Der Begriff "künstliche Intelligenz" klingt nach Science Fiction. Doch in Form lernender Maschinen gehört sie längst zum Alltag. Die Qualität der Fotos einer Smartphone-Kamera, die Reihenfolge der Facebook-Beiträge, digitale Assistenten, Figuren in Videospielen - hinter so vielem stecken von Algorithmen gesteuerte Computer.
Dabei werden die Ambitionen der Anbieter immer größer. Google, Apple, Facebook, Amazon oder Microsoft lassen keinen Zweifel daran erkennen, dass sie in künstlicher Intelligenz ihre Zukunft sehen. So will Google mit ihrer Hilfe smartere Geräte für verschiedene Lebenslagen bauen und sich so von den großen Hardware-Rivalen Apple und Samsung abheben. Seine neuen "Pixel"-Smartphones versieht der Internet-Konzern mit der Funktion "Google Lens", bei der Objekte im Bildfeld der Kamera erkannt werden können. Eine neue Anwendung für seine lernenden Maschinen findet Google bei der automatischen Musikerkennung: Bei eingeschalteter Funktion identifiziert das Telefon alle Songs, die in seiner Umgebung laufen.
Die Macher der Foto-App Snapchat wollen gegen die Konkurrenz mit einer "dynamischen Freundesliste" punkten, in der die Kontakte eines Nutzers mit Hilfe künstlicher Intelligenz ständig umsortiert werden. Dafür soll die Software mit der Zeit nicht nur lernen, mit wem ein Nutzer besonders häufig kommuniziert, sondern auch, welche Freunde er in jedem einzelnen Moment am ehesten anschreiben würde. Diese Kontakte sollen dann höher in der Liste angezeigt werden.
Die Computer werden immer besser darin, große Datenmengen zu analysieren und darin Muster zu entdecken. Einer der ersten Bereiche, die damit revolutioniert werden können, ist die Medizin: Maschinen können inzwischen in Scans aus dem Computertomographen oder Röntgenbildern Anzeichen einer Krankheit oft besser und schneller Entdecken als Menschen. Auch in Anwaltskanzleien werden immer mehr Aufgaben an Computer übertragen und es wird auch an Assistenten gearbeitet, die zum Beispiel das Wissen über das Geschäft eines Unternehmens aufbewahren, auswerten und nach Bedarf den Mitarbeiter präsentiert werden sollen.
Experten gehen davon aus, dass lernende Maschinen Jobs kosten werden. Viele Jobs. Aber genauso unausweichlich scheint, dass die Software intelligenter als die Menschen sein wird. "Einer der Chips in unseren Schuhen wird irgendwann smarter sein als wir", sagt der japanische Milliardär Masayoshi Son, der sich in möglichst viele zukunftsträchtige Unternehmen einkaufen will. Tesla-Chef Elon Musk warnt davor, dass unkontrollierbare künstliche Intelligenz die wohl größte Gefahr für die Menschheit darstelle. Im Sommer schockierte er US-Gouverneure mit einem Szenario, in dem eine hochentwickelte Maschine einen Krieg starten könnte, um den Preis bestimmter Aktien zu beeinflussen. Man könne bei lernenden Maschinen nicht den üblichen Weg gehen, dass Regeln erst festgelegt würden, wenn schlimme Sachen passiert seien. "Wenn wir bei künstlicher Intelligenz nur reagieren, kommt die Regulierung zu spät."
Die zukünftige Überlegenheit der Maschinen hat sogar eine Silicon-Valley-Religion ins Leben gerufen. Anthony Levandowski, ein früher Entwickler selbstfahrender Autos, der als Branchenstar galt und jetzt von seinem früheren Arbeitgeber Alphabet des Datendiebstahls bezichtigt wird, gründete eine Kirche, die eine Gottheit auf Basis künstlicher Intelligenz erschaffen und anbeten will. "Es wäre kein Gott in dem Sinne, dass er Blitze oder Hurricanes erzeugt", sagte Levandowski dem Magazin "Wired". "Aber wenn es etwas gibt, das eine Milliarde Mal smarter ist als der smarteste Mensch - wie sonst kann man es nennen?" (dpa/ad)