Was heißt Digitalisierung für den einzelnen Mitarbeiter und gibt es im Unternehmen spezielle Digitalisierungsprozesse?
Michael Pesch: Es gibt diverse Beispiele, die zeigen, dass sich Digitalisierung auf den konkreten Arbeitsalltag auswirkt. Das fängt mit einer immer stärkeren Mobilität an, die auch den Zugriff auf Unternehmensanwendungen per Smartphone oder Tablet erfordert und reicht bis hin zu deutlich schnelleren Innovationszyklen. Entscheidend für den digitalen Wandel ist aber zunächst die Bereitschaft neue Wege in der Digitalisierung überhaupt gehen zu wollen und sich dafür durchaus auch von bislang genutzten Methoden, Prozessen und Rollen zu verabschieden.
Für unser Unternehmen, aber auch für unsere Kunden ist es wichtig, dass diese Anpassungsfähigkeit nicht nur vom Management, sondern von jedem Mitarbeiter gelebt wird. Digitalisierungsprozesse erstrecken sich also auf immer mehr Bereiche - da ist das Unternehmen als Ganzes betroffen. Das schließt auch und gerade den einzelnen Mitarbeiter ein.
Lutz Tilker: Wie schon andere industrielle Revolutionen wird auch die Digitalisierung für viele Fach-und Führungskräfte erhebliche Veränderungen ihres vertrauten Arbeitsumfeldes mit sich bringen. Für Führungskräfte heißt dies, sich flexibel auf die Geschäftsmodelle von morgen einzustellen - die aber heute noch gar nicht klar definierbar oder prognostizierbar sind. Dieses gilt nicht nur für Mitarbeiterführung und -kommunikation, sondern auch für Organisationsentwicklung und Geschäftsprozesse im Front- und Backoffice.
Digitalisierung kann aber auch zu einem Paradigmenwechsel für den Mitarbeiter führen, indem er nicht mehr an seinen physischen Arbeitsplatz gebunden ist. Für weibliche Fach- und Führungskräfte, die ein Dilemma zwischen beruflicher Karriere und Familienleben verspüren, sind das attraktive Aussichten.
Anzumerken ist auch, dass Digitalisierung nicht nur das so genannte "papierlose Büro" heißt, sondern auch die Überführung analoger Prozesse und Daten in digitale Prozesse und Daten. Insofern gibt es wahrscheinlich kaum Prozesse, die nicht von der Digitalisierung sprich der Verlagerung von der realen in die virtuelle Welt berührt werden. Wesentlicher externer Treiber für die Digitalisierung sind die Anforderungen der Kunden und damit einhergehend die Veränderung von Marktkonstellationen. Es gibt kaum ein Unternehmen, dem nicht durch das Internet und E-Commerce neue Wettbewerber, die neue und digitale Kundenbedürfnisse befriedigen, entstanden sind.
Wie viel IT-Know-how muss in die Fachabteilungen verlagert beziehungsweise dort aufgebaut werden?
Michael Pesch: Die IT durchdringt im Zuge der Digitalisierung alle Unternehmensbereiche und rückt immer näher an die Kernprozesse heran. Dabei hat sie sich vom Support-Prozess zum geschäftsrelevanten Faktor entwickelt. Der Druck der Fachabteilungen steigt, neue Geschäftsprozesse zu entwickeln und Funktionalitäten zunehmend schneller umzusetzen. Getrieben wird dies insbesondere durch immer kürzere Technologiezyklen, sich ändernde Kundenanforderungen und eine neue Geschwindigkeit des Marktumfelds. Dafür ist ein entsprechendes Know-how ebenso essentiell wie die Fähigkeit, agil zu handeln, um in der schnelllebigen Welt zeitnah reagieren zu können.
Gleichzeitig ist es wichtig, dass die Fachbereiche ganzheitlich denken und andere Fachabteilungen sowie die IT in ihre Planung mit einbeziehen. Themen wie Datensicherheit und Integrationsfähigkeit der Businessanwendungen in die IT-Systeme müssen bedacht werden. In diesem Zusammenhang spielt nicht zuletzt unsere Erfahrung rund um das Thema Cloud in Verbindung mit sicheren Infrastrukturen eine wichtige Rolle. Entscheidend ist, dass IT und Business zusammenrücken und IT-Projekte partnerschaftlich von beiden Bereichen geplant und umgesetzt werden. Das gilt für unser eigenes Unternehmen, aber insbesondere natürlich auch für unsere Kunden, die wir mit "Digital Transformation Solutions" agiler und wettbewerbsfähiger machen und ihnen so auch innovative Businessmodelle erschließen.
Die IT als "Business Enabler"
Lutz Tilker: Die IT als Dienstleister und die Fachabteilung als Kunde ist in Industrie 4.0 überholt. Vielmehr steht auch eine IT, die sich im Unternehmen als "Business Enabler" versteht, im Wettbewerb zu schnellen und einfachen externen Cloud Services, die eine Fachabteilung auch im Bypass einer internen IT bestellen und nutzen kann. Insofern tut die interne IT gut daran, im digitalisierten/virtuellen Unternehmen die Fachabteilung mit IT-Know-how vor Ort zu unterstützen, um "Process Owner" zu bleiben und so den Überblick zu behalten.
Gibt es Digitalisierungsschulungen/-qualifizierungen für Mitarbeiter und/oder interne Change Prozesse?
Michael Pesch: Wir selber begleiten Unternehmen unterschiedlichster Branchen schon seit vielen Jahren dabei, die Herausforderungen der digitalen Transformation zu meistern. Wir unterstützen zum Beispiel unzählige TV-Sender bei der Digitalisierung, schaffen für Kunden im Handel die Voraussetzungen für Omni-Channel-Commerce oder sorgen im Bereich der Energieversorger für die richtige IT rund um das Thema Smart Metering. Das macht deutlich, dass bei uns die Digitalkompetenz der Mitarbeiter essentiell ist und daher natürlich auch durch ständige Weiterbildungen gestärkt wird.
Gleiches gilt für die Veränderungskompetenz, um den teilweise fundamentalen Wandel der Prozesse zu beherrschen. Es ist wichtig, dass Mitarbeiter die Hintergründe dieses Wandels verstehen, seine aktuellen und zukünftig möglichen Auswirkungen. All diese Themen begleiten wir kontinuierlich mit Fort- und Weiterbildungsprogrammen. Das Wissen um Chancen und Risiken der digitalen Transformation wird dann im Alltag gleich doppelt genutzt: Einerseits ermöglicht es, für den eigenen Geschäftsbereich die nötigen Konsequenzen und Maßnahmen ableiten zu können und Digitalisierung selbst zu leben. Andererseits setzen wir unsere immer weiter wachsende Erfahrung rund um die Digitalisierung natürlich zielgerichtet für unsere Kunden ein.
Lutz Tilker: Laut einer Umfrage eines großen Management Beratungsunternehmens schulen zurzeit 40 % der deutschen Unternehmen ihre Mitarbeiter in Richtung Digitalisierung. Wahrscheinlich ist auch, dass mit dem zunehmenden Anteil von Digital Natives in Fach- und Führungspositionen ein interner "Learning bei Doing" Prozess für die Digital Immigrants einsetzt.