Angesichts der mittlerweile hohen Füllstände der deutschen Gasspeicher sei das Risiko größerer Engpässe bei der Versorgung für die eigene Produktion gering, teilte der Chemiekonzern am Donnerstag bei der Vorlage der Zahlen für das dritte Quartal mit. Allerdings bekommt das Unternehmen die mittlerweile zunehmend schwierige konjunkturelle Lage zu spüren, welche vor allem die Geschäfte mit der Bauindustrie belastet.
Er habe bereits erwartet, dass Wacker Chemie im dritten Quartal die Markterwartungen verfehlen könnte, doch die Münchener hätten selbst seine niedrigeren Erwartungen nicht erreicht, erklärte Analyst Markus Mayer von der Baader Bank in einer ersten Reaktion. Gleichzeitig sei allerdings die Barmittelgenerierung (Cash Conversion) sehr gut gewesen. Dies und die Anhebung des unteren Endes der Jahreszielspanne für den operativen Gewinn könnten die Anleger zumindest ein Stück weit beruhigen.
Die Aktien des MDax -Konzerns fielen kurz nach dem Handelsstart dennoch um rund zweieinhalb Prozent auf 114,55 Euro. Aus der jüngsten Erholung ist damit erst einmal die Luft raus, nachdem sich der Kurs ab Mitte Oktober vom Tief seit Ende 2020 um bis zu gut einem Fünftel erholt hatte. Für 2022 steht nun wieder ein Minus von rund 13 Prozent auf dem Kurszettel.
Höhere Kosten für Energie, Rohstoffe und Logistik
Für 2022 rechnet Konzernchef Christian Hartel mit einem operativen Ergebnis (Ebitda) von 2,1 bis 2,3 Milliarden Euro, nachdem das untere Ende der Spanne bisher bei 1,8 Milliarden gelegen hatte. Dabei belasten höhere Kosten für Energie, Rohstoffe und Logistik voraussichtlich mit 1,3 bis 1,4 Milliarden Euro. Das wäre weniger als die bislang avisierten 1,5 Milliarden. Allerdings bekommen die Münchener die Konjunktureintrübung zu spüren.
"Bereits seit dem Sommer verzeichnen wir in einigen Anwenderbranchen, insbesondere in der Bauindustrie, einen Rückgang der Auftragseingänge", sagte Hartel laut Mitteilung. "Ich gehe davon aus, dass sich diese Entwicklung im vierten Quartal und über den Jahreswechsel hinaus fortsetzen wird."
Während die Geschäfte mit der Bauindustrie - hier stellt Wacker verschiedenste Polymere als Basis für Klebstoffe und Beimischung für Bodenbelägen, Farben und Beton her - die schwierigere Konjunkturlage zu spüren bekamen, lief es im Geschäft mit Polysilizium besser. Hier erzielt das Unternehmen weiterhin hohe Preise, denn der Grundstoff für Solarpanele und Elektronikchips ist heiß begehrt.
Das operative Ergebnis stieg im dritten Quartal im Jahresvergleich - auch wegen der hohen Energiepreise - denn auch nur um knapp zwei Prozent auf 456,6 Millionen Euro, obwohl der Umsatz auch dank Preiserhöhungen um fast 29 Prozent auf 2,13 Milliarden Euro zulegte. Unter dem Strich blieb mit 258,9 Millionen Euro ein Tick weniger hängen als vor einem Jahr.
Mit Blick auf die kommenden Monate fordert Hartel - wie viele Führungskräfte aus der Wirtschaft -, dass die Politik alles tun müsse, um die Auswirkungen der hohen Energiepreise für Unternehmen und Verbraucher abzumildern. "Solange die Energiekrise andauert, brauchen wir alle verfügbaren Energieträger - erneuerbare Energien genauso wie Kohle und die noch laufenden Atomkraftwerke." (dpa/ad)