Amazon-Kontroverse

Warum wir Jeff Bezos brauchen (oder auch nicht)

16.04.2013 von Christiane Pütter
Amazon-Chef Jeffrey Bezos stellt langfristige Ziele wie Kundenbindung und Mitarbeiter-Loyalität über kurzfristigen Profit. Das Portal Business Insider kürt ihn zum Vorbild für Amerikas Wirtschaft. Literaturverleger Christopher Schroer dagegen hat ihm kürzlich die Zusammenarbeit aufgekündigt.
Amazon-Chef Jeff Bezos provoziert eine Diskussion über seine Firmenkultur - in den USA wie in Deutschland.
Foto: Amazon

Keine Angst vor großen Worten: "Ich bin unglaublich glücklich, Teil dieses großen Teams herausragender Missionare zu sein, die unsere Kunden genauso wertschätzen wie ich, und die das jeden Tag mit harter Arbeit demonstrieren", schreibt Jeffrey Bezos seinen Shareholdern dieser Tage. Seine Mission sieht der Amazon-CEO darin, langfristige Ziele wie Kundenbindung und Mitarbeiter-Loyalität über kurzfristige Gewinnmaximierung zu setzen. Auf lange Sicht zahle sich das für die wirtschaftliche Stabilität seines Unternehmens aus, ist Bezos überzeugt.

Nicht nur er. Henry Blodget, CEO und Chefredakteur des Portals Business Insider, halt Bezos Firmenpolitik für beispielhaft. Mehr amerikanische Unternehmen sollten diesem Modell folgen.

Blodget stellt Amazon Unternehmen wie AOL, Yahoo, eBay, Microsoft und auch Apple gegenüber. All diese strauchelten - eben weil sie kurzfristige Profitabilität zur obersten Priorität erklären und Investitionen in das langfristige Generieren von Wert vernachlässigen.

Der Journalist betrachtet das vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Entwicklung in den Vereinigten Staaten. Während viele Unternehmen den Gewinn steigerten, verdienten die Angestellten immer weniger. Blodget spricht sich für ein Umdenken aus.

Der Verleger Christopher Schroer hat Amazon die Zusammenarbeit aufgekündigt.
Foto: Ch. Schroer Literaturverlag

Das Loblied des US-Journalisten gibt jedoch nicht die kritische Diskussion über Amazon in Deutschland wider. Als "billig, geizig, monopolistisch" tituliert Fabian Leber vom Tagesspiegel den Versandhändler. Amazon war wegen des Umgangs mit Zeitarbeitern in die Kritik geraten. Das Einkaufen im Netz sei nun auch eine Gewissensfrage, so Leber.

Keine Fragen mehr hat Christopher Schroer. "Lieber Jeff Bezos, heute nehmen wir Abschied, wir kündigen unsere Zulieferer- wie auch Kundenkonten. Mit sofortiger Wirkung. Ohne Wenn und Aber und mit allen Konsequenzen", schreibt der Chef des Literaturverlages Ch. Schroer auf seiner Website. Er kritisiert unter anderem "luftige Buchungstricks" und "überzogene Rabattforderungen". Nicht als Partner fühlt sich der Kleinverleger von Bezos behandelt, sondern als Bittsteller.

Deutscher Verleger erhält Glückwünsche nach Amazon-Ausstieg

Foto: Amazon

Mitte Februar zog Schroer den Schlussstrich. Nach eigener Darstellung haben ihn seitdem mehr als 300 Nachrichten mit Glückwünschen erreicht. Auch in den USA sei dieser Schritt beobachtet worden, zum Beispiel auf mhpbooks.com.

Business Insider-Chefredakteur Blodget ficht das nicht an. Er lobt Bezos Investitionen in Prime, AWS, Kindle und anderes. Blodgets Credo: Weitsichtige Geschäftspolitik zahlt sich sowohl für Kunden wie für Shareholder aus.