Unabhängigkeit

Was Cherie Blair Gründern empfiehlt

31.08.2015 von Ingrid Weidner
Im Silicon Valley beherrschen viele Startups die Kunst, technische Innovationen in pfiffige Geschäftsideen zu übersetzen. Dell lud in die deutsche Startup-Hochburg nach Berlin ein und ermutigte Gründer mit vielen Ideen, am Erfolg zu arbeiten.

Berlin ist hip, das hat sich bis ins texanische Austin herumgesprochen. Deshalb wählte Computerhersteller Dell die deutsche Hauptstadt für das diesjährige Treffen des Dell Women's Entrepreneur Network (Dwen) aus. Im Tagungshotel am Potsdamer Platz kamen etwa 200 Gründerinnen und Unternehmerinnen aus aller Welt zusammen, um Kontakte zu knüpfen und Neues zu lernen.

Das Dell Women's Entrepreneur Network (Dwen) lieferte Gründerinnen und Gründern auch 2015 wieder wertvolle Tipps und Erkenntnisse zum Aufbau eines Startups.
Foto: Dell

Seid frech und mutig!

Schüchtern sollten Gründer keineswegs sein, diese Lektion lernten alle ganz am Anfang. "Think big and be bold", empfahl die US-amerikanische Unternehmerin Susan McPherson. Nur wer etwas wage, in großen Zusammenhängen denke, mutig auftrete und auch mal frech Forderungen stelle, komme weiter.

So sollten Frauen auch gegenüber potenziellen Geldgebern auftreten, da sich die Finanzierung des Wachstums gerade für sie oft als Nadelöhr entpuppe. "Die erste Finanzierungsrunde ist am schwierigsten", verriet Anna Alex, Gründerin des Berliner Startups Outfittery, das kürzlich Geld für seine Plattform eingesammelt hat. Das Unternehmen staffiert Männer mit passender Kleidung aus, die sich den Weg zum Herrenausstatter sparen wollen. Alex gab angehenden Gründern den Ratschlag, nach der Hochschule ein paar Jahre Berufserfahrung zu sammeln. Sie selbst startete bei der Startup-Schmiede Rocket Internet ins Berufsleben, die von den Samwer-Brüdern gegründet wurde und die mittlerweile an 140 Unternehmen beteiligt ist.

Anna Alex, Gründerin von Outfittery (Mitte): "Die erste Finanzierungsrunde ist am schwierigsten."
Foto: Dell

PR-Beraterin McPherson riet, die strategische Unternehmensführung fest im Blick zu behalten, nur so komme die eigene Firma voran. Wer sich im Tagesgeschäft abrackere, verliere schon mal das Ziel aus den Augen. Darum sollten Gründer ein gutes Team anheuern und sich kompetente Berater suchen. "Fragen Sie", appellierte Amy Millman, die vor 15 Jahren Springboard Enterprises in Washington DC mitgründete. Das Netzwerk berät Frauen, die nach Geldgebern oder Beratern suchen. Zumindest in den Industrienationen fänden Jungunternehmer gute Voraussetzungen. Trotzdem hätten es viele schwer, weil ihnen die Erfahrung fehle. Millman plädierte dafür, sich professionelle Hilfsangebote und Netzwerke zum Austausch zu suchen.

Amy Millman, Springboard Enterprises, riet Gründern, professionelle Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen und nachzufragen.
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In den USA haben Frauen die besten Startchancen

Allerdings finden Frauen nicht überall auf der Welt optimale Rahmenbedingungen für eine Firmengründung. Zum dritten Mal gab Dell eine Studie (Global Women Entrepreneur Leaders Scorecard) in Auftrag, die in 31 Ländern der Welt die Startchancen von Frauen verglich. In dem Ranking belegte Deutschland nur den siebten Platz. Am besten sind die Chancen in den USA, dicht gefolgt von Kanada und Australien.

Interessant ist, dass die europäischen Nachbarn Schweden, Großbritannien und Frankreich bessere Möglichkeiten bieten. Auf dem achten Platz landete Polen, dicht gefolgt von Chile, Japan und Spanien. Studienautorin Ruta Aidis wählte 21 Indikatoren aus, die sie für einen Vergleich heranzog. Deutschland konnte mit der Frauenquote für Aufsichtsräte punkten. Auch kann hierzulande jede Frau problemlos ein Bankkonto eröffnen. Allerdings fehle es an Vorbildern, und zu wenige Frauen trauen sich eine Firmengründung zu, obwohl sie dafür qualifiziert wären.

Auch in den USA gebe es Luft nach oben, wie Ruta Aidis erklärte, nur 71 von 100 möglichen Punkten verbuchte das Land für sich. Die Wissenschaftlerin nannte ein Beispiel, das auch hier Schule machen könnte. In öffentlichen Ausschreibungen zählt Diversity zu den Kriterien. Damit gelänge es Frauen, mit ihren Produkten und Dienstleistungen mehr Aufmerksamkeit und Aufträge zu ergattern. Auch wenn das nur ein Puzzleteil ist, könnte es helfen, traditionelle männliche Netzwerke aufzubrechen.

Ruta Aidis, Dell, verfasste eine Studie, aus der hervorgeht, dass die USA das für Frauen geeignetste Land ist, um sich selbständig zu machen.
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Eine erfolgreiche Anwältin kocht keinen Kaffee

Auch wenn sich Briten und US-Amerikaner sprachlich und kulturell nahe stehen, schützt das nicht vor Missverständnissen. Cherie Blair, erfolgreiche Anwältin und Ehefrau des ehemaligen britischen Premierministers Tony Blair, kam nach Berlin, um über Karriere, Frauen sowie ihre Stiftung zu sprechen. Als Interviewerin Elizabeth Gore, eine US-Amerikanerin, Blair vorstellte, hakte die Londonerin ein: Mit einer Ausbildung im Kaffeekochen könne sie nicht aufwarten. Gore suchte hektisch in ihren Karteikarten, doch die ehemalige First Lady löste das Missverständnis charmant auf. Gore hatte Blairs Beruf "barrister" , eine nur im britischen Recht übliche Bezeichnung für Anwälte, die bei Gericht zugelassen sind, falsch ausgesprochen. Es klang wie "Barista", also jemand, der in einer Bar Espresso zubereitet.

Cherie Blair (rechts) schärfte den Teilnehmern des Dwen Treffens ein, wie wichtig es für Frauen sei, finanzielle Unabhängigkeit zu erstreben.
Foto: Dell

Auch sonst präsentierte sich Cherie Blair als routinierte Rednerin. Sie erzählte pointiert eine Anekdote zu ihrem Berufseinstieg. Ein Mann legte mit ihr die Barrister-Prüfung ab, es gab nur eine freie Stelle, sie hatte die deutlich besseren Noten, aber er bekam den Job. Das sei ärgerlich gewesen, zumal der Mann sieben Jahre später die Stelle aufgab und in die Politik wechselte. Sie dagegen heiratete ihren damaligen Mitbewerber Tony Blair und gründete später mit Kollegen eine erfolgreiche Kanzlei.

Anhand ihrer eigenen Biografie zeigte Blair auf, wie wichtig es für Frauen ist, finanziell unabhängig zu sein. Ihr Vater verließ die Familie früh, als sie und ihre Schwester noch Kinder waren. Deshalb schärfte ihnen die Mutter ein, immer auf eigenen Füßen zu stehen. In ihrer Stiftung unterstützt Blair Frauen in aller Welt, die ein Unternehmen gründen und unabhängig sein wollen. Gerade sucht sie Mentoren, die die Gründerinnen zwei Stunden monatlich über eine Plattform beraten und ihnen dabei helfen.

Nach ihrer persönlichen Work-Life-Balance gefragt, gab die Anwältin und Mutter von vier Kindern eine sehr pragmatische Antwort: "Männer haben keine, sie beschweren sich aber auch nicht darüber. Ich habe die Idee aufgegeben. Mir ist Flexibilität wichtig und die Chance, Entscheidungen für mich zu treffen. Me-Time ist mir wichtig, also Zeit für mich zu haben." Noch etwas konnten die Unternehmerinnen von Cherie Blair lernen: Gut vorbereitet zu sein ist zwar wichtig, doch Humor bringt echte Pluspunkte - beruflich und privat.

Dwen-Treffen in Berlin

Dell lud in diesem Jahr Unternehmerinnen aus aller Welt zum sechsten Netzwerktreffen von Dwen (Dell Women´s Entrepreneur Network) nach Berlin ein. Dort hatten die rund 200 Teilnehmerinnen Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen, IT-Technologie und Service-Angebote des texanischen Herstellers kennenzulernen sowie aus den Vorträgen neue Ideen mit nach Hause zu nehmen, darunter hoffentlich auch die eine oder andere für das eigene Business.