Grüß Gott ins weite Gesprächsrund!

Was Bewerber beim Job-Interview falsch machen können

27.06.2008 von Nicolas Zeitler
Dass sie sich vorab über ein Unternehmen informieren müssen, wissen die meisten Bewerber. Auch dass sie selbst mit intelligenten Fragen punkten können, ist vielen bekannt. Doch wem die Fragen stellen, wenn man einem ganzen Komitee von Gesprächspartnern gegenüber sitzt? Wir verraten, wie sich diese Situation meistern lässt.
Kleidung und Frisur tragen zum Bild bei, das ein Bewerber im Vorstellungsgespräch hinterlässt. Doch auch Gestik und Mimik stehen unter Beobachtung.
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Dass sie beim Vorstellungstermin außer dem künftigen Vorgesetzten auch einem Mitarbeiter der Personalabteilung gegenüber sitzen, dürfte wohl die wenigsten Bewerber schrecken. Einem Artikel der US-amerikanischen Computerworld zufolge weiten nicht wenige Unternehmen den Teilnehmerkreis bei Vorstellungsgesprächen aus. Von regelrechten "Gruppen-Verhören" ist die Rede.

Bei öffentlichen Arbeitgebern oder gemeinnützigen Organisationen sei dies schon länger üblich, heißt es. Weil aber die Zahl der Bewerber auf Stellen auch in Großkanzleien, Beratungsunternehmen und High Tech-Firmen steige, nähmen auch diese Arbeitgeber ihre Anwärter zunehmend im Rahmen größerer Runden in den Blick.

In Deutschland ist diese Entwicklung offenbar noch nicht überall angekommen. So will Ramona Kesch vom Karriereportal Monster.de eine solche Tendenz nicht bestätigen. In welchem Rahmen Vorstellungsgespräche geführt würden, sei je nach Größe und Firmenkultur ganz unterschiedlich. Kesch beobachtet aber, dass "gerade im öffentlichen und im Kultur-Bereich" die Zahl der Interviewer häufig größer sei als in anderen Betrieben. Diese Unternehmen müssten mehr Leute in die Entscheidung über einen Bewerber einbinden, weil dessen Persönlichkeit dort eine besonders große Rolle spiele.

Ähnlich äußert sich Christian Weimar von der Personalberatung Kienbaum. Einen Trend zu größeren Gesprächsrunden sieht er ebenfalls nicht. Wie vielen Gesichtern ein Bewerber gegenübersitze, hänge vom Unternehmen ab. Im Mittelstand und auch in größeren deutschen Firmen sei es üblich, von einem Personaler und dem möglichen späteren Vorgesetzten interviewt zu werden. Vor allem in Matrix-Organisationen können es noch weitere Gesprächspartner sein.

Und, und? Nicht selten wollen Personaler den Kandidaten mittels Pokerface oder undurchsichtiger Reaktionen aus der Reserve locken.
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Wer sich für eine Stelle bei einer Kommune bewerbe, müsse damit rechnen, zusätzlich mehrere Vertreter von Parteien oder Entscheidungsausschüssen im Besprechungsraum anzutreffen. Geht es um einen Posten an einer Hochschule, könnte beispielsweise neben dem Fachvorgesetzten und der Personalleitung zusätzlich der Personalratsvorsitzende und der Kanzler der Universität anwesend sein.

Alle einzeln begrüßen

Auf die Runde einstellen kann sich der Kandidat, wenn ihn das Unternehmen vorab über die Zusammensetzung informiert. "Wir informieren die Kandidaten vorher über Namen und Funktionen ihrer Gesprächspartner", berichtet Christian Weimar.

Zu Beginn eines Gesprächs sollte man nicht den Fehler machen, nur in die Runde zu grüßen. Alle Anwesenden mit Handschlag zu begrüßen gebiete die Höflichkeit. "Auf den höchstrangigen Gegenüber sollte der Bewerber dabei zuerst zugehen."

Unter Beobachtung

Unabhängig davon, wie groß der für das Gespräch versammelte Zirkel ist, gilt: Der Vorstellungstermin ist eine Art Prüfung. Der potenzielle Arbeitgeber bewertet die Kenntnisse und Fähigkeiten des Kandidaten aufgrund dessen Unterlagen grundsätzlich als ausreichend und will sich nun ein Bild von der Person machen.

Bewerber stünden deshalb im Gespräch unter genauer Beobachtung, schreibt der Karriereberater Thorsten Knobbe in einem Artikel für Monster.de. Besonderer Fokus liege auf den kommunikativen Fähigkeiten im Umgang mit Unbekannten. Die Körpersprache des Bewerbers werde unter die Lupe genommen.

Ungeschickt verhält sich ein Bewerber, der zu einzelnen Teilnehmern der Runde überhaupt keinen Augenkontakt aufnimmt. Die meisten Blickwechsel ergäben sich natürlich mit der Person, die das Gespräch hauptsächlich führe, sagt Weimar. "Doch auch wenn jemand am Tisch wenig oder nichts sagt, sollte man ihn nicht links liegen lassen." Denn auch der Schweigsame könnte bei der Entscheidung über Einstellung oder Ablehnung Gewicht haben.

Nicht irritieren lassen

Nervös wird mancher Bewerber, wenn er merkt, dass ihm ganz unterschiedliche Persönlichkeiten gegenüber sitzen. Wem soll man da am ehesten gerecht werden? Christian Weimar rät vor allem dazu, authentisch zu bleiben. "Wenn einer in der Runde eine humorvolle Bemerkung macht, darf man darauf ruhig entsprechend reagieren, wenn man selbst auch Humor hat", sagt der Berater. "Sitzt neben ihm ein Gesprächspartner, der ein Poker-Face aufsetzt, sollte man sich bloß nicht irritieren lassen."

Mancher Personaler wolle durch eine bewusst wenig sagende Mimik auch nur den Kandidaten herausfordern und dessen Reaktion testen. "Die nicken nicht ständig und lächeln nicht, sind aber möglicherweise trotzdem mit dem Gesprächsverlauf zufrieden", beruhigt Weimar nervöse Bewerber.

Aus der Mimik des Chefs lesen

Er warnt auch davor, die Mimik und Gestik der Gesprächspartner zu übersehen. Viele nähmen diese in ihrer eigenen Nervosität kaum wahr. Atme der potenzielle Chef etwa tief ein oder werfe einen Blick auf die Uhr, solle man den Wink verstehen und sich kürzer fassen.

Wohl kaum ein Bewerber würde in ein Gespräch gehen, ohne sich vorab über das Unternehmen informiert zu haben. Wenn möglich, sollte man allerdings noch weitere Erkundungen vornehmen. Das Internet hilft weiter. Wenn etwa die Zusammensetzung der Gesprächsrunde bekannt ist, kann es sinnvoll sein, sich über die einzelnen zu informieren.

Wer Mitglied in einem Online-Netzwerk ist, kann derzeitige oder frühere Mitarbeiter ausfindig machen und sie über die Teilnehmer des bevorstehenden Vorstellungsgesprächs befragen. Damit kann man sich nicht nur für deren typische Fragen rüsten.

Die Computerworld berichtet von einem Mann, der sich um den Posten eines Vice President bei einem Finanzdienstleister bewarb. Im Internet war er darauf gestoßen, dass einer seiner Gesprächspartner unlängst eine Zeitungskolumne über Kampfsport geschrieben hatte. Mit einem Schmunzeln erklärte der Bewerber, er würde zu Ehren seines Chefs sogar einen Stapel Bretter mit dem Kopf zerschlagen. Das Eis war gebrochen, er kam in die nächste Bewerbungsrunde.