Google steht in Europa unter zunehmendem Druck. Jetzt bringt das Europaparlament eine Trennung von Suchmaschinen von anderen Diensten ins Gespräch. Für Google ist das eine hochbrisante Frage.
Warum hat Google Scherereien mit der EU?
Google beherrscht die Online-Suche in Europa. In einigen Ländern hat die Internet-Gigant aus den USA nach EU-Angaben einen Marktanteil von über 90 Prozent bei Suchanfragen im Web-Browser. Im Heimatland USA sind Konkurrenten viel stärker. Google kommt hier nur auf rund 67 Prozent. In Europa sehen sich Konkurrenten von spezialisierten Suchmaschinen benachteiligt, weil Google bei den Ergebnissen eigene Dienste bevorteile. Der Konzern kontert, man arbeite für Verbraucher und nicht für andere Suchmaschinen.
Warum bleibt Google bei seinem Vorgehen?
Der Internet-Riese will Nutzern verstärkt direkte Antworten statt Link-Listen liefern. Dies erspart unnötige Klicks und entspricht auch mehr der Nutzung auf mobilen Geräten wie Smartphones oder Computer-Uhren. Diesen Geräten gilt die Zukunft. Als Kompromiss schlug Google unter anderem vor, Konkurrenzdiensten mehr Platz einzuräumen.
Wie kann der Streit für die Verbraucher ausgehen?
Schlagen die EU-Wettbewerbshüter einen harten Kurs gegenüber Google ein, könnte der Konzern seine Website - zumindest für Verbraucher in Europa - wieder wie vor einigen Jahren aussehen lassen. Kunden, die fertige Antworten von Google gewohnt sind, würden das merken.
Will das EU-Parlament nun eine Zerschlagung von Google?
Die Abgeordneten sprechen von einer "Entflechtung". Das könnte auch mit einer Umverteilung innerhalb eines Konzernverbunds möglich, ohne dass das Unternehmen zerschlagen wird. Die Suchergebnisse sollen aber aber "frei von Verzerrungen und transparent" sein, heißt es. Für Google ist das Thema hochsensibel: Anzeigen im Umfeld der Internet-Suche sind nach wie vor eine zentrale Geldquelle des Konzerns.
Hat das Parlament denn überhaupt etwas zu sagen bei solchen Untersuchungen?
Die Antwort lautet klar "Nein". Die EU-Kommission als Hüterin des fairen Wettbewerbs in Europa handelt unabhängig. Auch der deutsche Digitalkommissar Günther Oettinger betonte bereits, er wäre gegen eine Zerschlagung. Dennoch hat der Vorstoß des Europaparlaments einige US-Politiker aufgeschreckt, die Vertretung der USA bei der EU warnte vor einer Politisierung der Wettbewerbsermittlungen. Der Entschluss löst offenbar Befürchtungen aus, das Klima für Google und andere amerikanische Internetfirmen könne sich in Europa längerfristig verdüstern.
Also geht es eher um das politische Klima?
Nicht ganz. Im Europaparlament gibt es Überlegungen, für Services wie Suchmaschinen oder Cloud-Dienste zur Online-Aufbewahrung von Daten mehr gesetzliche Vorschriften zu machen. Schließlich stellten sie eine nahezu unverzichtbare Infrastruktur des Internets dar. Eine entsprechende Passage wollen sie in ein EU-Gesetz zu Cyberangriffen aufnehmen, über das derzeit verhandelt wird.
Welche Rolle spielt Deutschland?
Auch die Bundesregierung macht Druck: In einem gemeinsamen Brief an die EU-Kommission von Mitte November fordern Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und drei weitere Minister, es solle "geprüft werden, inwieweit für Plattformbetreiber über das kartellrechtliche Missbrauchsverbot (..) hinaus eine Regulierung eingeführt werden sollte".
Hat es Google in Europa also schwerer als in den USA?
Google steht in Europa unter erheblichem politischem Druck. Deutsche Verlegerverbände versuchen, ein sogenanntes Leistungsschutzrecht für die Verwendung von Inhalte-"Schnipseln" durchzusetzen. Hinzu kommt das "Recht auf Vergessenwerden". Der Europäische Gerichtshof hatte geurteilt, dass Bürger von Suchmaschinen verlangen können, Links zu unangenehmen Dingen aus ihrer Vergangenheit zu entfernen. Die Datenschützer wollen nun, dass Regelung nicht nur bei den Landesseiten wie google.de oder google.fr gilt, sondern auch bei der globalen Version google.com. Diese Pläne stoßen allerdings bei Journalistenvereinigungen und Bürgerrechtsorganisationen auf Widerspruch, weil diese Pläne auch einer internationalen Zensur Vorschub leisten könnten. (dpa/rs)