Meetings sind schon seit Jahrzehnten ein Problem. Sie werden oft als Pauschallösung für ungelöste Probleme eingesetzt. Und der chronische Mangel an Besprechungsdisziplin führt dazu, dass trotz der vielen Zeit, die die Teilnehmer miteinander verbringen, wenig erreicht wird.
In einer Welt, in der remote, hybride und flexible Arbeitsformen gang und gäbe sind, entwickeln sich Meetings in vielen Unternehmen zu einer Art Dauerkrise. Sie schaden der Produktivität und beeinträchtigen die Arbeitsmoral. Und da viele Remote Worker beklagen, dass sie sich nicht verbunden fühlen, herrscht der Irrglaube vor, noch mehr Meetings seien die Lösung.
Die Abgekoppelten verbinden
Die Arbeit im Home-Office wäre so wunderbar - wäre da nicht ein Elefant im Raum: Viele Beschäftigte fühlen sich isoliert, allein und abgekoppelt von den Menschen, mit denen sie zusammenarbeiten, und von der Mission des Unternehmens. Das ist mehr als nur ein Gefühl. Eine kürzlich durchgeführte Gallup-Umfrage ergab, dass sich nur 28 Prozent der Telearbeiter mit der Mission oder den Zielen ihres Arbeitgebers identifizieren - der niedrigste Wert seit der COVID-19-Pandemie.
Das klingt wie ein starkes Argument für die Rückkehr ins Büro und gegen den Trend zur Telearbeit - allerdings fühlen sich auch nur 33 Prozent der Vollzeit-Büroangestellten so verbunden. Die mangelnde Verbundenheit der Mitarbeiter ist also ein Problem, das Telearbeiter und Büroangestellte gleichermaßen betrifft. Die Lösung sind also mehr Meetings, oder? Nun, nicht so schnell. "Meetings sind bei weitem das am meisten überstrapazierte Werkzeug", erklärt Molly Sands, Leiterin des Team Anywhere Lab von Atlassian. "Die Leute nutzen sie für alles und haben viel zu viele davon. Das ist kein neues Problem."
Die Problematik von Meetings scheint bekannt zu sein: 80 Prozent der Befragten gaben an, dass sie produktiver wären, wenn sie weniger Zeit in Besprechungen verbringen würden, so Sands. "Und mehr als die Hälfte der Leute erklärten, dass sie Überstunden machen, weil sie so viele Meetings haben, dass sie ihre Arbeit tagsüber nicht erledigen können", fügt sie hinzu. "Das ist ein echtes Effizienzproblem für Unternehmen."
Obwohl das Gefühl der Isolation im Büro insgesamt abnimmt, gibt es laut Sands keine Beweise dafür, dass sich die Menschen durch die Meetings selbst stärker verbunden fühlen.
Hybride Meetings, weniger Verbindung
Ein Teil des Problems ist, dass die neue Welt der Meetings - die normalerweise in Echtzeit über Videokonferenz-Tools wie Zoom, Cisco Webex, GoToMeeting, Google Meet, Microsoft Teams und BlueJeans stattfindet - weniger verbindet als persönliche Treffen. Darüber hinaus ermöglichen diese Tools Besprechungen zwischen Menschen auf der ganzen Welt, was ein neues Problem schafft. Die Anforderung, dass zwei, mehrere oder viele Personen die gleiche Zeitspanne für ein Echtzeit-Meeting aufwenden müssen, stellt ein großes Problem dar. Abhängig von der Zeitzone belastet dies einige Mitarbeiter mehr als andere. (Ein Telefonat um 14 Uhr in Kalifornien ist ein Telefonat um 22 Uhr in Deutschland - und ein Telefonat um 6 Uhr morgens in Japan).
Und es untergräbt das Ziel der flexiblen Arbeit, die für die Zufriedenheit der Mitarbeiter von entscheidender Bedeutung ist. Ein Mitarbeiter, der von zu Hause aus arbeitet und flexible Arbeitszeiten wünscht, wird diese Flexibilität nicht erhalten, wenn die Hälfte des Tages aus geplanten Echtzeit-Meetings besteht.
Die Home-Office-Revolution hat sich auch auf die Arbeit im Büro ausgewirkt, da auch dort ein viel größerer Anteil der Besprechungen mit Kollegen stattfindet, die nicht physisch anwesend sind. Die Folge: Sowohl Büro- als auch Mitarbeiter im Home-Office fühlen sich zunehmend isoliert und gleichzeitig durch Meetings gestresst.
Die Untersuchungen von Atlassian haben ergeben, dass der Schlüssel zum Erfolg neben einigen paar kurzen Update-Meetings pro Woche in der asynchronen schriftlichen und videobasierten Kommunikation liegt, die sich auf Prioritäten und Erkenntnisse konzentriert. Insbesondere die asynchrone Videokommunikation reduziert die Belastung durch Echtzeit-Meetings erheblich und bietet gleichzeitig viele der psychologischen Vorteile, die sich aus der Kombination der zeitlichen Flexibilität von E-Mails mit der persönlichen visuellen Befriedigung von Videoanrufen ergeben.
Um es auf den Punkt zu bringen: "Dank der neuen Technologien gibt es jetzt viele bessere Möglichkeiten, Informationen auszutauschen und sich zu vernetzen", erklärt die Atlassian-Managerin. "Das Beste daran ist meiner Meinung nach, dass wir erst am Anfang stehen."
AR- oder virtuelle Konferenzräume?
Augmented Reality und Spatial Computing versprechen, durch holografische Avatare ein noch besseres Gefühl der Verbundenheit zu schaffen. Das bedeutet, dass viele der Interaktionen im Büro, die ein Gefühl der Verbundenheit fördern, überall möglich werden. Das physische Vorbeischauen im Büro kann durch ein aufpoppendes Hologramm ersetzt werden. Die Gespräche an der Kaffeemaschine, die spontane Zusammenarbeit und das Brainstorming können in virtuellen Räumen stattfinden.
KI-Tools versprechen, die interne Kommunikation zu revolutionieren und Organisationen dabei zu helfen, ein Gefühl der Verbundenheit unter den Mitarbeitern zu schaffen, Kommunikationsbarrieren zu überwinden und die richtigen Daten aus der Unternehmenskommunikation für eine bessere Entscheidungsfindung zu gewinnen.
Die Fähigkeit generativer KI-Tools (GenAI), Inhalte zu analysieren und zu verarbeiten, bedeutet, dass die Kommunikation so aufbereitet werden kann, dass sie den Lernstilen, Informationsbedürfnissen und spezifischen Sprachen der Empfänger entspricht. Ein und derselbe Brief eines Managers kann von einem Mitarbeiter in ausführlicher Form, von einem anderen in Form einer Aufzählung und von einem weiteren als gesprochene "Voicemail" empfangen werden.
KI kann auch dabei helfen, Silos aufzubrechen und mehr Informationen aus dem gesamten Unternehmen auszutauschen, ohne die Mitarbeiter mit zeitraubenden Meetings zu belasten. So sind GenAI-Tools in der Lage, selbst große Mengen an hin- und hergehenden Informationen innerhalb eines Unternehmens zu erfassen und eine Stimmungsanalyse durchzuführen, die Führungskräften und Geschäftsführern mögliche Frustration, Verwirrung oder Orientierungslosigkeit aufzeigt. KI-Tools können sogar die kommunikative Schwarmintelligenz anzapfen und Mikro-Lerneinheiten für Mitarbeiter anbieten, die etwas nicht verstehen.
Zeit, Meetings neu zu denken
Alles in allem ist jetzt der perfekte Zeitpunkt, um alle Aspekte der Besprechungen zu überdenken, die jeden Tag in Ihrem Unternehmen stattfinden. Sie sind viel zu häufig, viel zu lang und viel zu ineffizient. Es ist an der Zeit, auf asynchrone und fortschrittliche Kommunikationsformen umzusteigen, die durch eine Reihe neuer Tools und neuer Managementpraktiken ermöglicht werden. Ihre überlasteten und überforderten Mitarbeiter werden es Ihnen danken. (mb)
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der US-Schwesterpublikation Computerworld.