"Ich wollte mich beruflich verändern, das stimmt. Aber der Tipp aus dem Bekanntenkreis für das IT-Unternehmen aus Oldenburg schien mir zu weit weg von mir", erzählt Myriam Bleckwenn, die acht Jahre lang als Vertriebsmanagerin in der Textilindustrie unterwegs war. Trotzdem hatte sie die Neugierde gepackt. Scrum, was war das eigentlich genau? Was verbarg sich hinter der neuartigen Projektmanagement-Methode?
Bleckwenn: "Ich las mich ein, fand es spannender als gedacht und wie auf mich zugeschnitten." Die Tätigkeit als Scrum Master oder Masterin setzt kein tiefes fachliches Wissen in der Softwareentwicklung voraus, sie baut vielmehr auf die sozialen Kompetenzen einer Person: Kommunikationsfähigkeit, Empathie, Offenheit und Organisationstalent. Der "Kampfgeist" der 36-jährigen Bleckwenn war geweckt. Außerdem gefiel der Umsteigerin an dem IT-Beratungsunternehmen aus Oldenburg die Firmenkultur. Zwei Bewerbungsgespräche später fand sich Bleckwenn in der Scrum-Qualifizierung bei BTC wieder.
Für die unternehmensinterne Scrum-Master-Ausbildung spricht BTC gezielt Menschen an, die eine neue Herausforderung suchen. "Bei der Auswahl stehen die sozialen und persönlichen Kompetenzen der Bewerberinnen und Bewerber im Fokus", erläutert Sandra Fuß aus dem BTC-Recruiting. "Entscheidend ist nicht, was die Leute vorher gemacht haben. Wichtig ist, dass sie den Change in ihrer Karriere wirklich wollen und zudem gute Kommunikations-Skills, Empathie und Offenheit mitbringen - und den Mut, Themen durchzusetzen."
Bleckwenn gehört zu diesen kommunikativen, neugierigen und begeisterungsfähigen Menschen. Im Frühjahr 2016 schlug sie den Weg zur Scrum Masterin ein. Wie alle Neulinge nahm die Vertriebs-Managerin zum neuen Berufsstart an den "First Days" teil, einer zweitägigen allgemeinen Einführung in Firmenkultur und -abläufe.
Danach nahm sie ein Mentor unter seine Fittiche und führte sie Schritt für Schritt an ihre zukünftige Aufgabe heran. Wann man sein eigenes Team und das erste Projekt bekommt, ist zeitlich nicht festgelegt, sondern richtet sich nach den individuellen Fortschritten. Gemeinsam schauen Mentor und Scrum Master, wann der "Methodenkoffer gut gefüllt ist" und der letzte Schritt, eine zweitägige Qualifizierung und Zertifizierung bei einem externen Anbieter, getan wird.
Natürlich ist es nicht ganz nebensächlich für eine Scrum Masterin, zu wissen, mit welcher Materie sich die Teams in den Projekten beschäftigen. Deshalb arbeitet sie von Anfang an in einem konkreten Projekt mit. Dort erhält sie Einblicke in die Softwareentwicklung, setzt sich mit dem Wording auseinander und ist irgendwann so weit mit dem Thema vertraut, dass sie die technischen und inhaltlichen Fallstricke kennt. "Das ist wichtig, da ein Scrum Master vor allem den Entwicklern den Rücken freihalten und sie vor äußeren Einflüssen schützen muss", betont Bleckwenn. So muss sie bisweilen zwischen dem Product Owner und den Entwicklern vermitteln, zum Beispiel, wenn User Stories nicht richtig geschnitten sind oder die Teamarbeitsweise durch externe Einmischungen beeinträchtigt wird.
Die Stärken des Teams pushen
"Ein Scrum Master ist ein bisschen mit einem Animateur vergleichbar", sagt Bleckwenn mit einem Lächeln. "Ich muss das Team bei Laune halten, etwa mit einem gemeinsamen Essen zwischendurch. Ich muss begeistern können, aber auch genau hinschauen und hinhören, wo es Probleme gibt. Und natürlich helfe ich dabei, Steine aus dem Weg zu räumen." Bleckwenn fasst es in einem Satz zusammen: "Ich tanze täglich auf vielen Hochzeiten."
So kümmert sich ein Scrum Master um den Zusammenhalt im Team und sorgt dafür, dass sich die verschiedenen Charaktere positiv bündeln. Auf diese Weise ziehen alle an einem Strang und sind am Ende eines Projekts stolz, was sie gemeinsam geschafft haben. "Die Wertschätzung untereinander ist in Scrum-Teams sehr hoch", kommentiert Bleckwenn.
"Wir Scrum Masterinnen und Master pushen die Stärken unserer Teammitglieder und reiten nicht auf Schwächen herum. Alle Beteiligten reifen während eines Projekts. Das schweißt extrem zusammen." Bleckwenn ist sich sicher, dass sie ihren Traumjob gefunden hat und die Entscheidung für die Neuorientierung genau die richtige war: "Heute muss ich nicht mehr so viel reisen, kann mich im Verein engagieren und habe vor allem Zeit für Freunde und Familie."
Über Scrum
Scrum ist eine agile Projektmanagement-Methode, die ihren Ursprung in der Softwareentwicklung hat und darauf ausgelegt ist, deren Effizienz zu steigern. Das Besondere: Die Entwicklung des Produkts wird in Inkremente, die User Stories, unterteilt, die in zwei- bis dreiwöchigen Zyklen, den Sprints, abgearbeitet und bei sogenannten Reviews dem Kunden vorgestellt werden. Dessen Feedback kann dann sofort in die Entwicklung einfließen und beim nächsten Sprint direkt berücksichtigt werden.
Bei Scrum gibt es drei Rollen: Der Product Owner verantwortet die Fachlichkeit des Projekts, priorisiert die Anforderungen nach ihrem Nutzen und schneidet die User Stories passgenau zu. Das Development-Team erstellt die Produktinkremente und organisiert die dazu nötige Arbeit selbst. Der Scrum Master ist für Verständnis und Umsetzung der Scrum-Methodik zuständig. Er hilft dabei, die Zusammenarbeit so zu optimieren, dass das Team ein möglichst gutes Ergebnis erzielt.