Vorstand und Leitungsgremien erwarten zu viel Rendite von Projekten zur digitalen Transformation. Das sagen zwei von drei (66 Prozent) deutschen CEOs im "Wachstum und Wandel: 2018 Global CEO Outlook" des Beraters KPMG. Gleichzeitig erklären 31 Prozent, sie hätten mindestens einmal einen finanziellen Verlust nach einer technologischen Fehlinvestition hinnehmen müssen.
Die digitale Transformation beschäftigt CEOs, stellt aber nicht ihre größte Sorge dar. Die Studie basiert auf Angaben von weltweit rund 1.300 CEOs, davon 125 aus Deutschland. Als wichtigste Bedrohung gilt den deutschen Befragten die aktuelle Rückkehr zu Territorialismus/Protektionismus. Dieser Punkt liegt mit 66 Prozent der Nennungen deutlich vorn.
Umwelt, Disruption und Cyber-Risiken
Platz zwei teilen sich Umweltrisiken und Disruptionsrisiken (auch als Risiken durch neue Technologien definiert) mit jeweils 38 Prozent der Nennungen. Cyber-Risiken liegen mit 31 Prozent auf dem dritten Platz. Zum Vergleich: Risiken des Talentmangels nennen lediglich 15 Prozent der Befragten.
Das heißt jedoch nicht, dass CEOs mit der Personalsituation zufrieden wären. "Abhängig vom Arbeitsbereich sind bis zu 50 Prozent der Befragten unsicher, ob die eigenen Mitarbeiter bereits effizient genug sind, um mit den Entwicklungen mitzuhalten", schreibt KPMG.
CEOs konzentrieren sich auf Kurzfristiges
40 Prozent der deutschen Befragten (weltweit: 30 Prozent) empfinden es als herausfordernd, digitale und nicht-digitale Aspekte des Geschäfts zu vereinbaren. 54 Prozent (weltweit: 43 Prozent) erklären, dass sie sich auf kurzsichtige Investments fokussieren und heutige Probleme lösen.
KPMG hat erfragt, wie CEOs zu Daten-Management und Künstlicher Intelligenz (KI) stehen. Hier zeigen sich deutliche regionale Unterschiede. So erklären 70 Prozent der Deutschen, sie seien in Bezug auf die Genauigkeit von Predictive Analytics - verglichen mit historischen Daten - weniger zuversichtlich. Im globalen Durchschnitt bestätigen das nur 51 Prozent. Dennoch wollen 29 Prozent der Deutschen in den nächsten drei Jahren verstärkt Predictive Modelle oder Analysen einsetzen (weltweit: 32 Prozent).
39 Prozent der befragten Deutschen wollen ebenfalls in den nächsten drei Jahren mehr unstrukturierte Daten verwenden (weltweit: 37 Prozent). KPMG definiert unstrukturierte Daten als eher textlastig, strukturierte als hauptsächlich nummerisch. Gleichzeit geben 46 Prozent der Deutschen an (global: 26 Prozent), dass sie von der Genauigkeit unstrukturierter Daten weniger überzeugt seien.
Bessere Kundenerlebnisse erhofft
Den Einsatz von KI verbinden deutsche CEOs vor allem mit einer Verbesserung des Kundenerlebnisses, Verbesserung der Data Governance und schnellerem Umsatzwachstum. Diese Punkte führen 44 bis 41 Prozent der Studienteilnehmer an, was nicht wesentlich vom globalen Durchschnitt abweicht.
Stichwort Kundenerlebnis: 37 Prozent der Deutschen (global: 29 Prozent) zeigen sich enttäuscht von bisherigen Investitionen in die Individualisierung der Kundenansprache. Diese Initiativen hätten nicht die erhofften Wachstumsvorteile erbracht. Während 41 Prozent der CEOs hierzulande befürchten, Bestandskunden zu verlieren, weil sie unverhältnismäßig viele Ressourcen für Neukunden aufwenden, sind es weltweit nur 30 Prozent.
Verantwortung für Kundendaten
Sehr deutliche regionale Unterschiede zeigen sich in der Frage der Verantwortung für die Kundendaten. In der Bundesrepublik sieht knapp jeder Zweite (48 Prozent) den CEO selbst in der Pflicht - in den USA sind es 89 Prozent. Im weltweiten Durchschnitt sagen das 59 Prozent.
Trotz all der geäußerten Schwierigkeiten erklären 95 Prozent der Deutschen, für die Zukunftsaussichten ihres jeweiligen Unternehmens zuversichtlich bis sehr zuversichtlich zu sein. Geht es dagegen um die Wirtschaft der Bundesrepublik insgesamt, zeigen sich nur 61 Prozent so optimistisch.
Speed ist das neue Paradigma
Klaus Becker, Vorstandssprecher von KPMG in Deutschland, und Angelika Huber-Straßer, Bereichsvorstand Corporates, betrachten Geschwindigkeit als "das neue Paradigma" in der Digitalisierung. "Die Zeit, die richtige Entscheidung zu treffen, wird immer kürzer. Gleichzeitig werden Entscheidungen zum Beispiel für oder gegen eine Technologie immer wichtiger." Der Druck auf die Verantwortlichen nehme stetig zu.