Kommunikation

Warum es noch nicht ohne E-Mail geht

22.04.2013 von Andrea König
2016 sollen täglich 144 Milliarden geschäftliche E-Mails verschickt werden. Die Masse an elektronischen Nachrichten fordert IT-Abteilungen, die Zukunft sehen viele in Cloud-basierten E-Mails und einem Portfolio an Kommunikationstools.
2016 sollen täglich 144 Milliarden geschäftliche Mails verschickt werden.
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"Mails machen sich wichtig, ohne es immer zu sein", hieß es Ende März in einem Beitrag im ZDF heute journal zur E-Mail-Flut. Die Radicati Group veröffentlichte im vergangenen Jahr Zahlen, nach denen weltweit bereits heute täglich 89 Milliarden geschäftliche Mails verschickt werden sollen. Bis zum Jahr 2016 soll diese Zahl auf knapp 144 Milliarden klettern. Dieser rasante Anstieg gilt nur für Business-Nachrichten, die Anzahl der Privatmails soll in den kommenden Jahren sogar leicht abnehmen.

Und das, schreibt Howard Baldwin von unserer amerikanischen Schwesterpublikation Computerworld, bedeutet, dass Angestellte noch mehr Zeit mit ihren Posteingängen verbringen. Sie lesen Mails auf dem PC, dem Smartphone und dem Tablet und erhalten obendrauf zahlreiche Benachrichtigungen für Neuigkeiten zu ihren Social Media-Profilen.

Für IT-Abteilungen bedeutet die Masse an Nachrichten unter anderem, dass sie sich mit Mitarbeitern auseinandersetzen müssen, die ständig an die Speicherkapazität ihrer Postfächer stoßen. Auch die Kosten sind nicht zu unterschätzen: Bereits 2010 kalkulierte die IT-Beratung Gartner mit 192 US-Dollar pro Mitarbeiter.

"Warum dieser Wahnsinn?", fragt Baldwin in seinem Artikel. Weil es nun mal funktioniert. "E-Mails sind eine effiziente Möglichkeit zur Kommunikation und das fast in Echtzeit", bringt Phil Bertolini, CIO des Oakland County im US-Bundesstaat Michigan, die Pluspunkte auf den Punkt. Forrester-Analyst Rob Koplowitz betont, dass E-Mails uns ermöglichen, sicher mit einer oder mehreren Personen gleichzeitig zu kommunizieren.

Auch wenn viele über ihr persönliches E-Mail-Volumen stöhnen, der Verzicht ist noch keine Alternative. Unternehmen wie Atos, die diesen bereits öffentlichkeitswirksam ankündigen, bleiben die Ausnahme. CIOs und E-Mail-Experten sind sich laut Baldwin jedoch einig, dass die Entwicklung nicht so weiter verlaufen kann wie bisher. E-Mails müssen schlauer und leichter nutzbar werden. Und auch die Menschen selbst müssen an ihrem Umgang mit den elektronischen Nachrichten arbeiten.

Zukunft in der Verschmelzung von Tools

Viele verbindet mit E-Mails eine Hassliebe. Durch Mails ist man auf dem Laufenden und kann Nachrichten verschicken - ganz unabhängig davon, ob der Empfänger selbst gerade online ist oder nicht. Darüber hinaus nutzt man die Nachrichten, um Aufgaben oder Abläufe zu dokumentieren. Für den oben zitierten CIO Phil Bertolini sind Mails nach wie vor das Kommunikationsinstrument seiner Wahl. Denn er sieht die E-Mail als ein Tool, dem die Nutzer vertrauen und das von den Massen genutzt wird.

Doch ihre Zweckmäßigkeit und Allgegenwärtigkeit kann man E-Mails sowohl als Vor- als auch als Nachteil auslegen. Das Problem liegt für Forrester-Analyst Koplowitz darin, dass Mails heute für viele Dinge genutzt werden, für die sie eigentlich nicht geeignet sind. Denn im Berufsalltag kursieren Nachrichten für Terminvereinbarungen, zum Workflow, für Ressourcenmanagement, Archivierung, Dokumentenmanagement, Projektmanagement und sogar Wissensmanagement. Natürlich gibt es zum Beispiel Software für das Wissensmanagement oder interne Social Media-Tools. Doch oft ist der Posteingang auch mit diesen Lösungen beschäftigt, weil Mitarbeiter sich die Benachrichtigungen per E-Mail schicken lassen.

Vielen IT-Abteilungen bereitet die Mail-Flut Kopfschmerzen, denn sie müssen sich verstärkt mit Themen wie Datenvolumen, Compliance, IT-Sicherheit, Mails auf mobilen Geräten und Mail-Support auseinandersetzen. Auch das Passwortmanagement oder Backups fordern die IT-Abteilungen. Eine Möglichkeit, mit den Nachteilen besser zurechtzukommen, sind Cloud-basierte E-Mail-Programme. Viele Lösungen enthalten direkt Archivierungs- und Compliance-Funktionen. Wer Cloud-basiert arbeitet, hat mehr Speicherplatz zur Verfügung und spart sich die vorher benötigten Server. Doch auch wenn es so einfach klingt, zögern Unternehmen oft aus Sicherheitsbedenken heraus.

IT-Abteilungen beginnen allmählich damit, die E-Mail nicht mehr als Silo zu betrachten sondern als ein Puzzlestück in einem Portfolio an Kommunikationstools. Für viele Mitarbeiter zählt dazu zum Beispiel Instant Messaging. Auch Videokonferenzen und interne Social Media-Angebote gehören dazu. Analysten erwarten, dass diese unterschiedlichen Tools in den kommenden Jahren verschmelzen werden und man dann die für den jeweiligen Kommunikationsanlass passende Lösung nutzt. Wie das die Anzahl geschäftlicher E-Mails beeinflussen wird, lässt sich noch nicht abschätzen.