Was unterscheidet die USA von Apple? Die Vereinigten Staaten haben weniger Cash in der Kasse. Dabei ist es Apple Mitte der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts genauso ergangen, wie der US-Administration Anfang August 2011: Beide wären fast in die Zahlungsunfähigkeit, vulgo: Pleite, abgerutscht. Das Unternehmen "kurz vor dem Ruin oder einer feindlichen Übernahme", heißt es dazu bei Wikipedia. Der Konkurs wurde unter anderem durch eine Beteiligung des Erzrivalen Microsoft in Form von stimmlosen Aktien abgewendet. In dieser Zeit war Steve Jobs nicht bei Apple.
Wohl aber im Januar 2007, als Apple einen tiefgreifenden Wechsel der Unternehmenspolitik verkündete. Mit Apple TV, dem iPod und dem iPhone begann der Konzern sein Engagement in der Unterhaltungselektronik. Es war der Grundstein dafür, dass Apple heute zu den wertvollsten Marken der Welt gehört.
Was können CIOs von der Erfolgsgeschichte des Konzerns lernen, der mit seinem Chef Steve Jobs steht, aber auch zu fallen droht. Der Personalcoach Paul David Walker antwortet in einem Interview der Kollegen von CIO.com auf diese Frage.
CIO.com: Was ist Ihr Eindruck von Steve Jobs?
Walker: Steve Jobs war einer der mächtigsten Visionäre unserer Tage. Er war sehr klug und fast alleine in der Lage, mit neuen Produkten neue Märkte zu erobern. Und er hat es geschafft, sich das Vertrauen hochqualifizierter Entwickler und Mitarbeiter zu erhalten. Das war sicher schwer, denn Techniker glauben grundsätzlich, dass alle Menschen außer ihnen Idioten sind. Eine solche Gruppe erfolgreich zu führen, ist eine echte Herausforderung.
"Techniker halten alle außer sich selber für Idioten"
CIO.com: Auch CIOs müssen mit solchen Technikern auskommen. Wie kriegen sie das hin?
Walker: Wenn Techniker etwas respektieren, dann intellektuelle Klugheit und herausragende kognitive Fähigkeiten. Ingenieure haben oft großartige Ideen, aber keine Ahnung, wie sie das vermarkten können. Steve Jobs kennt sich auch mit Technik aus, gehört aber als Verkäufer sicher zu den besten zwei Prozent der Weltbevölkerung. Damit hat er sich den Respekt seiner Techniker erarbeitet.
CIO.com: Als Chef wurde Jobs oft wegen seines überbordenden Temperaments gescholten. Wie wirkt sich das auf seine Führungsqualitäten aus?
Walker: Die wenigsten Menschen können sich etwas bloß vorstellen, dann mit den Gedanken spielen und ihre Ideen anschließend anderen erklären. Aber keiner dieser Menschen, Steve Jobs war so einer, hat Verständnis dafür, dass andere Leute ihn dann nicht verstehen, denn er findet seine Gedanken absolut selbsterklärend.
Sind Mitarbeiter begriffsstutzig, wird der Chef agressiv
Wenn ein Chef auf nach seiner Meinung derart begriffsstutzige Mitarbeiter stößt, ist er frustriert und wird aggressiv. Die Mitarbeiter regt das zu Recht auf, weil er damit ihr Ego beschädigt.
Das ist einer der Gründe, warum zum Beispiel Rob Johnson, Apples ehemaliger Retail-Chef, das Unternehmen verlassen hat. Er hat astreine Retail-Stores geschaffen und ist trotzdem gegangen. Ich denke, dass so ein Verhalten eine echte Schwäche von ansonsten intelligenten und charismatischen Unternehmensleitern ist.
Bescheidenheit kann man nur schwer lernen. Aber wer erfolgreich seine Nachfolge regeln möchte, sollte wenigstens ein gewisses Maß an Demut aufbringen, damit die Leute in der zweiten Reihe wenigstens die Chance haben, sich zu empfehlen.
Microsoft besticht nicht mit großen Ideen
CIO.com: Erklärt der Mangel an visionärer Führungsstärke die offensichtliche Schwäche bei Microsoft, innovativ zu sein?
Walker: Bill Gates war mal der Steve Jobs von Microsoft. Seine Nachfolger sind längst nicht so visionär wie er, sondern eher ein ausführendes Organ. Ich möchte kein Urteil über Steve Ballmer fällen, aber man muss sich die Ergebnisse seiner Arbeit nur anschauen.
CIO.com: Was können CIOs von der Führungspersönlichkeit Steve Jobs und von Apple lernen?
Walker: Die meisten CIOs neigen dazu, auf der operativen Ebene zu verharren, obwohl sie mit strategischen Vorschlägen am Entscheidertisch Platz nehmen sollten. Technologie ist längst ein strategisches Werkzeug jedes Unternehmens.
Lektionen in Marketing würden nicht schaden
CIOs müssen kreativer und visionärer werden. Sie sollten Ideen einbringen, wie man Technik verwenden kann, um Marken nach vorne zu bringen und die Performance des Unternehmens zu verbessern. Es täte nicht schaden, wenn CIOs dafür ein paar Lektionen in Marketing belegen würden.
Apple hat gezeigt, dass Technik cool sein kann. CIOs müssen herausfinden, wie auch sie ihre Technik cool machen können. Dazu ein Beispiel: Einer meiner Kunden bei Disney, ein Techniker, hat zusammen mit dem CEO einen Spiegel für Retail-Stores entwickelt. Ähnlich wie bei Schneewittchens "Spieglein, Spieglein an der Wand" sehen sich junge Mädchen im Spiegel in einem Prinzessinnen-Outfit. Das wurde schnell zum populärsten Produkt in den Läden. Das meine ich. Das müssen CIOs aus ihrer Technik machen.