Wie setzen Firmen innovative Ideen mittels künstlicher Intelligenz (KI) in der Praxis um? Diese Frage untersuchte die Boston Consulting Group in einer aktuellen Studie unter rund 2.500 Innovation Leadern weltweit. Die Berater kommen zu dem Ergebnis, dass effektive KI die Nutzung von Plattformen und den Zusammenschluss zu Ökosystemen voraussetzt.
Die BCG stellt ein Ranking der fünfzig innovativsten Unternehmen weltweit auf. Die Top Ten bilden Alphabet/Google, Amazon, Apple, Microsoft, Samsung, Netflix, IBM, Facebook, Tesla und Adidas. Außerdem gehören BASF (Rang 12), Siemens (16), Bayer (Rang 24), die Allianz (Rang 26), BMW (Rang 27), SAP (Rang 28), Volkswagen (Rang 38) und Daimler (Rang 47) dazu.
Die These zur Relevanz von Plattformen und Ökosystemen stützt die BCG auf Vorreiter wie Amazon und Google. Alphabet/Google agiert ohnehin nach dem Motto "AI first" (Artificial Intelligence). Beispielhaft für das Ergebnis eines Ökosystems ist Waymo, ein Ende 2016 als Tochterfirma gegründetes Unternehmen zur Entwicklung von Technologien rund um autonomes Fahren.
Auf die Frage, welche Bereiche in den kommenden drei bis fünf Jahren die stärkste Wirkung entfalten werden, liegen Technologie-Plattformen mit 41 Prozent der Nennungen vorn. Jeder Dritte (33 Prozent) will in solche Plattformen investieren. Die BCG betrachtet sie als notwendige Technologie für den Aufbau von Ökosystemen. Sinn einer Plattform sei es, hohe Service-Levels und eine nahtlose Zusammenarbeit zu gewährleisten.
Ökosysteme wiederum sind die Basis dafür, den Nutzen künstlicher Intelligenz voll zu entfalten. Die These der Berater: viele Innovationen werden nicht in den Unternehmen selbst geboren, auch, wenn diese sie dann umsetzen, sondern außerhalb. Die BCG nennt als Beispiel eine Gruppe finnischer Wissenschaftler, die vielversprechende Ideen im Kampf gegen Prostata-Krebs entwickelt und damit einen globalen Wettbewerb gewonnen hat. Die Studienautoren betonen zwei Aspekte: der gesamte Wettbewerb lief über eine Cloud-basierte Plattform und das Sieger-Team hatte sich nie zuvor in der Krebsforschung engagiert.
Was Ökosysteme leisten
Ökosysteme können durch einen mehr oder weniger zentralen "Orchestrierer" gemanagt werden oder sehr dezentral funktionieren. Grundsätzlich erfüllen sie laut BCG verschiedene Zwecke:
1. Aufbau von Fertigkeiten aus verschiedenen Industriezweigen: 83 Prozent der Unternehmen, die sich an Ökosystemen beteiligen, kooperieren mit Partnern aus mindestens vier verschiedenen Branchen. So schließt sich zum Beispiel ein Hersteller von Haushaltsgeräten mit Anbietern von Sensoren, Kameras, Software und Robotik zusammen. Stichwort Autonomes Fahren: die BCG schätzt, dass sich hier künftig 30 Player aus fünf verschiedenen Branchen um ein Angebot herumgruppieren, wobei der ursprüngliche Automobilbauer das Ganze orchestriert.
2. Entwicklung neuer Produkte und Services: Hier sehen die Berater Alibaba als Vorbild. Den Kunden wird alles von der Reise über Entertainment, Spiele und Finance bis hin zu Transport und E-Commerce geboten. Durch intelligente Datenauswertung zielt Alibaba auf immer stärker personalisierte Services ab.
3. Sammeln und Nutzen von Daten: Insbesondere im Geschäftskundenbereich helfen Ökosysteme den einzelnen Teilnehmern, sich zum datengetriebenen Unternehmen zu entwickeln.
4. Geistiges Eigentum zugänglich machen: Die BCG will ihre Studie nicht als Abgesang auf den traditionellen Schutz des geistigen Eigentums verstanden wissen. Doch gerade im Hinblick auf das Internet der Dinge (IoT, Internet of Things) ständen sich zwei Lager gegenüber: High-Tech-Firmen mit vielen guten Ideen einerseits und große Produzenten industrieller Güter mit ihren Produktionsanlagen auf der anderen Seite. Ökosysteme bringen diese Kräfte zusammen.
Klassische Grenzen lösen sich auf
5. Physische und digitale Kanäle verschmelzen: Amazon mit dem Kauf von Whole Foods oder Siemens mit seinen Initiativen rund um das IoT zeigen, wie die haptische und die virtuelle Realität zusammenwachsen, um den Endkunden ein möglichst nahtloses Erlebnis zu bieten.
6. Neue Technologien vorantreiben: Dieser Punkt bezieht sich insbesondere auf sehr zukunftsorientierte Technologien wie Quantum Computing und Synthetische Biologie. Sollen hier neue Märkte erschlossen werden, erfordern sie Ökosysteme aus Wissenschaftlern, Geldgebern, Unternehmern und weiteren Partnern.
Klassische Grenzen lösen sich auf, neue Partnerschaften entstehen, schlussfolgert die BCG. Produkte und Services gerieten zunehmend komplexer, so dass Spezialisten mit tiefem Fachwissen zusammenarbeiten müssten.