Nicht abschalten können

Warum Angestellte im Urlaub arbeiten

20.07.2011 von Andreas Schaffry
Bei vielen deutschen Arbeitnehmern kommt im Urlaub die Erholung zu kurz. Trotz Stressjob verbringen sie einen Teil ihrer Freizeit lieber am Schreibtisch statt am Pool.

Deutsche Arbeitnehmer können im Urlaub schlecht abschalten. Statt sich am Pool, am Strand oder am Badesee zu erholen, opfern 53 Prozent der Angestellten ihre kostbare Freizeit der Arbeit. Nimmt man alle hierzulande Berufstätigen, sind es sogar 58 Prozent.

Immer erreichbar durch Smartphone, Tablet-PCs und Co.

Mehr als ein Viertel aller Berufstätigen in Deutschland arbeiten heutzutage im Urlaub mehr für ihre Firma als früher.
Foto: lastminute.de

19 Prozent davon arbeiten im Urlaub sogar jeden Tag, obwohl 71 Prozent von ihnen ihren Arbeitsalltag als anstrengend und stressig empfinden. Zu diesen Ergebnissen kommt der "Urlaubsarbeiter Report 2011". Für die Studie befragte die Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im Auftrag des Reise-Portals Lastminute.de über 1.000 berufstätige Frauen und Männer in Deutschland.

Die Gründe dafür, dass immer mehr Berufstätige auch im Urlaub und in der Freizeit Büroarbeit erledigen, liegen der Studie zufolge in deren ständigen Erreichbarkeit. Handy, Laptop, Smartphone und Tablet-PCs machen es heute möglich. Die Folgen: Urlaubsarbeiter können nicht abschalten und die Erholung leidet massiv.

Nur ein Viertel arbeitet im Urlaub nie

Knapp die Hälfte aller Befragten teilte mit, inzwischen ebenso viel Zeit oder mehr Zeit mit Arbeit im Urlaub oder in der Freizeit zu verbringen als früher. Nur ein Viertel gab an, noch nie im Urlaub gearbeitet zu haben. Bei den 53 Prozent, die regelmäßig in Urlaub und Freizeit beruflich aktiv sind, sieht es noch dramatischer aus.

Neun Tipps für einen entspannten Urlaub
9 Tipps für einen entspannten Urlaub
Besser vier Wochen Sylt, als zwei Wochen DomRep: "Körper und Seele brauchen mindestens drei Wochen, um sich zu erholen", weiß der Psychiater Michael Stark. "Das gilt ganz besonders, wenn man in eine andere Zeitzone oder in ein anderes Klima fährt." Denn Jetlag und die Umstellung auf tropische Temperaturen belasten den Körper mehr, als ihn zu erholen. Das gilt ganz besonders für stark Gestresste und für Kurzurlaube.
Erledigen Sie alle wichtigen Aufgaben vor Ihrem Urlaub
Und bitte nicht die letzten Aufgaben im Flugzeug auf dem Weg in den Urlaub erledigen. Die Gefahr, die Arbeit mit in die Ferien zu nehmen wäre zu hoch.
Versuchen Sie es mit einem Kontrastprogramm
Machen Sie in Ihrem Urlaub das, was Sie zuhause selten tun. Wenn Sie bei ihrem Job viel sitzen oder stehen, versuchen Sie es in den Ferien mit Bewegung. Haben Sie in Ihrer Arbeit ständig mit vielen Menschen zu tun, probieren Sie im Urlaub aus, ob Sie Stille und Leere genießen können.
Überfrachten Sie Ihren Urlaub nicht
Nehmen Sie sich nicht jeden Tag was vor, sondern planen Sie auch Zeiten ohne Aktivitäten ein, in denen Sie einfach nur entspannen. Wenn Sie mit Partner oder Familie reisen, gönnen Sie allen auch einmal Zeit ohne die anderen. Manchmal lassen sich einfach nicht alle Urlaubswünsche auf einen Nenner bringen.
Schalten Sie Ihr Handy aus
Diese Maßnahme wird den meisten wohl am schwersten fallen; schließlich kann es ja sein, dass Kunden mit Aufträgen winken. Genau das ist aber zugleich der größte Stressfaktor. Versuchen Sie es zunächst mit langsamer Entwöhnung: Hören Sie einmal am Tag Ihre Mailbox ab, das reicht.
Lassen Sie zwischen letztem Arbeits- und erstem Reisetag ein paar Tage vergehen
Damit geben Sie dem Körper die Möglichkeit, zwischen Arbeitsstress und Reisestress schon einmal ein wenig zu entspannen.
Der eine liegt im Urlaub gerne am Strand, der andere geht gerne wandern
Finden Sie heraus, was Ihnen gut tut: faulenzen oder aktive Entspannung. Das ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich.
Wenn Sie in den ersten Urlaubstagen noch an die Arbeit denken, machen Sie sich keinen Stress damit
Solche Gedanken stehen nicht im Widerspruch zu Ihrem Wunsch nach Entspannung, sondern können der Auftakt dafür sein, wenn Sie anschließend die Fragen und Probleme aus Ihrem Job abgehakt haben.
Nehmen Sie Ihren Urlaub mit nach Hause
Fotos und Videos wecken auch später die Erinnerung an entspannte Tage und schöne Erlebnisse. Die Musik, die Sie am Strand oder im Club gehört haben, bringt Ihnen das Gefühl der Erholung wieder zurück. Und wenn Sie Ihren Weg zur Entspannung gefunden haben, probieren Sie einfach aus, ob der auch im Alltag für Sie begehbar ist.

Von diesen arbeiten fast 72 Prozent heute im Urlaub gleich viel oder mehr als früher. Nur 27 Prozent arbeiten aktuell weniger in ihrer freien Zeit als vorher.

Urlaubsarbeiter im Job überlastet

Die Studie ging auch der Frage nach, warum Berufstätige im Urlaub arbeiten. 46 Prozent gaben an, dass sie sich auch in der Freizeit verantwortlich fühlen. Ein Drittel ist so überlastet, dass sonst zu viel Arbeit liegen bleibt. 29 Prozent teilten mit, dass sie sich endlich um Dinge kümmern können, zu denen sie im Arbeitsalltag nicht kommen.

Berufstätige arbeiten aus den verschiedensten Gründen im Urlaub. Die meisten fühlen sich auch in der Freizeit ihrem Job verpflichtet. Vielen macht Arbeiten im Urlaub schlicht "Spaß".
Foto: lastminute.de

Immerhin 28 Prozent arbeiten im Urlaub, weil es ihnen "einfach Spaß" macht. 15 Prozent gaben zu, nicht loslassen zu können. Fünf Prozent opfern ihre freie Zeit für den Job, weil ihr Vorgesetzter es so will. Und zwei Prozent arbeiten, weil sie sonst zu viel Zeit mit der Familie oder dem Partner verbringen müssen.

Bei den Urlaubsarbeitern gibt es auch geschlechterspezifische Unterschiede. Während von den berufstätigen Männern 61 Prozent in Urlaub und Freizeit arbeiten, sind es bei den Frauen nur 54 Prozent. Auch das Alter spielt eine Rolle: Unter den Jüngeren arbeiten sehr viele in ihrer freien Zeit. Mit steigendem Alter legt sich dies jedoch.

Gutverdiener arbeiten in der Freizeit mehr

Darüber hinaus untersuchte die Studie, ob mit der Höhe des Einkommens auch die Bereitschaft steigt, im Urlaub zu arbeiten. Bei den Berufstätigen mit einem Haushaltsnettoeinkommen von 4.000 Euro und mehr, liegt der Anteil der Urlaubsarbeiter bei 72 Prozent. Die Studienautoren wundern sich auch darüber, dass deutsche Berufstätige, die im Urlaub arbeiten, im Schnitt pro Jahr 2.612 Euro für Urlaub und Reisen ausgeben, während Nicht-Urlaubs-Arbeiter durchschnittlich nur 2.333 Euro dafür hinblättern.