Die Ankündigung von CryptoKit war ein erstes Vorzeichen, nun ist es offiziell: Auch Apple erwägt die Einführung einer eigenen Kryptowährung.
Vor einigen Monaten kündigte Apple CryptoKit für iOS 13 an. Das Tool soll Software-Entwickler befähigen, schnell und einfach Hash-Werte für digitale Signaturen sowie öffentliche und private Keys zu erzeugen, die dann in Apples "Secure Enclave" abgespeichert und gemanagt werden können. Diese Keys könnten auch für Kryptowährungs-Zwecke verwendet und von iPhone-Nutzern per App als Zahlungsmittel genutzt werden.
Eine offizielle Stellungnahme seitens des iPhone-Konzerns zum Thema Kryptowährung ließ trotz der Ankündigung von CryptoKit für iOS13 bislang jedoch auf sich warten. Jennifer Bailey, ihres Zeichens Vice President der Apple-Pay-Sparte, sprach nun in einem Interview mit CNN Business Klartext: "Wir beobachten das Feld der Kryptowährungen und halten es für sehr interessant. Wir sind davon überzeugt, dass dieser Bereich erhebliches Potenzial aufweist."
Wann kommt Apples Cryptowallet?
Wenn Apple künftig tatsächlich auf Kryptowährungen setzt, würde der Konzern damit seinen Smartphone-Konkurrenten HTC und Samsung folgen. Beide haben angekündigt, native Cryptowallets für ihre Geräte zu entwickeln: HTC kündigte bereits im letzten Jahr das Smartphone Exodus 1 an, das wahlweise Bitcoin oder Ether abspeichern soll. Samsung will das gleiche Feature für sein 2020 erscheinendes Flaggschiff Galaxy 10 realisieren.
Was ist was bei Blockchain, Bitcoin und Co.?
Ethereum Eine weitere Kryptowährung, die auf dem Blockchain-Prinzip basiert. Bietet eine Plattform für programmierbare Smart Contracts. Die "Ether" werden von Fans als legitime Nachfolger der Bitcoins angesehen (siehe auch obiges Bild).
Cryptlet Von Microsoft für die Azure-Cloud entwickelter Service, mit dessen Hilfe Anwender externe Daten in eine Blockchain einpflegen können, ohne ihre Sicherheit und Integrität zu zerstören. Cryptlets können als indvidualisierte Middleware auch von Azure-Anwendern selbst entwickelt werden - in jeder beliebigen Programmiersprache - und sollen die Brücke von der Blockchain hin zu neuen Business-Services in der Cloud schlagen.
Kryptowährung Digitales Geld, ohne Münzen und Scheine. Mithilfe von Kryptografie wird ein verteiltes, sicheres und dezentralisiertes Zahlungssystem aufgebaut. Benötigt keine Banken, sondern Rechenpower und technische Hilfsmittel wie die Blockchain.
Blockchain Eine Blockchain ist eine dezentrale Datenbank, die eine stetig wachsende Liste von Transaktionsdatensätzen vorhält. Die Datenbank wird chronologisch linear erweitert, vergleichbar einer Kette, der am unteren Ende ständig neue Elemente hinzugefügt werden (daher auch der Begriff "Blockchain" = "Blockkette"). Ist ein Block vollständig, wird der nächste erzeugt. Jeder Block enthält eine Prüfsumme des vorhergehenden Blocks. <br /><br /> Entwickelt wurde das technische Modell der Blockchain im Rahmen der Kryptowährung Bitcoin - als webbasiertes, dezentralisiertes, öffentliches Buchhaltungssystem aller Bitcoin-Transaktionen, die jemals getätigt wurden.
Bitcoin Core Die Open-Source-Software validiert die gesamte Blockchain und wurde Anfang 2009 von einem gewissen <a href="http://www.computerwoche.de/a/neue-hinweise-auf-moeglichen-urheber-von-digitalwaehrung-bitcoin,3220391" target="_blank">"Satoshi Nakamoto"</a> unter dem Namen "Bitcoin" veröffentlicht. Bitcoin Core war in C++ zuächst vor allem für Windows-Systeme programmiert worden. Wenig später folgte die Portierung auf GNU/Linux. Weil die Entwickler sich zerstritten, existieren mittlerweile einige Derivate der Bitcoin-Software, unter anderem Bitcoin XT, Bitcoin Unlimited oder Bitcoin Classic.
BigchainDB Die "skalierbale Blockchain-Datenbank" kann bis zu einer Millionen Schreibvorgänge pro Sekunde verwalten, Petabytes an Daten speichern und wartet trotzdem mit einer Latenzzeit von unter einer Sekunde auf - das alles dezentralisiert verwaltet und bei höchster Datenintegrität. Technische Grundlage ist die Blockchain-Technologie.
Distributed Ledger Finanz-Fachbegriff für "verteilte Kontoführung". Bitcoin ist ein komplett neuer technischer Ansatz, um Informationen über bestimmte Zuordnungen zu verteilen. Es gibt hier kein klassisches Konto mehr, das zentral bei einer Bank geführt wird, sondern die "Kontoführung" basiert auf einem Netzwerk von kommunizierenden Systemen.
Smart Contract Ein Computerprotokoll, das Verträge abbilden oder überprüfen oder die Verhandlung eines Vertrags technisch unterstützten kann. Könnte künftig den schriftlichen Vertragsabschluss ersetzen.
R3CEV Das Startup R3 CEV baut die blockchainbasierte "Global Fabric for Finance". Mit rund 50 Finanzpartnern soll die größte Blockchain der Welt entwickelt werden - ein erster Testlauf mit elf Großbanken, darunter Barclays, Credit Suisse, HSBC, UBS und UniCredit wurde bereits erfolgreich absolviert. R3CEV ist eine strategische Partnerschaft mit Microsoft eingegangen, um Blockchain-Infrastruktur und -Technologie in der Azure Cloud entwickeln zu können.
Ripple Ein Open-Source-Protokoll für ein Zahlungsnetzwerk - derzeit noch in der Entwicklung. P2P-Zahlverfahren und Devisenmarkt in einem, basiert auf der Kryptowährung "XRP". Ripple-Nutzer sind jedoch nicht auf diese eine Währung festgelegt, sondern können jede beliebige Währung verwenden - also beispielsweise auch Euro, Dollar oder Yen.
Jack Gold, Chef-Analyst von J. Gold Associates, rechnet dennoch nicht damit, dass Apple sobald auf Kryptowährungen setzt. Er geht vielmehr davon aus, dass der Konzern erst einmal die reibungslose Funktion von Apple Pay sicherstellen und Marktanteile gewinnen will. Auf eine Payment-Technologie zu setzen, die möglicherweise noch von Regulatoren in den USA oder Europa "kassiert" wird, dürfte ein zu riskanter Move sein, wie der Experte erklärt: "Ich gehe davon aus, dass Apple die Kryptowährungs-Ambitionen der anderen Player analysieren und dann erst einmal evaluieren möchte, wie die Erfolgschancen für die Technologie stehen und welche Probleme dabei in der Praxis auftreten."
Apple sei bekanntermaßen ziemlich gut darin, technologische Probleme zu lösen und das Ergebnis den Endkonsumenten zu präsentieren, so Gold weiter. Dabei favorisiere der Konzern aber in der Regel keine Vorreiterrolle, sondern steige lieber in bereits etablierte Marktsegmente ein.
Kryptowährungen - weiterhin im Trend
Eine aktuelle Studie von Juniper Research kommt zu dem Schluss, dass die Zahl der Nutzer von digitalen Wallets für alle Arten von Kryptowährungen bis zum Jahr 2024 auf vier Milliarden ansteigen wird (2019: 2,3 Milliarden Nutzer). Das wiederum soll dem Gesamtvolumen der Cryptowallet-Transaktionen einen Schub verleihen: Es soll um 80 Prozent auf circa neun Billionen Dollar pro Jahr anwachsen. Laut den Analysten von Juniper wird dieses Wachstum insbesondere dem steigenden Transaktionswert geschuldet sein, der wiederum durch "stored credentials" in Cryptowallets getrieben werde.
Einige der bekanntesten Unternehmen im Bereich Finanzdienstleistungen und Social Media setzen inzwischen auf Kryptowährungen als Zahlungsmittel für Services oder Produkte:
JP Morgan Chase beispielsweise hat als erste große Bank vor kurzem angekündigt, eine eigene Kryptowährung auf Basis des US-Dollars einführen zu wollen. Dieser Schachzug könnte die Blockchain endgültig als Vehikel für Kryptowährungen etablieren.
Der Social-Media-Gigant Facebook kündigte im Juni 2019 - nach Monaten der Spekulation - ebenfalls offiziell an, eine eigene Kryptowährung namens Libra inklusive zugehöriger Wallet an den Start zu bringen. Nicht wenige Experten werten das als Kriegserklärung an den Bankensektor: Wenn die Finanzinstitute die Blockchain-Technologie weiterhin mit der Kneifzange anfassen und nicht endlich anfangen, die neuen Möglichkeiten zu evaluieren, könnten sie von den Tech-Giganten kurzerhand verschlungen werden.
Nach Meinung von Clifford Rossi, Wirtschaftsprofessor an der Universität von Maryland, führt Facebooks Angriff zu zusätzlichem Druck auf die Branche. In einer Zeit, in der sich die ohnehin angeschlagenen Finanzinstitute bereits schwer tun, nicht den Anschluss an die agileren, technologisch firmen Fintechs zu verlieren.
Kryptowährungs-Offensive mit Security-Fokus?
Apples mobile Zahlungsplattform Apple Pay existiert bereits seit 2014 und verarbeitet inzwischen monatlich knapp eine Milliarde Transaktionen. Mit der Einführung der Apple Card hat der Konzern zudem erste Fühler in Richtung Fintech-Markt ausgestreckt.
10 Erkenntnisse aus der Fintech-Szene
Zehn Erkenntnisse aus der Fintech-Szene Die mannigfaltigen Spielarten der Fintech-Szene sowie deren Geschäftspotenzial und "Sprengkraft" im Markt hat die Unternehmensberatung Pass IT-Consulting aus Aschaffenburg in einer Studie untersucht.
1. Fintechs entwickeln sowohl Lösungen, ... ... die Bankenleistungen ersetzen können, als auch solche, die den Service oder die Wertschöpfungskette der Banken anreichern.
2. Sie visieren oft Kernbereiche der Banken an, ... ... zum Beispiel den Zahlungsverkehr oder das Kreditgeschäft, bisweilen aber auch Rand- und nicht wertschöpfende Bereiche.
3. Die meisten Fintechs im B2B-Bereich richten ... ... sich auf Kooperationen mit Banken oder großen Internet-Konzernen aus.
4. Das heißt im Umkehrschluss: Als direkte Angreifer der etablierten Banken positionieren sich nur wenige.
5. Der Markt ist sehr dynamisch: Aus Angreifern könnten kurz- oder mittelfristig auch Zulieferer, also Kooperationspartner der Banken, werden.
6. Die Banken selbst messen den Fintechs ... ... innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre eine steigende Bedeutung bei.
7. Dabei sehen die Bankenvertreter sowohl Chancen ... ... als auch Risiken im Zusammenhang mit den Fintechs.
8. Viele von ihnen fürchten ... ... allerdings ganz konkret eine Beeinträchtigung ihres Kerngeschäfts durch die Aktivitäten der Fintechs.
9. Die "Zulieferer" unter den Fintechs ... ... haben viel Marktpotenzial. Ihre Kompetenz reicht von Customer-Service-Automatisierung über Videolegitimierung und Customer Journey bis zu Big Data Rating.
10. Das "Eruptionspotenzial" hingegen ist nur bei wenigen Fintechs wirklich hoch. Wie die Studie ausweist, sind vor allem zwei Bereiche herausragend: Mobile Payment - sofern es mit Mehrwerten wie neuen Kassensystemen verbunden ist - sowie der Kreditmarkt für kleinere und mittlere Unternehmen.
Für Gartner Chef-Analystin Annette Zimmermann kommt ein Kryptowährungs-Feature da genau zur rechten Zeit: "So kann Apple die Nutzer im eigenen Ökosystem halten und den Aspekt Datenschutz als USP vermarkten. Es wäre nicht das erste Mal, dass Apple versucht, sich von der Konkurrenz durch Funktionen abzuheben, die den Schutz der Privatsphäre der Nutzer in den Fokus rücken."