"Unser Land kann mehr", versichert SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier. Was jedoch den professionellen Umgang mit dem Internet betrifft, kann er nicht viel. Gleiches gilt für die CDU. Vor allem in punkto Domain-Management ziehen beide Parteien blank. Das weiß die Konkurrenz zu nutzen: Fans der Piratenpartei lenken an SPD und CDU interessierte Nutzer um.
Konkret: Wer das Wahlkampfmotto der CDU ("Wir haben die Kraft") oder das Stichwort "Deutschland-Plan" der SPD in den Browser tippt, landet auf dem Auftritt der Piratenpartei. Die will es allerdings nicht gewesen sein. "Wir haben sehr geschmunzelt, als wir das gesehen haben", erklärt ein Sprecher gegenüber cio.de. Man finde es aber gut. Erstens profitiere man davon und zweitens sei das ja genau, was die Piraten wollen: Dass der Bürger als Individuum in das gesellschaftliche Geschehen - wie eben einen Wahlkampf - eingreift.
CDU und SPD sind ja auch selber schuld. Das sagt, zumindest zwischen den Zeilen, der Dienstleister Netnames. "Wer eine Kampagne auch online sicher und erfolgreich umsetzen möchte, muss daran denken, auch die entsprechenden Domain-Namen frühzeitig zu registrieren", kommentiert Bernd Beiser, Geschäftsführer NetNames Deutschland.
Beiser verweist zudem auf eine Forsa-Umfrage im Auftrag des Branchenverbandes BITKOM. Demnach denken 44 Prozent der wahlberechtigten Deutschen, dass eine Partei ohne den Einsatz des Internet heute keine Wahl mehr gewinnen kann.
Das scheint den Wahlkampf-Chefs nicht bewusst zu sein. Zumindest von der digitalen Wirtschaft erhalten die Parteien schlechte Noten für ihre Präsenz im Netz. Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) hat 110 Beschäftigte der Branche um eine Einschätzung gebeten.
Barack Obama hat es vorgemacht
Die Fragen lauteten, ob die Parteien - im Vergleich zur vorigen Bundestagswahl - das Potenzial verschiedener Kommunikationswege nutzen. Resultat: Auf einer Skala von Eins ("Potenzial wird voll und ganz ausgenutzt") bis sechs ("Potenzial wird überhaupt nicht genutzt") erhalten CDU, SPD, FDP und Grüne für ihre Aktivitäten beim mobilen Internet einen Wert von 4,9. Bei Social Networks erreichen sie 4,1. Am besten schneiden sie noch im Internet ab, allerdings kommen sie auch dort nur auf 3,8.
"Der deutsche Wahlkampf ist damit weit entfernt von der im US-Wahlkampf angewandten Strategie von Präsident Obama, zur Mobilisierung von Wählerstimmen mit Hilfe des Internets", so der BVDW. BVDW-Präsident Arndt Groth glaubt, dass die Parteien vor allem Erstwähler und junge Altersgruppen "kaum noch" erreichen.