Personen mit vielen Facetten wahrgenommen werden, die nicht durch ihre Behinderung definiert werden.
Ungefragt helfen?
In der Regel sollten Sie immer fragen, ob Sie einem behinderten Menschen helfen können, so Noé. Einen blinden Menschen ungefragt über die Straße zu ziehen oder Geldmünzen in die Hand zu drücken, weil dieser in manchen Augen möglicherweise bedürftig aussieht, ist sehr respektlos, "wenn auch vielleicht gut gemeint", erklärt die Expertin.
Es gibt Behinderungen, die einem Betroffenen nicht anzusehen sind. In diesem Fall ist Noé davon überzeugt, dass es in erster Linie an dem Menschen selbst liegt, dies deutlich zu machen, wenn er dies möchte. "Bei offiziellen Einladungen zu Konferenzen oder Meetings können Sie im Einladungsschreiben erfragen, ob der Eingeladene spezielle Bedürfnisse hat oder Unterstützung braucht", wie beispielsweise einen Gebärdendolmetscher oder anderes. So können Sie auch mit nicht sichtbaren Behinderungen umgehen und entsprechende Vorbereitungen treffen.
Abgesehen davon, bestimmte Barrieren aus dem Weg zu räumen, müssen laut Noé andere Menschen im beruflichen Umfeld nicht auf die Behinderung eines neuen Kollegen, Kunden oder Geschäftspartner vorbereitet werden, da es hierbei schlicht um berufliche oder fachliche Treffen geht. "Man kündigt ja auch nicht an ob man groß, klein, dick oder dünn ist", gibt die Expertin zu bedenken. Grundsätzlich ist es jedem selbst überlassen, wie er mit seiner Behinderung umgeht. Mögliche Hilfestellungen oder Vereinfachungen werden im Vorfeld bestimmt angesprochen.
Ignoranz geht gar nicht
Laut Noé bestehen die größten Fauxpas im Umgang mit Menschen mit Behinderung darin, den Menschen zu ignorieren. Insbesondere bei gehörlosen Menschen ist es sehr wichtig, dass Sie sich ihnen zuwenden, wenn Sie mit ihnen reden, da sie häufig auf Lippenlesen angewiesen sind. Außerdem sollten Sie vermeiden, mit dem Assistenten oder der Assistentin des anwesenden Menschen zu sprechen, anstatt mit dem Menschen selbst, den es betrifft.
Erste Hilfe für peinliche Fehler im Beruf -
Namen vergessen? Wer kennt das nicht: Sie haben den Namen Ihres Gesprächspartners vergessen. Kein Problem, geben Sie es offen zu im Sinne von "Mein Namensgedächtnis lässt mich leider gerade im Stich. Wie war gleich Ihr Name?" Bleiben Sie kurz und knapp und wenden Sie sich dann den Sachthemen zu.
Under- oder Overdressed? Sie erscheinen in der falschen Kleidung bei einer Veranstaltung. Begehen Sie jetzt nicht den Fehler, allen davon zu erzählen, dass Sie sich bei der Kleiderwahl vertan haben. Bleiben Sie gelassen und nehmen Sie eher beiläufig Stellung dazu. Im Sinne von "Ich habe mich sehr beeilt, heute herzukommen" oder "Mein Koffer wurde am Flughafen vertauscht". Allerdings: Sind Sie gänzlich falsch gekleidet, ist es oft besser, einfach zu gehen.
Verbal ins Fettnäpfchen getreten? Wenn Sie gerne viel reden, wird es immer wieder passieren, dass Sie etwas sagen, was Ihrem Gegenüber peinlich ist. Wichtig ist in diesem Fall, dass Sie sich bewusst sind, dass es dem anderen peinlich ist. Vermeiden Sie große verbale Entschuldigungen oder Bemerkungen wie "Das muss Ihnen doch nicht peinlich sein." Denn dem anderen ist nicht nur das Gesagte peinlich, sondern auch die Tatsache, dass es ihm peinlich ist. Daher: Lieber das Thema wechseln, um dem anderen wieder mehr Sicherheit zu geben.
Von Etikette keine Ahnung? Wie war das doch gleich: Wen begrüßt man zuerst, die ältere Dame oder den Chef? Mit welchem Besteck isst man welche Speise? Was tun, wenn man sich in der Situation nicht auskennt oder bereits einen Knigge-Fauxpas begangen hat? In diesem Fall folgen Sie Ihrer Intuitionoder fragen Sie knapp, direkt und höflich, wie es geht oder welches Besteck jetzt angesagt ist, statt aus den Augenwinkeln zum Nachbarn zu schielen, um dort abzukupfern. Sympathisch wirkt etwa, wenn Sie sagen: "Entschuldigen Sie, ich habe keine Ahnung, wen ich wem zuerst vorstellen muss. Da frage ich sonst immer meine Frau. Aber die ist heute leider nicht da."
Der Klassiker: Das umgestoßene Weinglas Ein Weinglas umzustoßen, ist wohl jedem schon einmal passiert. Peinlich. Noch peinlicher ist es, wenn es bei einem Geschäftsessen passiert und es sich über die Gattin des Chefs ergießt. Was tun? Auch hier gilt: Bleiben Sie ganz ruhig. Vermeiden Sie hektische Hilfsmaßnahmen. Entschuldigen Sie sich bei der Leidtragenden und bitten Sie dann die Bedienung um Hilfe. Bieten Sie Hilfe an, werden Sie aber nicht ungefragt tätig. Selbstverständlich bieten Sie an, die Reinigungskosten zu übernehmen.
Wenn der Magen knurrt Die größte Angst haben viele vor Magen- oder Darmgeräuschen im Berufsleben. Gerade bei wichtigen Meetings kann es da zu peinlichen Situationen kommen, wenn die Geräusche nicht nur einmal, sondern gehäuft auftreten.
Bei Magengeräuschen hilft oft ein Glas Wasser. Bei Blähungen sollten Sie sich kurz entschuldigen, ohne Gründe zu nennen, und sich auf der Toilette Erleichterung verschaffen, bevor Sie zum Meeting zurückkehren. Das gleiche gilt übrigens bei Schluckauf: Unterbrechen Sie das Meeting oder Gespräch für einige Minuten – oder vertagen Sie es auf den kommenden Tag, wenn der Schluckauf nicht aufhört.
Wenn der Kollege schlecht riecht Wie sagt man es dem Kollegen, dass er stark nach Schweiß riecht oder Mundgeruch hat? Regel Nummer eins ist, dem Gegenüber die Möglichkeit zu geben, sein Gesicht zu wahren. Daher sollte man zunächst indirekt auf das Problem hinweisen, indem Sie etwa dem betroffenen Kollegen erzählen, Sie hätten selbst einmal ein Schweiß- oder Mundgeruchsproblem gehabt und es aber mit einem besonders starken Deo beziehungsweise einer Zungenbürste in den Griff bekommen. Ignoriert der Betroffene den Hinweis, werden Sie um ein vertrauliches Gespräch nicht umhin kommen. Machen Sie aber keine Staatsaffäre daraus, sondern gehen Sie es diskret an.
Sie haben keine Ahnung Nichts ist peinlicher, als zuzugeben, dass man keine Ahnung hat, oder wenn unsere berufliche Kompetenz in Frage gestellt wird. Wer die Wissenslücke entdeckt, ob Chef oder Kollege, ist dabei egal. Gehen Sie in diesem Fall nicht gleich in die Defensive, sondern geben Sie unumwunden zu: "Das habe ich vergessen" oder "In diesem Bereich kenne ich mich nicht aus." Das wirkt souveräner, als nach und nach zugeben zu müssen, dass man doch keine Ahnung hat.
Ein Kunde beschwert sich Stellen Sie sich vor, Sie sind in einem Kundengespräch und ein anderer Kunde platzt herein und beschwert sich. Was nun? Weisen Sie zunächst die Anschuldigungen zurück, zeigen Sie sich aber dann höflich und kooperativ im Sinne von "Ich kümmere mich sofort um das Problem." Sorgen Sie zudem dafür, dass der Beschwerdeführer den Raum verlässt und sie ihr anderes Gespräch zu Ende führen können..
Sie haben einen Fehler gemacht In diesem Fall kann es hilfreich sein, wenn Sie sich peinlich berührt zeigen. Haben Sie etwa einem Kunden eine falsche Information gegeben, sollten Sie das zugeben und sagen, dass es Ihnen peinlich ist. Das wirkt entwaffnend, vor allem wenn Sie sich bemüht zeigen, den Fehler wieder gut zu machen.
Sie haben einen Riesenfehler gemacht Ihr Chef brüllt Sie an: "Haben Sie das verbockt?" und tobt und wütet und ist sachlichen Argumenten nicht zugänglich. Peinlich. Hier gibt es nur die Möglichkeit, den Chef toben zu lassen. Widersprechen Sie nicht und geben Sie nur knappe Antworten. Ihr Chef will sich offenbar erst einmal Luft verschaffen. Im zweiten Schritt geben Sie den Fehler zu und entschuldigen Sie sich. Als drittes bieten Sie eine Lösung an.
Über Anwesende lästern Was tun, wenn Sie über einen Kollegen lästern, der dummerweise plötzlich hinter Ihnen steht? In diesem Fall sollten Sie einfach den <b>Mund halten</b>, denn alle Erklärungen, Rechtfertigungen und ähnliches verschlimmern die Situation nur.
Wenn eine Lüge auffliegt... ... ist das im Berufsleben besonders peinlich. Wer kennt das nicht: Der Chef fragt, ob man eine Aufgabe schon erledigt hat - hat man nicht, sagt aber ja, nur um den Chef schnell loszuwerden. Und dann kommt unweigerlich die Frage des Vorgesetzten: "Kann ich mal sehen." Dumm gelaufen. Nun gilt es, keine weiteren Notlügen zu erfinden, sonst ist eine heillose Verstrickung vorprogrammiert. Besser ist es, abzulenken, Verwirrung zu stiften oder sich über irgendeinen Vorwurf aufzuregen im Sinne von "Ach, mir fällt da gerade ein ..." oder "Wollen Sie mir etwa unterstellen, ich hätte ...". Und dann sollten Sie solche Bequemlichkeitslügen NIE wieder anwenden.
Weitere Sofort-Hilfe bei Knigge-Blackouts ... ... wie etwa zum Thema <b>Erröten, wie man sich wieder fängt, Peinlichkeit als Waffe oder Ablenkungsmanöver und humorvolles Reagieren</b> erhalten Sie im Taschenguide "Peinliche Situationen meistern" von Matthias Nöllke. 2008, Rudolf Haufe Verlag. 6,90 Euro. ISBN 978-3-448-08814-4.
Nur weil ein Mensch eine Behinderung hat, bedeutet das nicht, dass Sie diesem Menschen jederzeit ungefragt helfen sollen und über ihn bestimmen können, ohne mit ihm selbst darüber geredet zu haben. Grundsätzlich empfiehlt Noé, dass Sie sich "fragen, ob das eigene Verhalten nicht diskriminierend, respektvoll und menschenwürdig ist und niemanden aufgrund irgendeines Charakteristikums benachteiligt oder ausschließt."