Giving Shape to Ideas -so lautet das Motto der 41.500 Mitarbeiter starken japanischen Konica-Minolta-Gruppe. Der Unternehmensbereich Business Solutions widmet sich dem Dokumentenlebenszyklus im Office- und Produktionsbereich. Dazu gehört unter anderem das Output-Management, sprich: Consulting, Realisierung und Betrieb für Print-Services einschließlich Geschäftsprozessoptimierung, Managed Document Services sowie Cloud- und Mobile Printing.
Für die ITSM-Spezialisten des Unternehmens ist der Wandel vom Hardwarehersteller zum Dienstleister eine Herausforderung. "Es gilt, immer komplexere Service-Levels durchgehend zu messen und strukturell abzubilden", sagt Mark Lippert, IT-Service-Manager und verantwortlicher ITSM-Koordinator beim Konica Minolta Business Solution Center Europe.
Selbstverständlich soll das Ganze auch noch im Einklang mit dem ITIL-Standard geschehen, wie Lippert ergänzt. Wichtig sei es deshalb, die Serviceerbringung kontinuierlich zu überwachen, um jederzeit den Überblick über technische und zeitliche Probleme zu behalten. Angesichts der global aufgestellten Kunden-unternehmen ist zudem ein zentrales Reporting über alle Regionen hinweg gefragt.
Produkte beim Kunden mitverwalten
In der Vergangenheit hatten die einzelnen Länder heterogene Management-Tools für den Service-Desk im Einsatz, teilweise Erweiterungen innerhalb der ERP-Systeme SAP und MS Navision. Aber immer stärker zeichnete sich der Bedarf nach einer einheitlichen Lösung ab. Und weil die eigenen Produkte bei den Kunden Teil von IT-Infrastrukturen sind, lag der Gedanke nahe, sie im Rahmen eines IT-Service-Management-Systems mitzuverwalten.
Die Daten liegen in Deutschland
Eine eigenentwickelte Lösung kam aus Zeitgründen nicht in Frage. Auch die vorhandene ITSM-Lösung "Frontrange" schied wegen mangelnder Skalierbarkeit aus; für die in der letzten Ausbaustufe vorgesehene Zahl von Kundendatensätzen reichte die Größe nicht. Die Alternative, eine andere externe Lösung komplett in der eigenen IT-Landschaft unterzubringen, war laut Lippert ebenfalls zu zeitintensiv.
Auf einer User-Konferenz des ITSM-Anbieters BMC traf Lippert auf den IT-Dienstleister TUI Infotec und dessen Cloud-Angebot "ITSMile", das auf der "Remedy Suite" von BMC beruht. Der ITSM-Koordinator sah hier eine Lösung für sein Anliegen, zumal der IT-Dienstleister aus Hannover einen dicken Pluspunkt verbuchten konnte: "Besonders wichtig war uns, dass die Daten in Deutschland auf den Servern eines deutschen Dienstleisters liegen und eine direkte persönliche Kommunikation möglich ist."
Lippert verhehlt nicht, dass es intern auch Zweifel an der Cloud-Variante gab. Die Skepsis habe sich allerdings zum Teil dadurch entkräften lassen, dass TUI Infotec nach ISO 20000 zertifiziert sei und die Einhaltung deutscher Datenschutzstandards garantiere. Darüber hinaus sei ein Großteil der Mitarbeiter des Providers nach ITIL V3 zertifiziert.
Als Vorteil sieht der IT-Service-Experte auch, dass bei der Einführung des Cloud-ITSM kein internes Wissen über das System aufgebaut zu werden brauchte: "Wir mussten lediglich die fachlichen Anforderungen beschreiben. Die Installation und der Aufbau im Rechenzentrum lagen bei TUI Infotec." Auch um Updates und Pflege des ITSM kümmert sich der Dienstleister. Bezahlt wird nach Pay-per-User-Modell.
Eine Hürde im Vorfeld
Anfang 2012 legten die Projektpartner los. Sechs Monate dauerte die Umsetzung im Konica Minolta Business Solutions Center Europe in Langenhagen. Zunächst wurden Schnittstellen zu Mail-Servern und Reporting-Tools geschaffen sowie technische Inhalte in ITSMile übernommen. Hinzu kamen Stammdaten wie Kontakte, Services und Geräteinformationen, die für das Erstellen von Tickets nötig sind.
Im Vorfeld war eine wichtige Hürde zu nehmen: Die insgesamt 30.000 deutschen Kunden waren mit Remedy nur schwer zu handhaben. Auch die Rechteverwaltung stieß an Grenzen. Und im globalen ITSM ging es noch einmal um ganz andere Datenmengen. TUI Infotec entwickelte daraufhin Änderungsvorschläge; die habe der Softwareanbieter BMC innerhalb eines Monats adaptiert, wie Lippert versichert.
Möglichst nah am Standard
Rückblickend habe sich "der Einstieg mit dem überschaubaren Projekt in Langenhagen bewährt", so Lippert. So konnte das Team in Ruhe überlegen, wie sich die Vielzahl an Folgeprojekten optimal organisieren ließe - übrigens mit einem Sharepoint Server.
Zu Projektbeginn stand noch die Idee im Raum, das bestehende System mit seinen Prozessen möglichst ähnlich nachzubauen. Zeitgründe sprachen dann aber dafür, sich stärker am Standard zu orientieren. Eine sinnvolle Entscheidung, urteilt Lippert heute.
Unter den 23 Gesellschaften in Europa wurde dann Tschechien als repräsentativer Standort mit IT-, Drucker- und Multifunktionsgeräte-Service für ein Pilotprojekt auserkoren. Innerhalb eines halben Jahres, also um die Jahreswende 2012/2013, war der Pilot fertig. Die tschechische Lösung dient nun als Vorlage für alle Länder, die MS Navision nutzen. Mittlerweile sind auch Österreich und Malta damit live gegangen.
Derzeit wird Konica Minolta in Frankreich, wo ein SAP-System läuft, mit dem ITSM-System ausgestattet. Dieser Pilot soll bis zum Herbst 2014 fertig sein. Dann dient die Implementierung als Template für die anderen Länder, die ein ERP-System von SAP im Einsatz haben.
Konica Minolta arbeitet monatlich rund 4500 Service-Tickets über ITSMile ab - Tendenz steigend. Hauptaufgaben der Lösung sind neben dem Service-Desk die automatisierte Erkennung von IT-Assets, die kontinuierliche Überwachung der IT-Landschaft und die sofortige Information über Fehlfunktionen mittels Monitoring- und Reporting-Tools. Sämtliche Änderungen werden in der Configuration-Management-Database (CMDB) dokumentiert.
Request-Portal für die Kunden
Im Service-Request-Portal finden die Kunden nach dem Log-in sämtliche Services von Konica Minolta in übersichtlicher Form. Hier können sie auch den aktuellen Stand von Fehlermeldungen nachschlagen. "Das Kundenportal für Requests sorgt dafür, dass sich viele Dinge ganz schnell am Service-Desk vorbei adressieren lassen", erläutert Lippert, "das bringt weitere Entlastung, denn die Anfragen werden automatisch an zuständige Gruppen geleitet."
Demnächst auch in Deutschland kommt das Knowledge-Management-System zum Einsatz. "In Tschechien wurde die vorhandene Wissensdatenbank nach Remedy überführt, jetzt werden hier Artikel freigegeben und eingestellt", berichtet Lippert. Die Kunden nutzen das Wissenssystem direkt; ein Ticket wird erst erstellt, wenn sie dort keine Lösung finden.
Der internen IT von Konica Minolta kommt vor allem die höhere Transparenz in der Hardwarelandschaft zugute. "Wir haben schon frühzeitig die Verbindung zwischen der Remedy-Datenbank und unseren Systemen, vor allem der Hardware, synchronisiert", führt Lippert aus: "Das versetzt uns jetzt in die Lage, Abhängigkeiten zwischen Komponenten und Prozessen auf einen Blick zu erkennen."
Die CMDB erkennt das Gerät
Im nächsten Schritt wurde dann die CMDB um die Maschinen draußen beim Kunden erweitert. Eine einheitliche Equipment-Nummer sorgt dafür, dass bei jedem Anruf und jedem Ticket sofort klar ist, um welchen Kunden und welches Gerät an welchem Ort es sich handelt. Diese Informationen erscheinen automatisch im Service-Ticket.
"Grundsätzlich konnten wir unsere Service-prozesse straffen und beschleunigen", so Lipperts Fazit, "insbesondere für das Zuweisen von Tickets." Beinahe noch wichtiger: Das Unternehmen sei nun in der Lage, SLAs automatisch zu messen, was eine "deutliche Effizienzsteigerung" bedeute. Zuvor sei bei Kunden mit komplexen Verträgen oft viel Zeit für die manuelle SLA-Überwachung draufgegangen.
Ausblick in die nähere Zukunft
In den kommenden zwei bis drei Jahren sollen alle Länderniederlassungen das System nutzen. Die IT in Hannover wird dann die weltweite Koordination des Konica-Minolta-Service erledigen und dabei auf einen konsolidierten Datenstamm zugreifen. Wenn sich Kunden künftig an eine Sammelnummer wenden, um Incidents zu melden, wird das Ticket intern direkt an einen Techniker im jeweiligen Land gegeben oder gleich in der Zentrale erledigt. (qua)
Die Lehren aus dem Projekt
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Für einen Anbieter von service-intensiven Produkten ist es quasi logisch, die Kunden in das eigene ITSM zu integrieren.
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Software aus der Cloud ist am effizientesten, wenn sie im Standard verwendet wird.
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Passt sie nicht, kann man als Großkunde den Provider durchaus zu Nachbesserungen bewegen.
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Datenspeicherung im Inland und einschlägige Zertifikate helfen, Cloud-Skeptiker zu beruhigen.
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Bleibt das Pilotprojekt überschaubar, lässt sich die weitere Planung entspannter gestalten.