Wer an Video-Konferenzen teilnehmen wollte, musste bis vor wenigen Jahren dafür in vielen Unternehmen einen speziellen "Video-Konferenzraum" aufsuchen, in dem schon seit den frühen Morgenstunden Techniker werkelten, um die High-Tech-Maschine zum Laufen zu bringen. In der Zwischenzeit ist fast jedes Endgerät vom SmartPhone über die Tablets bis hin zum Ultrabook- und Desktop-Rechner mit Web-Kamera und Mikrofon ausgestattet. Video-Konferenzen, Chats und Telefonieren über beliebige Geräte gehören zum Alltag vieler Nutzer.
Dabei hat gerade die Firma Skype mit ihren gleichnamigen Chat- und Telefonie-Programm so enorm zur Popularität dieser Art der Online-Kontaktaufnahme beigetragen, dass "Skypen" vielfach zum Synonym für diese Art der IP-Telefonie und des Gedankenaustausches via Chat-Verbindung wurde. Die bereits im Jahr 2003 gegründete Firma wurde zunächst von eBay gekauft bevor sie dann schlussendlich im Jahr 2011 von Microsoft übernommen und zur 100-prozentigen Tochtergesellschaft der Softwarefirma wurde.
Microsoft hatte auch schon davor mit dem Windows Messenger eine eigene Chat- und Kommunikationslösung für den Desktop und mit dem Lync-Server eine professionelle Lösung für Unified Communication im Portfolio, so dass eine entsprechende Zusammenführung der verschiedenen Produkte nur eine Frage der Zeit war und nun weitgehend abgeschlossen scheint. Nicht zuletzt haben auch die Analysten von Gartner bereits im August 2014 in ihrem "Magic Quadrant for Unified Communications" im Quadranten der Branchenführer aufgelistet.
Softwareplattformen werden kombiniert
Mit dem 14. April 2015 vermeldete Microsoft die allgemeine Verfügbarkeit von Skype for Business und informierte die Kunden auch darüber, dass die bisherige Telefonie-Plattform Lync damit generell zu Skype for Business wird. Wobei die Firma dabei auch ankündigte, dass man diese nächste Lync-Version unter dem neuen Namen in zwei Schritten ausrollen werde: Während ab dem15. April der Skype for Business-Client zur Verfügung stand, soll laut Aussagen von Microsoft ab Mai auch der Skype for Business Server bereitstehen.
Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels (Mitte Mai 2015) konnten MSDN-Abonnenten die deutschsprachige Version des Skype for Business Server 2015 im Download-Bereich finden und herunterladen. Der Skype for Business Client gehört schon davor zum Lieferumfang bei einigen Version von Microsoft Office 2013 und ist auch Teil der Vorabversion von Office 2016, die ebenfalls bereits im Mai zu Testzwecken zum Download zur Verfügung stand.
Zwei Software-Plattformen werden zusammengeführt - um die Übereinstimmungen und Unterschiede klar voneinander abzugrenzen ist es sinnvoll, zunächst einmal die Eigenschaften zu betrachten, die den Anwendern bereits mit dem Lync-Server zur Verfügung gestellt wurden. Deshalb hier zunächst einmal die Features, die der Lync-Server in der Version 2013 bisher zu bieten hatte:
Instant Messaging plus
Anwesenheitsstatus (Presence Status),
Video-Konferenzen,
Online-Meetings,
interne und externe Telefonanrufe,
Chat-Räume sowie
die Integration in Outlook und SharePoint.
Der neue Skype for Business Server 2015 stellt dieses Features ebenfalls bereit und ergänzt sie um die folgenden Eigenschaften und Fähigkeiten:
neuer Client, der in Bedienung und Optik stark an den bekannten freien Skype-Client angelehnt ist,
Integration mit dem Skype-Verzeichnis, so dass die Nutzer direkt auf Ihre Skype-Kontakte zugreifen können,
weitergehende Integration in die Office-Suite, ganz besonders auch in deren Cloud-Variante Office 365 und
bei Einsatz des Skype for Business Servers 2015 im eigenen Netzwerk steht den Nutzern die Funktion "Anruf über Arbeit" (Call via Work) zur Verfügung, mit deren Hilfe Firmen die vorhandenen Festnetztelefone am Arbeitsplatz in die Lösung integrieren können.
Wie viele der hier aufgeführten Unterschiede und Neuerung sicher schon deutlich machen, wird mit der Verfügbarkeit von Skype for Business auch Lync in Online in Office 365 durch diese modernere Variante ersetzt.
Änderungen auf der Seite der Clients
Die Endanwender werden die Veränderungen natürlich zunächst einmal am deutlichsten auf der Seite der Clients bemerken: Sie finden auf ihrem Desktop oder anderem Endgerät nun eine Anwendung vor, das sich im Erscheinungsbild und bei den Funktionalitäten des freien Skype-Clients anlehnt.
Neben den bekannten Skype-Symbolen für Telefon- und Video-Anrufe wurde auch der den meisten Nutzern wohl bekannte Anrufmonitor von Skype in diesen Client integriert. Er zeigt den gerade aktiven Anruf in einem kleinen Fenster auch dann an, wenn der Nutzer beispielsweise zu einem anderen Programm wechselt. Zudem stehen die Features der bisherigen Lync-Clients, zu denen unteren anderem die Möglichkeit gehört Inhalte zu teilen, den Nutzer mit der Skype for Business-Anwendung auch weiterhin zur Verfügung.
Für die Anwender können dadurch vielfach entsprechende Schulungen entfallen, da die meisten Nutzer sich bereits mit dieser Art von Programmen auskennen dürften. Zudem können sie mit diesem neuen Client auch Verzeichnis der freien Consumer-Version von Skype sowie das Microsoft-Konto nach möglichen Kontakten durchsuchen. Das funktionierte zuvor nur, wenn der entsprechende Nutzer auch mit einer Microsoft-ID angemeldet war. So kann die Verbindung zwischen der bestehenden sehr großen Basis von Skype-Nutzern und der Business-Version sehr viel einfacher hergestellt werden.
Allerdings funktioniert dieser Zugriff auf das Skype-Nutzerverzeichnis der Consumer-Version nur dann, wenn im Unternehmen der Skype for Business Server 2015 zum Einsatz kommt - mit der reinen Cloud-Version ist dies nicht möglich
Interessant für den Administrator
Wichtig dabei auch aus Sicht der Administratoren: Die Nutzer von Skype for Business-Benutzer verwenden für ihre Anmeldung ihrer Active Directory-ID, während reine Skype-Kunden sich auch weiterhin mit ihrer Skype-ID anmelden. Zudem ist es für die Nutzer mit der Consumer-Anwendung oder auch der mobilen Skype-App nicht möglich, auf ihr Skype for Business-Konto zuzugreifen: Zu diesem Zweck müssen sie die entsprechenden Apps und Desktop-Clients für die Business-Variante einsetzen.
Die Skype for Business App für Android stand allerdings zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels Mitte Mai noch nicht bereit, im Google Play Store können Nutzer aktuell nur die entsprechende Lync-App finden. Microsoft hat aber die entsprechenden Mobile-Apps für die "kommenden Monate" angekündigt.
Bei den technischen Neuerungen sollen es laut Microsoft vor allen Dingen der schon früher in der Consumer-Version integrierte Video-Codec H.264 zu Videokompression und der nun ebenfalls in der Bussiness-Variante integrierte Audio-Codec SILK sein, die hier für deutlich bessere Bild- und Sprachqualität sorgen. Die bisher unter Lync eingesetzten Sicherheitsmechanismen werden auch weiterhin verwendet, um beispielsweise die Signale und Medien über TLS/SRTP zu verschlüsseln. Die Firewall-Ausnahme wird über das STUN-, TURN- und ICE-Protokoll gehandhabt (alle drei Techniken kommen im Zusammenhang mit der Network Address Translation NAT zum Einsatz).
Der Server: On-Premise oder in der Cloud
Für Firmen, die bereits den Lync-Server Online-Dienst beispielsweise als Teil eines Office-365-Plans nutzen, soll laut Microsoft automatisch ein Update erfolgen. Aber auch für Anwender, die keine Office-Anwendungen aus der Cloud nutzen, bietet Microsoft die Möglichkeit, Skype for Business als SaaS-Lösung (Software as a Service) einzusetzen. Dazu stellt der Anbieter drei verschiedene Online-Pläne bereit, wobei ein Einstieg bereits für 1,50 Euro pro Nutzer und Monat möglich ist. Allerdings stehen dann auch nur die grundlegendsten Funktionen der Skype-Konnektivität bereit, wer beispielsweise Gruppenanrufe mit HD-Videos einsetzen will, muss auf den nächsten Online-Plan ausweichen, der dann 4,20 Euro pro Nutzer und Monat kostet.
Einige neue Funktionen, die Microsoft mit dieser aktuellen Version der Unified-Messaging-Lösung anbietet, stehen ausschließlich dann zur Verfügung, wenn ein dedizierter Skype for Business Server 2015 zum Einsatz kommt. Diese Variante bietet Microsoft aber ebenfalls mit Partnern an, die dann einen solchen Server auch hosten und betreiben können. Zu den neuen Möglichkeiten, die diesen Server als Voraussetzung brauchen, gehört auch das etwas holperig übersetzte Feature "Anruf über Arbeit" (Call via Work).
Damit werden Nutzer in den Unternehmen in die Lage versetzt, Sprachanrufe, die über die Festnetztelefonie in der Firma geführt werden, auch über Skype for Business zu führen - es handelt sich also um eine Integration der dieser Festnetzanschlüsse. Führt ein Anrufer dabei einen normalen Sprachanruf aus, so kann der mit Hilfe dieser Funktion an den Telefonapparat des ursprünglichen Anrufers weitergeleitet werden. Diese Funktion kann nur für ausgehende Anrufe verwendete werden und muss von den Server-Administratoren für das Unternehmen explizit aktiviert und konfiguriert werden.
Diese Übersicht zeigt, wie sich die verschiedenen Varianten von Skype for Business positionieren lassen: Für große Unternehmen, die ihre komplette Kommunikation auf IP-Basis stellen, dabei ein möglichst weitgehende Integration in bestehende Installationen von Microsoft Office anstreben, Instant Chat-Funktionen via Skype verwenden (und dies beispielsweise auch zu Skype-Anwendern außerhalb der eigenen Organisation nutzen wollen) und vielleicht auch eine hybride Installation eines solchen Unified Communication-Lösung in der Planung haben, werden sicher auf den Skype for Business Server 2015 setzen wollen.
Gerade für kleinere Firmen ohne eigenen Exchange- oder auch Active-Directory-Server stellt hingegen die SaaS-Variante - entweder in Office 365 oder als separate Lösung - sicher eine interessante Alternative dar. Diese lässt sich dann auch mit bereits vorhandenen Lösungen wie WebEx oder Citrix GotoMeeting, die vielleicht schon in der Firma im Einsatz sind, sinnvoll kombinieren.