Die Auslagerung von IT Dienstleistungen wie auch zunehmend Geschäftsprozessen hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. Insbesondere im Business Process Outsourcing (BPO) stand dies stark im Zusammenhang mit der Nutzung von Niedriglohnstandorten, wie Indien oder Rumänien. Diese Länder haben ihre Arbeitsmärkte wettbewerbsfähig gemacht und so auch ihren Wohlstand steigern können.
Interessant ist vor allem die Expertise, die in diesen rasant wachsenden Märkten aufgebaut wurde. Es sind - gerade im Fall von Indien - längst nicht mehr "nur" Billiglohnländer, sondern Länder die über wichtiges Fachwissen verfügen. Dies bedeutet aber auch, dass die Lohnkosten in den sogenannten Near- und Offshore-Standorten rasant ansteigen.
BPO- und auch IT-Dienstleister kalkulieren die Entwicklung der Lohnsteigerungen in diesem Segment heute schon mit ein. Der Fokus verschiebt sich von Kostenoptimierungen immer stärker in Richtung Prozessoptimierungen. So werden die manuellen Teile der Arbeit durch Automatisierung und Workflow-Technologien so weit wie möglich reduziert. Das heisst auch, dass die Prozesse damit weitgehend technologisiert werden.
Fokus auf Transformation und Best-Practice-Prozessen
Der traditionelle BPO-Markt bewegt sich weg vom 'lift and shift' hin zu einem stärkeren Fokus auf Transformation, zu Best-Practice-Prozessen, die so strukturiert sind, dass sie mehr als nur eine Verbesserung der Kostenstruktur bringen. Sie bringen den Unternehmen insbesondere mehr Flexibilität und eine höhere Agilität. Damit können diese zum Beispiel neue Produkte schneller auf den Markt bringen, in kürzerer Zeit in neue Märkte vorstossen oder eine höhere Kundenzufriedenheit erreichen.
Typischerweise können mit BPO Einsparungen von 20 bis 30 Prozent erreicht werden, abhängig davon, auf welchem Stand das jeweilige Unternehmen mit der Optimierung seiner Prozesse ist. Die Einsparungen werden durch die Nutzung von Niedriglohnstandorten, durch eine Standardisierung der Prozessschritte, durch Automatisierung und Workflows in den Prozessen und letztlich auch durch die Skaleneffekte, die ein externer Anbieter erzielen kann, erreicht.
HP, Accenture, IBM, Capgemini oder Tata haben BPO entdeckt
Die meisten IT-Outsourcer haben signifikante Fähigkeiten in BPO-Aktivitäten entwickelt. Anbieter wie HP, Accenture, IBM, Capgemini oder Tata Consultancy Services haben BPO als strategisches Wachstumsfeld identifiziert und bauen den Bereich teilweise sehr aggressiv aus. Der BPO-Markt bietet im Schnitt sehr gute Margen, weil er noch nicht so stark kommoditisiert ist wie Teile des IT-Outsourcing-Marktes. Zudem sind hier auch noch deutlich höhere Wachstumsraten zu erzielen.
Generell kann man sagen, dass der IT-Outsourcing-Markt im mittleren einstelligen Bereich wächst, eine gute Reife und auch eine hohe Wettbewerbsintensität erreicht hat. Das drückt auf die Preise und Margen. Beim BPO liegen dagegen die Wachstumsraten noch im zweistelligen Bereich.
Demgegenüber ist der BPO-Markt in den USA oder in Großbritannien schon deutlich reifer. Für diesen unterschiedlichen Entwicklungsstand gibt es drei Gründe:
3 Gründe, warum BPO in Deutschland noch richtig angekommen ist
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Erstens: Die Auslagerung von Geschäftsprozessen hat in den angelsächsischen Märkten ihren Ursprung, im öffentlichen Sektor, um genau zu sein. Dabei ging es zum Beispiel um die Administration von Sozialdienstleistungen der Regierung an die Haushalte oder lokale Steuererhebung, die von externen Anbietern erbracht wurden. Dank dem öffentlichen Sektor entstand ein Markt für BPO-Anbieter, der sich dann auch auf die Privatwirtschaft ausweitete.
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Zweitens: Der Fokus auf die Verlagerung in Länder wie Indien war für jene Länder am einfachsten, die die gleiche Sprache sprechen, also Englisch. Also waren sie auch die ersten, die damit begannen. Insbesondere England hat, historisch bedingt durch den Commonwealth, enge Verbindungen zu Indien.
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Drittens: In den angelsächsischen Ländern gibt es traditionell eine höhere Risikobereitschaft. Man wagt dort eher etwas neues, also zum Beispiel BPO, als in den kontinentaleuropäischen Ländern.
Business-Process-as-a-Service’ oder Platform-BPO
PAC sieht jedoch die Entwicklung von Cloud Computing Modellen als einen Wachstumstreiber für BPO-Aktivitäten - insbesondere in Europa. Solche Cloud-Computing-Modelle, oder wie wir sagen ‘Business-Process-as-a-Service’ oder ‘Platform-BPO’, sind in Teilen des BPO-Marktes schon weit verbreitet. Beispiele sind Lohn- und Gehaltsabrechnung, Schadensregulierung bei Versicherungen oder Zahlungsabwicklungsprozesse für Banken oder Einzelhändler. Diese werden heute schon hochstandardisiert für mehrere Kunden auf der gleichen Plattform angeboten.
Der Hauptunterschied zum ‘traditionellen’ BPO, wo der Dienstleister oft eine bestehende Softwareapplikation übernimmt oder mit seinen Mitarbeitern auf den Systemen des Kunden arbeitet, liegt in der Bereitstellung (und dem Betrieb) einer standardisierten Technologie-Plattform. Diese wird im Idealfall für mehrere Kunden gleichzeitig eingesetzt und kann mit wenigen, aber mit den Prozessen eng vertrauten, Mitarbeitern betrieben werden.
Der Hauptunterschied zum traditionellen BPO
PAC erwartet, dass solche ‘Platform BPO’ Lösungen die nächste Welle von BPO-Initiativen bestimmen und das BPO Wachstum beschleunigen wird. Die stärkere Technologisierung von BPO-Diensten spielt in die Hände der IT-Dienstleister.
Katharina Grimme ist Principal Consultant Outsourcing & BPO Markets im Analysten- und Berater-Team von PAC.