Über allem steht das Thema Digitalisierung, welches aber eher unscharf definiert und oft missbraucht wird. Daher werden wir die relevantenTrends klarer benennen und analysieren.
Die Digitalisierung umfasst bei PAC hauptsächlich zwei Themen:
Marketing, Vertrieb und Customer Experience
Internet of Things (IoT; zu deutsch: das Internet der Dinge/Internet der Dienste) mit unterschiedlichen Ausprägungen wie Industrie 4.0, Connected Car, Smart Health/Smart Energy/Smart Cities etc.
Durch den Einsatz neuer Technologien wie Big Data/Analytics, Social Media, Mobility/ Connectivity und Cloud Computing entstehen neue Produkte und Dienstleistungen, aber auch Geschäftsmodelle, Prozesse und Wertschöpfungsketten. Neue Unternehmen entstehen (wie Amazon, eBay, Booking.com, Uber oder Spotify), während bestehende Unternehmen - mittlerweile in nahezu allen Branchen - unter Druck geraten und sich überdenken müssen.
IT wird immer wichtiger - die IT-Abteilung unwichtiger
"IT wird immer wichtiger - die IT-Abteilung wird aber (potenziell) unwichtiger" - so könnte man einen organisatorischen Trend der letzten Jahre beschreiben. Dass IT, gerade vor dem Hintergrund neuer Geschäftschancen durch Digitalisierung und Industrie 4.0, immer wichtiger für Unternehmen wird, bestreitet heutzutage niemand mehr. Aber auf der Risikoseite zeigt sich ein weiterer Trend: Die Abhängigkeit der Unternehmen von den eingesetzten IT-Systemen wird immer größer.
Im Gegensatz zum Stellenwert der IT wird die Bedeutung der IT-Abteilung bei den meisten Unternehmen immer noch gering eingeschätzt. Oft wird man mit dem Urteil "zu schlecht, zu langsam, zu teuer" konfrontiert. Dies ist zwar in den letzten Jahren insgesamt kontinuierlich besser geworden, allerdings droht sich die Lage mit dem aktuellen Paradigmenwechsel hin zur Cloud wieder zu verschlechtern.
IT-Betrieb versus Innovationen
Von der IT-Abteilung wird nicht weniger als ein sehr schwieriger Spagat gefordert: Zum einen müssen die laufenden IT-Services für das Unternehmen solide, sicher und kostengünstig geleistet werden, zum anderen müssen wichtige IT-Innovationen schnell und dynamisch eingesetzt und integriert werden.
Die IT in den Unternehmen soll sich somit in der Zukunft im besten Falle potenziell in zwei Richtungen entwickeln: als interner Dienstleister, der die bestehenden IT-Services solide betreibt und als wichtiger Business Innovation Enabler für zukünftige Innovationen durch und mit IT.
Die Wirksamkeit und Effizienz einer IT wird daran gemessen werden, wie solide und kostengünstig bestehende Kernsysteme (Legacy) betrieben werden und wie schnell wichtige Innovationen für das Geschäft adaptiert, integriert und in den (dynamischen) Regelbetrieb übernommen werden.
Oft wird erwartet, dass Effizienzsteigerungen im Legacy-Betrieb finanzielle wie personelle Freiräume für Investitionen in den neuen Themen ermöglicht. Bei der Effizienzsteigerung spielen die permanente Standardisierung und Konsolidierung der IT-Landschaft, die Migration zu Cloud-Computing-Modellen (ob SaaS, PaaS oder IaaS) und Offshore eine wesentliche Rolle. Dem Offshore-Konzept blieb Deutschland lange Zeit ziemlich verschlossen; die Akzeptanz hat allerdings in den letzten zwei Jahren massiv zugenommen.
Passende Organisationsform wird noch gesucht
Da es sich dabei um sehr unterschiedliche Aufgabenstellungen handelt, ist auch noch nicht abschließend geklärt, welche Organisationsform hierbei die höchste Effizienz und Erfolgswahrscheinlichkeit hat. Oftmals versucht die bestehende, klassische IT-Organisation die Integration von Innovationen und neuen technologischen Ansätzen quasi "neben dem Tagesgeschäft" zu realisieren und die neuen Systeme dann in den normalen Betrieb zu übernehmen. Dies scheitert allerdings oft, da die IT natürlich dem Betrieb des laufenden Geschäfts eine wesentlich höhere Priorität einräumt.
Daher werden IT-Innovationen oftmals in den Fachabteilungen angestoßen und auch in einen gewissen Betriebsmodus übernommen. Dies ist mittlerweile relativ üblich bei SaaS-Lösungen und funktioniert auch relativ gut, solange keine Integration oder End-to-End-SLAs notwendig sind. Langfristig führt dieses Vorgehen zu sehr heterogenen und "zersplitterten" IT-Services, die später in einem aufwändigen Projekt wieder konsolidiert und in einen effizienten Betrieb überführt werden müssen.
APIs lösen nicht alle Integrationsaufgaben
Darüber hinaus können die neuen, Frontoffice-Anwendungen die Kundenerwartungen nur erfüllen, wenn die Integration mit dem Backoffice perfekt funktioniert und die Backend-Prozesse (wie Logistik oder Rechnungswesen) neugestaltet werden. APIs (Application Programming Interface) helfen zwar bei der Integration; auch wenn das Konzept deutlich weiter als das alte EAI (Enterprise Application Integration) ist, werden APIs jedoch nicht alle Integrationsaufgaben lösen können.
Ein relativ neues, durchaus erfolgversprechendes Konzept ist die Herauslösung eines "Innovationsteams" aus der klassischen IT-Organisation, welches primär Projekte mit einem hohen disruptiven Innovationspotenzial übernimmt. Im Gegensatz zu den zwei vorigen Alternativen sind diese Mitarbeiter zwar auch nicht in die bestehende IT-Organisation fest eingebunden, kennen aber die Herausforderungen bei der Integration und insbesondere im Betrieb. Neue Profile wie Data Scientists und Business Analysts sowie ein Skills-Mix aus Informatik, Mathematik und Statistik werden benötigt, um neue Ansätze zu bewerkstelligen.
Der moderne Ansatz beruht darauf, dass diese Innovationsteams neue Applikationen und Systeme zusammen mit externen Dienstleistern und internen Know-How-Trägern entwickeln und dann in den Regelbetrieb übergeben. Dieses Konzept erscheint erfolgversprechend, allerdings fehlen noch belastbare Informationen zur Umsetzung in der Praxis.
Cloud, Big Data/Analytics und sogar IoT werden Realität
Cloud Computing und Big Data/Analytics sind schon einige Zeit auf dem Markt und ausreichend reif für den Unternehmenseinsatz.
Cloud Computing ist jetzt auch bei den mittelständischen Unternehmen angekommen und die Anpassung geht mit großen Schritten voran. Fast jedes Unternehmen nutzt jetzt irgendeine Form von Cloud Services, allerdings sind sich viele der Herausforderungen im Betrieb dieses Service-Modells noch nicht bewusst. Die standardisierten und sehr dynamischen Cloud-Plattformen brauchen ein komplett anderes Betriebskonzept im Vergleich zu eigenen Rechenzentrumsleistungen oder einem individuellen Outsourcing-Vertrag. Dies wird in den Jahren 2016 bis 2020 eine große Aufgabe für Infrastructure Management und Application Management in den Unternehmen sein.
Scrum und DevOps
Ebenso große Vorteile verspricht Agile/Scrum Development, mit dem Softwareentwicklungs-Projekte wesentlich schneller und mit besserer Qualität abgeschlossen werden sollen. Das Gegenstück dazu im IT-Betrieb ist DevOps, mit dessen Methoden der Betrieb der dynamischeren Entwicklung angepasst werden soll und z.B. mit kontinuierlichen Release-Wechseln den Anwendern wesentlich schneller neue Lösungen und Verbesserungen zur Verfügung gestellt werden sollen. Aber auch diese sehr positive Veränderung erfordert signifikante Veränderungen in den IT-Betriebsprozessen und -Skills, die erst relativ langsam in den nächsten Jahren umgesetzt werden (können).
Big Data und Analytics
Big Data/Analytics scheint aus der öffentlichen Wahrnehmung etwas zurückgedrängt worden zu sein, in der praktischen Umsetzung ist das Gegenteil der Fall. Gerade die neuen Business/IT-Treiber Digitalisierung und IoT fördern den Einsatz von Big Data/Analytics. Durch die (teilweise) zeitnahe Analyse größerer Mengen an strukturierten wie unstrukturierten Daten aus unterschiedlichen Quellen entstehen neue, datenbasierte Geschäftsmodelle und -strategien.
Von den fast 300 IoT-Fallbeispielen (hauptsächlich Industrie 4.0 und Connected Car), die PAC mittlerweile im PAC Innovation Register erfasst, analysiert und bewertet hat, nutzen ca. 70 Prozent Big-Data/Analytics-Methoden, um aus den Daten Informationen und schließlich Nutzen für die Unternehmen und Kunden zu gewinnen. Dieser eigentlich sehr positive Trend könnte aber in der Breite noch wesentlich stärker sein, wenn es nicht gerade in diesem Bereich einen starken Skill-Mangel geben würde. Diesem können die Unternehmen nicht nur durch Zukauf von IT-Services begegnen, sondern müssen auch ihre eigenen Mitarbeiter aus- und weiterbilden.
Artificial Intelligence und Open Source
Weitere Themen gewinnen in diesem Umfeld an Bedeutung: Artificial Intelligence, Open Source und Cyber Security. Bei Artificial Intelligence sind wir zwar noch am Anfang, jedoch wird dieses Konzept für immer mehr (vor allem) künftige Use Cases verwendet, insbesondere Industrie 4.0 und Connected Car.
Im Vergleich ist die Durchdringung von Open Source viel weiter vorangeschritten, auf unterschiedlichen Ebenen: Infrastruktur (Linux), Cloud Computing (OpenStack), Softwareentwicklungsumgebungen (Java), Integrationsplattformen (Application Server, API), Big Data (Hadoop).
IT-Sicherheit
Auch Cyber Security gewinnt weiterhin an Bedeutung. Einerseits in der kommerziellen und administrativen IT, wobei die Anforderungen sich ständig verändern: Die schlichte Sicherheit der Infrastruktur reicht längst nicht mehr aus, vielmehr geht es um einen ganzheitlichen Ansatz, um Datensicherheit, um Governance, um SOCs (Security Operation Centers); übrigens, auch in diesem Umfeld werden Big Data/Analytics und sogar Artificial Intelligence eingesetzt, um aus bestehenden Attacken mögliche, künftige Drohungen vorherzusehen und darauf zu reagieren.
Andererseits gewinnt Cyber Security auch in der technischen IT an Bedeutung, gerade im IoT-Umfeld. Hier werden die Risiken oft unterschätzt. Hoffentlich wird die Sensibilität vor dem ersten Ernstfall zunehmen.
Die Konvergenz von Legacy und Digital verlangt eine Strategie
Am Ende sollen beide Welten (Legacy und Digital) ähnliche Aufgaben erfüllen, wenn auch mit unterschiedlichen Ausprägungen: Agilität, Anpassungsfähigkeit, Flexibilität, Reaktivität, Skalierbarkeit, Schnelligkeit, Einfachheit, aber auch Sicherheit und Effizienz. Bei der Einfachheit geht es übrigens sowohl um den Benutzer - also um intuitiv benutzbare Anwendungen - als auch um den Betrieb - weg von der Komplexität hin zur "Lean IT".
Zusammen mit der notwendigen Integration macht es also Sinn, eine zukunftsfähige IT-Strategie zu definieren, die kurzfristig den notwendigen Freiraum für Innovation gewährleistet, jedoch beide Welten langfristig zusammenführt. Diese Strategie kann nur vom CIO kommen, der somit schon heute vor einer hochkomplexen Aufgabenstellung steht: Welche Technologien und Produkte bilden für mein Unternehmen die optimale, zukunftsfähige Plattform? SAP mit HANA und S/4HANA, AWS, Microsoft mit Azure, IBM mit SoftLayer und BlueMix, Salesforce, T-Systems mit Dynamic Services oder Open Telekom Cloud, Google …? Anschließend soll der CIO dazu die richtigen Modelle für Implementierung/Migration, Integration, Betrieb und Orchestrierung definieren.