Marketing wird häufig mit der Gießkanne ausgeschüttet unter den potentiellen Opfern – Interessenten, neuen oder alten Käufern. Das kann im Kino geschehen mit endlosen Vorfilmchen und Trailern, bis man sich zum Hauptfilm hindurch gelangweilt hat, oder aus der Tageszeitung fallen Dutzende von Beilagen, die eigentlich nur von gelangweilten Rentnern oder hartnäckigen Schnäppchenjägern eingehender studiert werden. Ansonsten ab in den Papierkorb.
Beim Fernsehen gibt es die Pinkelpause dafür, und beim Internet oder Mail-Programm ist zumindest eine händische Löschaktion gefordert. Ab in den Spam- oder Trash-Ordner. Gute Mail-Programme sortieren zwar einen großen Anteil an Spam aus, aber bei unerwünschten Werbebotschaften von ganz normalen Unternehmen, die etwas verkaufen wollen, versagen sie. Einmal bei Amazon oder Otto eingekauft, und schon ist man im Verteiler drin.
Um dem schnellen Löschen zu entkommen, ist von Seiten der Werbe-Mails verschickenden Online-Retailer und anderen Interessenten ein gewisser Aufwand erforderlich. Denn die Masse allein macht es nicht.
Die Aberdeen Group hat im Dezember 2010 eine Studie mit dem Titel "Email Marketing: Customers Take it Personally“ veröffentlicht. Darin kommt sie zu folgendem Verdikt: "Die Quantität und Qualität von Leads (Kundenkontakten) zu erhöhen, die durch Marketing erzeugt werden, kommt nicht automatisch dadurch zustande, dass E-Mail-Kampagnen als Instrument eingesetzt werden. Denn die einzige Sache, die noch einfacher ist als eine unaufgeforderte E-Mail zu versenden, besteht darin, sie zu löschen.“
Um Wege aufzuzeigen, wie man E-Mail-Marketing effektiv einsetzen kann, hat Aberdeen weltweit 528 Marketing- und Sales-Verantwortliche nach ihren Einschätzungen und Erfahrungen befragt. Es geht laut Aberdeen um die Fähigkeiten und Technologien, die Unternehmen benötigen, damit die angeschriebenen Personen sich durch die E-Mails und Webseiten durchklicken und nicht vorher aussteigen.
E-Mail-Marketing ist kostengünstig, aber ...
Gerade angesichts der krisenhaften Entwicklung in den letzten Jahren ist E-Mail-Marketing attraktiver geworden. Es kostet weniger als andere Formen, zum Beispiel aufwändige TV- oder Print-Kampagnen. Und die angepeilten Zielgruppen sind schneller erreichbar. In früheren Jahren wurde E-Mail-Marketing mehr als unter "Ferner liefen“, als zusätzliches Instrument, eingeordnet, inzwischen ist es aber in der Skala möglicher Werbeformen und Ansprechmittel für Kunden und Interessenten (Prospects) weiter nach oben gerutscht. In einer weiteren Aberdeen-Untersuchung vom September 2010 ("Sales and Marketing Alignment: Collaboration + Cooperation = Peak Performance“) haben 78 Prozent der Befragten angegeben, sie würden bereits E-Mail-Marketing einsetzen und so versuchen, für das Jahr 2011 die Umsätze in die Höhe zu treiben.
Laut Aberdeen gelingt dies aber nur, wenn dieses Werbemittel durch andere, eher klassische ergänzt wird. In der zuerst zitierten Untersuchung vom Dezember 2010 ist klar herausgenommen, dass 52 Prozent aller Befragten mit Budgetbeschränkungen zu kämpfen haben. Gleichzeitig ist aber in der Krise der Konkurrenzdruck unter den Retailern härter geworden. Als Konsequenz aus beiden Faktoren – mehr Wettbewerb, aber weniger Geld für Werbemittel – setzen viele Retailer, besonders im reinen Online-Geschäft, verstärkt auf das günstigere E-Mail-Marketing.
Es geht in diesem Prozess nicht nur um "make more with less“, sondern auch um die unterschiedliche Natur der neuen Werbemittel, die im Internet-Zeitalter zur Verfügung stehen. Die Aberdeen Group schreibt: "An Interessierte und Kunden heranzukommen ist fast unmöglich angesichts der Ausbreitung des Internets, der unzähligen Social-Media-Angebote und dem immensem Wachstum bei E-Mails, SMS und MMS. Alle, auch die möglichen Kunden, werden pausenlos bombardiert mit irgendwelchen Informationen. Die digitale Revolution hat es in steigendem Maße schwierig gemacht, Marketing-Botschaften hörbar und relevant zu machen.“
E-Mail-Marketing ist dennoch für die große Mehrheit (83 Prozent) der Befragten so interessant, weil es neben den niedrigen Kosten vor allem eine persönliche Ansprache erlaubt. Je mehr man über die Adressaten weiß, umso größer kann die Erfolgsquote – ein Einkauf – sein. Entsprechende Software-Tools vorausgesetzt, legt wohl jeder Retailer eine möglichst umfangreiche Kartei über die Mail-Adressaten an: Was wurde in der Vergangenheit angeklickt? Was wurde gekauft? Sind bestimmte Muster erkennbar? Was könnten weitere Produkte sein, die man bewerben kann?
Allerdings: Wenn das alle so machen, steigt die Flut der Werbe-E-Mails immer weiter an, und König Kunde dürfte immer mehr aussortieren, ohne überhaupt einen Blick in die Botschaft zu werfen. Da helfen auch keine noch so reißerischen Header mehr.
Kennzahlen für erfogreiches E-Mail-Marketing
Marketiers werden natürlich diesen Ausschuss einkalkulieren. Und an E-Mail-Marketing festhalten. Eine vergleichbare Personalisierung ist auf dem klassischen Papierweg per Post eine wesentlich teuere Angelegenheit. Und man kann eben nicht kontrollieren, ob der Angeschriebene zumindest den Umschlag geöffnet hat. Im Internet dagegen wird jeder Klick sofort festgehalten und später ausgewertet.
Übrigens: Telefonmarketing ist in einigen Ländern schon verboten. Und Vertreter, die an der Haus- oder Wohnungstür klingeln, mussten auch schon die Erfahrung machen, dass diese Verkaufsmasche nicht mehr so besonders beliebt ist. Erfolgreiches E-Mail-Marketing sollte sich deshalb dieser Gefahren bewusst sein und dieses so verlockende Instrument nicht überstrapazieren.
Die Aberdeen Group hat erfolgreiche Anwender von E-Mail-Marketing anhand von drei Kategorien ausgemacht und folgende Zahlen ermittelt:
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25 Prozent der Verkäufe wurden generell durch Marketing erzeugt. Das Schlusslicht bilden Unternehmen, die nur vier Prozent auf diese Weise anstoßen konnten.
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21 Prozent mehr Umsatz als im Vorjahr kamen durch E-Mail-Kampagnen zustande, verglichen mit nur zwei Prozent bei den weniger erfolgreichen Firmen.
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Um elf Prozent ist die Durchklick-Rate bei massenhaften E-Mail-Aussendungen im Jahresvergleich angestiegen. Das Schlusslicht bilden Retailer, die nur auf ein Wachstum von ein Prozent gekommen sind.
Das Gesamtkonzept entscheidet
Erfolgreiches E-Mail-Marketing muss im Gesamtkonzept der Werbemaßnahmen gesehen werden. So sollte die Personalisierung genau abgewogen sein, und es sollten nicht pausenlos E-Mails an Interessierte und Altkunden verschickt werden. Außerdem muss die Auswertung mit bewährten Tools wie Data Warehousing und Business Intelligence erfolgen. Es kann sich zum Beispiel herausstellen, dass es mehr bringt, nur eine kleine Gruppe von Highend-Kunden anzusprechen als die große Masse.
Außerdem spielen nach wie vor Faktoren wie Produktqualität, schnelle Lieferung, Aufbau und Gestaltung der Webseite oder Rückgabemodalitäten eine Rolle. So hat zum Beispiel Apple erst jetzt die Regelung zurückgenommen, Kunden bei Rückgabe von Artikeln mit zehn Prozent des Verkaufspreises wegen angeblicher "Lagerprobleme“ zu belasten.