"Schwierig", "weniger schnell als erwartet", "langsamer als notwendig" - mit solchen Attributen kommentiert die Universität Leipzig ihre Studie "Social Media Delphi 2012". Die Kommentare beziehen sich auf die Wünsche der Befragten im Gegensatz zur Realität. Befragt wurden nicht Informatiker, sondern 860 Kommunikations-Manager und 32 Social-Media-Experten.
Die Studienteilnehmer kommen aus Unternehmen wie BASF, Daimler, Henkel und Puma. Außerdem waren der Branchenverband Bitkom, die Max-Planck-Gesellschaft und weitere Organisationen dabei.
Zunächst ein paar Rahmendaten: Immerhin 76 Prozent der Befragten geben an, in ihrem Unternehmen hätten die Mitarbeiter die technische Möglichkeit zur Arbeit mit Social Media. In der Vorjahresstudie waren es erst 69 Prozent. Andererseits bestätigen nur 39 Prozent die Existenz eines Budgets für Social Media (Vorjahr: 17 Prozent).
Glaubt man den Befragten, hat nur jedes zweite Unternehmen Kompetenzen des Social-Media-Verantwortlichen definiert. Dieser Punkt wurde im Vorjahr nicht abgefragt. Social-Media-Guidelines bestehen in 39 Prozent der Unternehmen (2011: 31 Prozent).
Die Studienergebnisse lassen vermuten, dass das Vorgehen in puncto Social Media wenig planvoll ist. Nur 33 Prozent der Befragten wissen von Workshops oder Trainings (Vorjahr: 27 Prozent). Ebenfalls nur 33 Prozent kennen Zielvorgaben oder Strategiepapiere für den Social-Media-Einsatz (2011: 23 Prozent). Noch weniger Firmen legen Kennzahlen für die Erfolgskontrolle fest: es sind 23 Prozent (Vorjahr: 14 Prozent).
Dennoch behaupten 69 Prozent der Studienteilnehmer, das Top Management befürworte Social Media (Vorjahr: 48 Prozent). Hier mag es eine Rolle spielen, dass die Universität Kommunikations-Manager befragt hat, nicht Informatiker.
Die Studienautoren zitieren einen Manager Social Media Strategy eines DAX-Konzerns mit den Worten: "Hindernisse sind fehlendes Know-how in der eigenen Organisation und somit auch fehlende Veränderungsbereitschaft. Strategien und Budgets können nur bereitgestellt werden, wenn das Personal an Bord ist, das den Veränderungen begegnen kann und auch will."
Nicht jeder muss Social Media haben
Um es nicht bei der Enttäuschung zu belassen, schließt die Universität konkrete Handlungsempfehlungen für den Umgang mit Social Media an. Diese lauten:
1. Grundsatzfragen klären: Jedes Unternehmen muss sich zunächst fragen, ob soziale Medien für die eigenen Ziele überhaupt relevant sind. Erst danach geht es um Ressourcen, Organisation und Budget. Grundsätzlich gilt: Wer nicht formuliert, was via Social Media erreicht und welche Ziele verfolgt werden sollen, wird die Firmenspitze nicht von Investitionen überzeugen können.
Sollte die Entscheidung gegen Social Media fallen, empfiehlt es sich dennoch, soziale Netzwerde zu beobachten. Entscheider müssen wissen, was zum eigenen Unternehmen, zu unternehmensrelevanten Themen und gegebenenfalls zu Mitbewerbern gesprochen wird.
2. Guidelines einführen: Knapp die Hälfte aller Arbeitnehmer sind mittlerweile im Social Web aktiv, so die Studienautoren. Unternehmen brauchen daher Social Media Guidelines, um die Mitarbeiter aufzuklären, zu schützen und verbindliche Regelungen festzuschreiben.
3. Zeit und Geld bereitstellen: Social Media ist keine einmalige Aktion und auch keine Nebensache. Unternehmen, die sich dafür entscheiden, müssen einen "nicht unerheblichen personellen und finanziellen Aufwand" berücksichtigen, wie die Universität erklärt.
4. Alle Beteiligten einbeziehen und crossfunktionale Teams bilden: Social Media kann man nicht von oben verordnen. Das heißt: Entscheider müssen überlegen, welche Mitarbeiter in welche Entwicklungsprozesse einbezogen werden. Hinzu kommt die ständig wachsende Komplexität des Social Web. Diese erfordert Trainings und Schulungen. Großen und international agierenden Unternehmen raten die Studienautoren, Social Media Boards interdisziplinär zusammen zu setzen. Deren Aufgabe ist die strategische Ausrichtung und das Entwickeln von Leitplanken für die dezentrale Social-Media-Kommunikation.
Kontrollverlust akzeptieren
5. Dinge anders machen: Entscheider müssen verstehen, dass sie Social-Media-Kommunikation nicht kontrollieren können. Sie müssen bereit sein, sich auf Offenheit und eine grundsätzlich neue Kommunikationskultur einzulassen.