Die Stimmung ist etwas gedämpft an diesem Freitag Vormittag im Königssaal des Bayerischen Hofes. Nach und nach kommen Geschäftsleute in den Raum, greifen am Büffet dankbar zu schwarzem Kaffee und saurem Rollmops oder der lokalen Variante, der Weißwurst. Schlips und Kragen sitzen schon wieder, allein die Müdigkeit weicht nur langsam aus den Gesichtern. Die Nacht war kurz: am 20 November wurde im Ballsaal des Hotels der "CIO des Jahres 2014" gefeiert. Doch mittlerweile ist mancher Champagner-Durst dem Wissensdurst gewichen, und so steigt ein Post-Event, bei dem drei der ausgezeichneten Projekte näher vorgestellt werden.
Als erster stellt sich Wiebe van der Horst, Senior Vice President Global Process & Enterprise Architecture von BASF, den Fragen von Horst Ellermann, dem Chefredakteur des CIO-Magazins. Der Manager des Chemiekonzerns gewann dieses Jahr den Titel. Sein Thema in zwei Worten: "Connected Enterprise". Um die Zusammenarbeit innerhalb des Unternehmens zu erleichtern, schuf das BASF-Team um van der Horst eine integrierte Arbeitsumgebung. Die Experten aus dem Bereich Information Services & Supply Chain Operations richteten die Collaboration-Technologien an den Bedürfnissen des globalen Großkonzerns aus. "Vernetztes Arbeiten rund um die Welt - BASF intern aber auch mit Kunden und Partnern"", so umreißt van der Horst seine Vision.
Partner von BASF ist Microsoft Deutschland. Damit ist der Chemie-Konzern eines von zehn Unternehmen weltweit, die eine strategische Allianz mit dem IT-Riesen geschlossen haben. Seine Sicherheitsexperten konnte er in puncto Cloud überzeugen, als er ihnen das Datencenter in Dublin gezeigt hat. Generell sieht van der Horst Partnerschaften pragmatisch: "Die Schweizer Banken haben auch auf interne Leute vertraut", schmunzelt er.
Beim Thema Digitalisierung ist dem studierten Volkswirt der Blick auf die gesamte Wertschöpfungskette wichtig: "Der Endkunde befindet sich heute meist vier, fünf Schritte vor uns", sagt er. "Bevor wir die digitalen Initiativen starten konnten, mussten die Kundebedürfnisse von morgen abgedeckt werden."
"Medienunternehmen stecken in einer spannenden Phase"
Das Stichwort für Daniel Keller, dem nächsten IT-Chef im Gespräch, ist "Change". Der CIO der Axel Springer SE richtet den IT-Bereich stringent an den Anforderungen der digitalen Transformation aus. Hierfür hat er die bestehenden IT-Abteilungen neu aufgestellt und eine zusätzliche Einheit zur Entwicklung digitaler Plattformen aufgebaut. "Medienunternehmen stecken in einer spannenden Phase" sagt er.
Die Grundfrage bei der Entwicklung neuer digitaler Produkte lautet dabei immer "Was will der Kunde?" Laut Keller müssen zukünftig Angebote stärker auf den Nutzen der Kunden ausgerichtet sein. Für die aktuellen kostenpflichtigen Medieninhalte und zukünftige digitale Produkte wurde eine Plattform entwickelt, die Sign-On und Bezahlen einfach und für jede Marke individuell nutzbar ermöglicht. Diese und weitere Plattformen werden durch das neu aufgebaute Team interner Entwickler betreut und weiterentwickelt.
Eine große Herausforderung sieht Keller darin, dass die digitale Transformation nicht isoliert in der IT stattfinden kann, da agile Methoden wie Scrum und Kanban eine viel stärkere Verzahnung der Geschäftsbereiche mit dem Entwicklungsprozess verlangen als klassische Projektvorgehensweisen. Dies erfordere ein kulturelles Umdenken in den Geschäftsbereichen, da Vieles iterativer und prototypischer angegangen werde als bisher.
Ein Lebenszyklus von durchschnittlich 40 Jahren
Ganz anders das Unternehmen von Ursula Soritsch-Renier, die Dritte im Bunde der Diskutanten. Sie ist CIO beim Maschinenbauer Sulzer. "Eine Pumpe hat einen Lebenszyklus von durchschnittlich 40 Jahren", schmunzelt sie nach Kellers Bericht aus der schnelllebigen Medienwelt. Eines aber ist in allen drei Unternehmen gleich - immer geht es um die Wertschöpfungskette. Und so stellt sich auch Soritsch-Renier die Frage: "Wie sieht die Wertschöpfungskette unserer Kunden aus und was bedeuten unsere Produkte dort?"
Als die IT-Chefin vor eineinhalb Jahren zu Sulzer kam, fand sie fünf dezentral organisierte IT-Gruppen vor. Diese hat sie in einem zentral geführten, global agierenden Team gebündelt. Damit legt Soritsch-Renier den Fokus nun auf Service-Orientierung und Effizienz. Sie versteht sich als Partner der Geschäftsbereiche und als Business-Enabler.
Zu Soritsch-Reniers Antritt bei dem Maschinenbauer gab es 43 verschiedene E-Mail-Systeme - jetzt sind es drei. Die IT-Managerin hat Netzwerkstandards eingeführt, ein Project Management Office mit einheitlicher Methodologie aufgebaut und ein Security Board etabliert.
Auch Soritsch-Renier betont, wie wichtig die Menschen bei Sulzers Kulturwandel sind. "Maschinenbauer beherrschen die IT nicht so wahnsinnig, das musste ich entmystifizieren", lacht sie. Also erklärte sie den Kollegen, was sie vorhat, und identifizierte Change Agents.
Kommunikation - an eben diesem Punkt treffen sich alle drei Preisträger. Mit Business und IT sprechen zu können, kommunikative Skills mitzubringen, das ist in ihrer Position unerlässlich. Nicht nur für einen "CIO des Jahres."