Dass die Bürger eines Landes, deren geistige Väter nicht nur Goethe und Schiller sondern auch Carl und Bertha Benz heißen, ein Faible für Autos haben, ist schon sprichwörtlich. "Das Auto ist der Deutschen liebstes Kind", sagt der Volksmund. Wie sehr die Deutschen an ihrem fahrbaren Untersatz hängen, und was sie alles darauf projizieren, zeigt sich daran, wie Arbeitgeber den Dienstwagen als Motivationsinstrument einsetzen. Dabei darf es gerne etwas mehr sein. Michael Velte, der Vorstandsvorsitzende des Verbandes markenunabhängiger Fuhrparkmanagementgesellschaften (VMF): "Grundsätzlich kann man sagen, dass die deutschen Dienstwagen um eine Klasse besser sind als in den meisten anderen Ländern - wer zum Beispiel hier eine Mercedes-E-Klasse fährt, hätte im Ausland vielleicht eine C-Klasse."
Dienstwagen machen hierzulande auf der Wunschliste der betrieblichen Extras immer noch das Rennen. Noch begehrter ist nur die betriebliche Altersvorsorge. Als Emnid vor gut zwei Jahren einige tausend Deutsche fragte, ob sie sich einen Dienstwagen wünschen, antworteten mehr als die Hälfte der Befragten mit "Ja". Bei den unter 30-Jährigen waren es sogar 70 Prozent.
Ein Dienstwagen, der auch privat genutzt werden darf, gilt nach der Umfrage als einer der größten Motivationshebel bei den Angestellten überhaupt. Das hat vor allem zwei Gründe: Das Auto ist in Deutschland immer noch Statussymbol. Smartphones haben sich zwar ebenfalls in die Liga der begehrtesten Besitztümer hochgearbeitet, doch das Auto und vor allem die Modelle der deutschen Premiumhersteller BMW, Audi und Mercedes haben hierzulande immer noch große Strahlkraft - gegenüber Geschäftspartnern, Familie und Nachbarn.
Detlev Mohr, Leiter der europäischen Automobilberatung bei McKinsey über die Ergebnisse einer Studie zur gesellschaftlichen Bedeutung des Autos: "Knapp 80 Prozent aller Befragten sind überzeugt, dass ihnen das Auto im Vergleich zu anderen Luxusgütern auch in Zukunft die größte Wertschätzung einbringt." Dienstwagen sind in den meisten Unternehmen das Privileg von Vorstand, Geschäftsführung und der ersten Managementebene darunter. Wer ein hübsches Modell vor der heimischen Garage stehen hat, der hofft auf die Interpretation seiner Mitmenschen: "Der fährt einen dicken Schlitten, der hat auch was zu sagen."
Auto all inclusive
Neben dem Prestigefaktor, gibt es aber auch einen ganz handfesten Grund für die große Sehnsucht der Deutschen nach einem Firmenwagen. Dank verschiedener Bezuschussungsmodelle der Arbeitgeber können sich die Angestellten meist ein besseres Auto leisten als sie es alleine könnten. Außerdem profitieren sie von einem regelmäßigen Austausch des alten in ein neues Modell. Ganz zu schweigen von praktischen Zusatzleistungen wie Reifenwechsel, Haupt- und Abgasuntersuchung, die bei vielen Fullservice-Leasing-Angeboten in den großen Firmenfuhrparks vom Arbeitgeber für die komplette Flotte eingekauft werden.
Wie der Mitarbeiter zum Wunschauto kommt
Das verbreitetste Modell, mit dem Chefs ihre Mitarbeiter locken, ist die Auswahl des Fahrzeugs und seiner Ausstattung binnen einer vorgegebenen Klasse. Innerhalb des Rahmens kann der Mitarbeiter seine Wünsche frei äußern. Für Leasing-Gesellschaften bedeutet das einen immensen Aufwand. Bis zu 40 Einzelangebote pro Mitarbeiter sind nötig, bis sich ein Kandidat für ein Modell und das passende Ausstattungspaket entscheidet, das belegen Zahlen von Lease Plan.
Wer mehr möchte als ihm laut Car Policy zusteht, kann in vielen Firmen über ein Zuzahlungsmodell zu einem besseren Wagen kommen. Der Mitarbeiter kann ein höherwertiges Fahrzeug bestellen - bezahlt das Upgrade aber selbst. Der dritte Weg führt über den Gehaltsverzicht oder die Gehaltsumwandlung. Ein Teil des Lohnes wird mit den Leasingkosten für einen Firmenwagen verrechnet. Das Modell rechnet sich für beide Seiten. Da das Bruttogehalt sinkt, sinkt auch das zu versteuernde Einkommen und damit die Steuerlast für den Arbeitnehmer.
Dafür muss er allerdings monatlich ein Prozent des Brutto-Listenpreises des Neuwagens als Dienstwagensteuer abführen. In den meisten Fällen kosten die Anschaffung und der Unterhalt des Privatfahrzeugs mehr als der Gehaltsverzicht und Steuer, so dass der Mitarbeiter vom Angebot des Arbeitgebers profitiert. Der wiederrum spart Lohnnebenkosten und kann die Anschaffung den Unterhalt des Wagens steuerlich als Betriebsausgaben geltend machen.
Dienstwagen als Politikum
In großen Unternehmen ist das Thema Dienstwagen längst Teil der Firmenpolitik. Wer einen bekommt, in welcher Klasse und für wie lange, und ob er ihn auch privat nutzen darf, ist in der hauseigenen Car-Policy geregelt. Ja, das Thema Dienstwagen ist in Deutschland ein Politikum. Wie empfindlich deutsche Mitarbeiter reagieren, wenn man ihnen den Dienstwagen streitig machen möchte, zeigte sich 2009 in der Finanzkrise.
Während ausländische Unternehmen in Deutschland schnell begannen, merklich am Fuhrpark zu sparen, blieb man bei den deutschen Konzernen zurückhaltend, beobachtete die Unternehmensberatung Hay Group, die regelmäßigen den Firmenwagen-Report erstellt. Ist der deutsche Dienstwagen unantastbar?
Abgasarme Modelle gefragt
Nein, soweit wird wohl kein Unternehmen gehen. Dienstwagen sind zwar ein wichtiges Motivationsinstrument für die autobegeisterten deutschen Mitarbeiter, doch sie sollen das Unternehmen nicht mehr kosten als unbedingt notwendig und vor allem nicht unangenehm beim Kunden auffallen. Ginge es nach den Mitarbeitern, stünden die Firmenparkplätze voll mit SUV und Sportboliden. Solche Dienstwagen sind bei den Konzernen fast durch die Bank verboten. Der Trend geht außerdem weg von der PS-starken Spritschleuder, hin zu abgasarmen Modellen mit Hybrid-Antrieb. Einige Unternehmen belohnen Mitarbeiter, die auf PS verzichten und stattdessen einen umweltschonenden Wagen ordern.
Siemens zählt mit seinem Bonus-Malus-System zu den Vorreitern. Der Weltkonzern hat als eines der ersten Dax-Unternehmen seine Regeln für Firmenwagen an den Klimaschutzzielen der Europäischen Union ausgerichtet. Wer sich ein umweltfreundliches Modell aussucht, bekommt einen Bonus, wer sich dagegen für eine Abgasschleuder entscheidet, muss selbst draufzahlen. Mitarbeiter, die Anspruch auf eine Dienstwagen hätten, aber ganz auf ihn verzichten und stattdessen mehr öffentliche Verkehrsmittel nutzen, erhalten eine Mobilitätszulage von 650 Euro brutto im Monat.
Andere Unternehmen nutzen das Thema Dienstwagen gezielt, um den Umsatz anzukurbeln. Beim Schraubenhersteller Würth erhält der Verkäufer, der mehr Umsatz erarbeitet, als Dankeschön - und selbstverständlich als Anreiz für die anderen sich ebenfalls anzustrengen - einen entsprechend teureren Firmenwagen. Wer die Leistung nicht mehr erbringt, muss den Wagen allerdings auch wieder abgeben. Auch damit müssen die autoverliebten deutschen Arbeitnehmer rechnen.
Urteile für Dienstwagen
Recht auf günstige Fahrten
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Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit
Sämtliche Verfahren sind dabei für die Steuerpflichtigen erfolgreich verlaufen. So entschieden beispielsweise das FG Baden- Württemberg (Urteil vom 21.7.10, Az.: 1 K 2195/10) und das FG Düsseldorf (Urteil vom 12.7.10, Az.: 11 K 2479/09 E) zugunsten der Steuerpflichtigen. Die Finanzbehörden aber schalteten weiter auf stur und haben abermals den BFH bemüht, der nun erneut entscheiden muß: Das Verfahren ist unter Az.: VI R 67/10 bei Gericht anhängig. |
Verschiedene Autos - verschiedene Methoden
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Mündliche Absprache zur Privatnutzung
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Dienstwagen als geldwerter Vorteil pfändbar
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Vermutete Privatnutzung
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Privat gezahlte Tankrechnung
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Luxuskarosse als Dienstwagen
Das Finanzamt wollte lediglich 45.000 Euro berücksichtigen.Das Finanzgericht Saarland hat hingegen in einem Urteil vom 17.12.2008 - 1 K 2011/04 - entschieden, dass bei einem Arzt die Anschaffungskosten eines PKW jenseits von 50.000 Euro als unangemessen anzusehen sind. So sollen nach Ansicht der Richter auch bei Vorliegen von hohen Umsätzen und Gewinnen, Aufwendungen unangemessen sein, wenn sie für den Geschäftserfolg von geringer Bedeutung sind. Und die Wahl eines Autos für Hausbesuche bei Patienten beeinflusst nicht den Umsatz und den Gewinn. Die Leistungen des Arztes werden von den Patienten nämlich nicht deshalb in Anspruch genommen, weil er ein schickes Auto fährt. Auch die Höhe seiner Vergütung ist von der Wahl des Autos völlig unabhängig |
(Quelle: Wirtschaftswoche)