Strahlkraft und Unternehmenskapital

Warum die Reputation des CEO strategisch so wichtig ist

03.12.2018 von Sereina Schmidt
In Zeiten von Social Media ist die Reputation des CEO noch wichtiger denn je. Der Grund: Mit seinem Ruf steht und fällt auch der Unternehmens. Es ist daher unverzichtbar, die Reputationspflege zu einem Bestandteil der Firmenstrategie zu machen. Wie, lesen Sie hier.
  • Der kleinste Fehler eines CEO kann sich heute in Windeseile über Social Media verbreiten.
  • Kein Unternehmen kann es sich mehr leisten, auf Reputationsmanagement zu verzichten.
  • Eine schlechte Wahrnehmung von CEOs ist für diese gefährlicher als eine schlechte Performance.
Reputationsmanagement ist für Unternehmensführer unverzichtbar, weil ein einzelner Tweet heutzutage die Reputation eines CEO und damit des gesamten Unternehmens schädigen kann.
Foto: Ruslan Guzov - shutterstock.com

Lange hielt sich der Spruch: "Keine Presse ist gute Presse." Doch heute leben wir in einer anderen Zeit. Alles kann und wird online diskutiert, beurteilt und, wenn es sein muss, auch verurteilt. Jeder CEO, Geschäftsführer, Direktor oder Unternehmensleiter steht gegenwärtig nahezu unter Dauerbeobachtung. Wird eine "unglückliche" Aussage gemacht, findet man diese schnell in den Social-Media-Kanälen, auf News-Portalen oder sogar in den Printmedien wieder. Die Folge: Der Ruf des CEO leidet und damit auch der des ganzen Unternehmens. Höchste Zeit, sich mit der Reputation des CEO zu befassen und diese zu managen.

Doch was hat sich geändert? Fakt ist: Unsere Gesellschaft ist eine "Mitsprachegesellschaft" geworden. Eine immer stärkere Sozialisierung im Netz führt dazu, dass Menschen, die sich sonst nicht treffen, über Social Media miteinander kommunizieren. Bin ich also mit einem Unternehmen, einem Produkt, einer Dienstleistung oder auch nur der Aussage eines CEO nicht einverstanden, kann ich das auf den Social-Media-Kanälen mit tausend anderen Menschen "diskutieren". Und inzwischen erschreckender Alltag: Je angeschlagener der Ruf bereits ist, umso schneller werden sich umso mehr Menschen finden, um auf das Unternehmen oder dessen CEO verbal einzuprügeln.

Wer steht hinter dem Unternehmen?

Eine weitere Tatsache, die sich in den letzten Jahren geändert hat, ist die starke Personalisierung. Heute möchte man wissen, wer hinter einem Unternehmen steht. Man will mit Menschen und nicht neutral mit "dem Unternehmen" kommunizieren. Alles wird transparenter und persönlicher. Ist ein Kunde heute nicht zufrieden, kann er sich mit Hilfe von Google gezielt Informationen recherchieren. Sucht jemand also nach uns, wird er nicht nur unsere Website finden, sondern eben auch Kommentare von (hoffentlich) zufriedenen Kunden.

Spezielle Plattformen wie kununu.com ermöglichen es sogar, Betriebe noch detaillierter zu bewerten. Diese Umstände bereiten vielen Firmen große Schwierigkeiten, weil sie ihre Kommunikation (intern und extern) komplett umstellen müssen. Und dafür gibt es keine Alternative! Kein Unternehmen kann es sich heute mehr leisten, in seiner Unternehmensstrategie auf Reputationsmanagement zu verzichten sowie die Reputation des eigenen CEO nicht gezielt zu managen.

Wirkung schlägt Leistung

Man kann es auf eine einfache Formel bringen:

Wirkung + Verhalten + Kommunikation = Reputation

Oft wird noch darüber gesprochen, dass ein CEO eine gewisse Leistung erbringen soll. Klar muss seine Leistung stimmen. Worum es aber eigentlich geht, ist die Wirkung, die er und sein Verhalten auf das Unternehmen und somit auf die Kunden haben. Stellt man sich in diesem Zusammenhang aber die Frage: "Worauf werden wir in der Aus- und Weiterbildung getrimmt?", lautet die Antwort erstaunlicherweise nach wie vor: auf Leistung und Wissen! Wie wir die daraus resultierende, hoffentlich positive Wirkung, allerdings bestmöglich darstellen, ist meist nicht Unterrichtsstoff.

Den Ruf im Auge behalten

Reputationspflege ist Arbeit und hat mit dem eigenen Verhalten und der eigenen Kommunikation zu tun. Selbstverständlich kann die Kommunikationsabteilung zielgerichtet darin unterstützen, doch die Hauptinitiative geht vom CEO selbst aus. Zudem muss der CEO immer wieder die Sicht von Kunden und Mitarbeitern einnehmen und sich fragen, welche Erwartungen diese an ihn haben? Auch diese Erwartungen muss er "managen".

Stellt sich die berechtigte Frage: Muss ein CEO nur für das Unternehmen sein Image im Auge behalten? Nein, sicher nicht. Er macht es auch für sich selbst. Schließlich nimmt er seinen Ruf mit - in andere Firmen ebenso wie in sein Privatleben. Beide Bereiche, privat wie auch geschäftlich, lassen sich heute nicht mehr trennen. Schon gar nicht, wenn es um den Ruf und die Reputation einer Person geht. Übrigens: Eine schlechte Wahrnehmung von CEOs ist für diese gefährlicher als eine schlechte Performance. Einer Studie von Roland Berger zufolge war eine schlechte Wirkung in 71 Prozent der Fälle der ursächliche Grund für die Demission eines CEO und nicht seine Leistung.

Die häufigsten Fehler neuer Chefs und Führungskräfte
Falle 1: Die Wichtigkeit der Antrittsrede unterschätzen
Es ist hilfreich, die Mannschaft zu einem Come together einzuladen und sich noch einmal offiziell vorzustellen. In einer kurzen Rede sollte man zum einen etwas über sich samt Werdegang erzählen und zum anderen bereits einen Einblick in den Führungsstil sowie Werte und Ziele geben.
Falle 2: Sofort alles auf den Kopf stellen
Neue Führungskräfte verfallen wegen der hohen Erwartungshaltung häufig in blinden Aktionismus. Es ist besser, die ersten Wochen für Mitarbeitergespräche zu nutzen. So bekommen Sie einen Überblick über Erwartungen, Aufgaben, Zusammenarbeit, Prozesse und mögliche Knackpunkte. Erst nach der Bestandsaufnahme sollten Veränderungen unter Einbindung der Mitarbeiter angestoßen werden.
Falle 3: Von Mitarbeitern instrumentalisieren lassen
Kommt eine neue Führungskraft, tendieren Mitarbeiter gerne dazu, sie für ungeklärte und unbefriedigende Belange einzuspannen, damit sie sich für diese Anliegen gegenüber Dritten starkmacht. Aber hier ist Vorsicht geboten, weil oft nur die subjektive Wahrnehmung ans Licht kommt. Man sollte also keine Versprechungen machen und voreiligen Entscheidungen treffen, sondern sich zunächst einen umfassenden Eindruck über den Status quo und über Verantwortlichkeiten verschaffen.
Falle 4: Intensive Freundschaften mit Mitarbeitern eingehen
Entwickeln sich Freundschaften zu einzelnen Kollegen, sollte man hinterfragen, welchen Einfluss die Beziehung auf das Tagesgeschäft im Unternehmen hat und welchen Eindruck Kollegen und Vorgesetzte bekommen, wenn sie von der Freundschaft erfahren. Zum Schutz von Führungskraft und Mitarbeiter ist es daher sinnvoll, ausreichend Distanz zu wahren.
Falle 5: Recht behalten und Fehler nicht eingestehen
Fehler einzugestehen und Kritik von Mitarbeitern anzunehmen wird oft als Führungsschwäche ausgelegt. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Wahre Größe und Kompetenz beweist, wer offen für berechtigte Kritik ist und gegebenenfalls eine Entscheidung rückgängig macht. So gewinnt man als Vorgesetzter Glaubwürdigkeit und Vertrauen.
Falle 6: Konflikten aus dem Weg gehen
Harmoniebedürftige Führungskräfte sind meist auch konfliktscheu. Sie hoffen insgeheim, dass sich Probleme von selbst lösen, und sprechen Missstände oft viel zu spät an. Ob Fehlverhalten von Mitarbeitern oder Konflikte im Team - Sie sollten Erwartungen frühzeitig nennen, immer konstruktives Feedback geben und rechtzeitig nachsteuern. Klarheit in der Führung ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Und Klarheit und Freundlichkeit schließen sich nicht aus.
Falle 7: Immer eine offene Tür haben
Eine Aussage wie "Sie können jederzeit zu mir kommen" ist fatal. Der Grund: Ungeplante Gespräche bringen den Tagesablauf durcheinander und reißen die Führungskraft bei ihrer jeweiligen Aufgabe aus der Konzentration. Soll heißen: Führen "zwischendurch" ist nicht ratsam. Nehmen Sie sich nach Abstimmung ungeteilte Zeit für Mitarbeitergespräche.
Falle 8: Experten im Fachwissen übertreffen wollen
Es ist ein Trugschluss, als Führungskraft zu glauben, auf jede fachliche Frage eine Antwort haben zu müssen oder jedes Problem lösen zu können. Dafür sind die Fachleute zuständig, nämlich die Mitarbeiter mit ihrem entsprechenden Fachwissen. Der Job des Vorgesetzten ist primär, Führungs- und Steuerungsaufgaben wahrzunehmen. Wer sich als Chef dennoch dafür verantwortlich fühlt, wird schnell zum "Obersachbearbeiter". Tipp: Delegieren Sie, damit Sie Freiräume gewinnen und Ihre Ziele erreichen.

Emotion schlägt Fakten

Unsere Werte entsprechen unseren Überzeugungen. Dafür stehen wir, dafür setzen wir uns ein. Kunden, aber vor allem auch Mitarbeiter wollen heute wissen, "wofür" ein CEO steht. Sie wollen wissen, was ihn antreibt, wie er tickt und wofür er arbeitet. Dies anhand eines gängigen Werte-Leitbildes zu kommunizieren, ist in den seltensten Fällen erfolgversprechend. Authentizität und Integrität sind gefragt und müssen auch so vorgelebt und kommuniziert werden, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes ankommen.

Beim Reputationsmanagement geht es um das Erlebbarmachen unserer persönlichen Überzeugungen, Einstellungen und Werte. Je klarer sich unser Umfeld an uns orientieren kann, umso glaubwürdiger, zuverlässiger und vertrauenswürdiger sind wir, was wiederum unseren Ruf stärkt. Fakt ist: Ohne klare, kommunizierte und erlebbar gemachte Werte gibt es keine stabile, positive Reputation. Und hier schlagen Emotionen einmal mehr die reine Fakten-Kommunikation. Ein CEO ist ein Mensch und keine neutrale Maschine.

Langfristig schlägt kurzfristig

Während Image eine Momentaufnahme ist, die Menschen von einem Unternehmen haben ("das Bild, das ich mir mache") und das durch aktive Kommunikation auch kurzfristig aufgebaut werden kann, ist Reputation der Ruf, den der CEO und dessen Unternehmen im Umfeld generell haben. Das heißt, es ist die Gesamtheit von Eindrücken und Bildern, von Erfahrungen und Beziehungen. Deshalb ist es auch einer der größten Fehler zu glauben, dass kurzfristige Aktionen die Reputation eines CEOs wieder "aufpolieren" können.

Natürlich hat alles eine Wirkung, doch die Menschen vergessen meist sehr schnell. Umgekehrt gilt: Ist eine Meinung erst einmal gefasst, dauert es länger, bis Menschen sie wieder revidieren. Beobachten lässt sich dieser Effekt vor allem im Vorfeld von Wahlen. Viele Politikerinnen und Politiker setzen dann auf genau solch kurzfristige Maßnahmen. Ist die Person erst einmal gewählt, wird die Kommunikations- und Reputationsarbeit meist sehr schnell wieder eingestellt. Ein Fehler, der sich bereits bei der nächsten Wahl sehr oft rächt.

Strategie schlägt Show

CEO-Reputation ist keine Ego-Show, sondern ein strategischer Faktor, der geplant sein muss. Dabei sollten logischerweise zuerst die Persönlichkeit des CEO und die Persönlichkeit des Unternehmens analysiert werden, um daraus eine Kommunikationsstrategie zu erstellen. Dabei ist zu beachten, dass absolute Authentizität maßgebend ist. Wer versucht, eine Show zu inszenieren, und dabei mehr auf Wunschvorstellung als auf Authentizität setzt, wird schnell merken, dass die Community dies meist früher als später durchschaut und natürlich entsprechend öffentlich darlegt.

Ertrag schlägt Investition

Zugegeben, CEO-Reputation kostet Zeit und Geld. Was aber, wenn der CEO und/oder das ganze Unternehmen plötzlich Inhalt eines Shitstorms auf Facebook werden? Oder auch viele Nummern kleiner: Was, wenn jemand nach dem Namen des CEO sucht und in Google zwei sehr negative Kommentare über das Unternehmen liest?

Jeder potenzielle neue Kunde wird sich dann sehr gut überlegen, ob er die Person oder das Unternehmen wirklich noch kontaktieren soll. Ganz nebenbei, in Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels aber ein entscheidender und wichtiger Aspekt: Der gute Ruf des CEO wirkt sich auch auf die Rekrutierung neuer Arbeitnehmer aus. Eine gute Reputation ist also im wahrsten Sinne des Wortes Gold - pardon Geld - wert.

Aus dem Schatten ans Licht

Gerade in KMU-Unternehmen sind oft Inhaber anzutreffen, die früher einmal sehr gute Facharbeiter waren. Dies ist natürlich begrüßenswert, denn wenn man alles von der Pike auf gelernt hat, kann man oft auf seine Erfahrungen zurückgreifen. Eine kleine Nebenwirkung hat das Ganze allerdings: Facharbeiter wollen durch ihre gute Arbeit oder das gute Produkt überzeugen.

Sie stellen sich meist nicht ins Scheinwerferlicht und erzählen keine Geschichten, wie dieses Produkt oder diese Dienstleistung entstanden ist. Doch genau diese Geschichten wollen Kunden hören. Und wenn ein Unternehmen diese Geschichte nicht erzählt, erzählen andere sie (ob sie stimmt oder nicht). CEO-Reputation ist also immer auch ein gewisser Schutz vor Krisen.

Doch es ist wie so oft im Leben, bevor es nicht wirklich wehtut, geht man selten zum Arzt. Und manchmal hilft dann nur noch Schadensbegrenzung. Für den Fall der Fälle investieren wir in anderen Bereichen alle in Versicherungen. Warum also nicht hier? Dabei ist der positive Reputationsaufbau nicht nur im Krisenfall sehr hilfreich, sondern auch wenn keine Krise absehbar ist.

Viele Unternehmer denken, sie seien zu klein für das Thema Reputation. Dabei können gerade KMU von der positiven Reputation eines CEO enorm profitieren. Ein einzelner Tweet kann heutzutage die Reputation eines CEO und damit des gesamten Unternehmens schädigen. Deshalb ist es eine strategisch überlebenswichtige Entscheidung, in die Reputation des eigenen CEO und somit des Betriebs zu investieren. Denn nur wenn der Ruf des CEO langfristig strahlt, strahlt auch das Unternehmenskapital.