Das Missverständnis ist gewollt: Deloitte hat sein aktuelles "Global CIO survey", also seine Positionsbestimmung für die Rolle(n) des CIO in Unternehmen, "Creating legacy" genannt.
Das englische Wort hat eine ganze Reihe von Bedeutungen, die zwar etymologisch verwandt, aber in der praktischen Anwendung ziemlich unterschiedlich sind. Legacy heißt unter anderem ‚Altlast‘, und so wird es auch regelmäßig im Zusammenhang mit IT-Systemen, mit Software und Softwareentwicklung verwendet.
Anders gesagt: Legacy, das ist das schlecht funktionierende Zeug im Keller, ohne dass der Laden (leider) nicht läuft. Aber Legacy heißt auch Erbe, Vermächtnis, und deshalb will das deloittesche ‚Creating legacy’ jene Qualitäten und Schachzüge von CIOs beschreiben, die für Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit über den Tag hinaus sorgen. Im weiteren Verlauf dieses Artikels übersetzen wir ‚Legacy‘ mit ‚Nachhaltigkeit‘, weil es im Deutschen das Gemeinte am besten erklärt.
Dialog über Eigenschaften und Fähigkeiten
Deloitte selber formuliert es so: "Unser Ziel ist es, einen Dialog zwischen CIOs über jene Eigenschaften und Fähigkeiten in Gang zu bringen, die ihre Rolle definieren - und die über Erfolg oder Misserfolg entscheiden."
Um dieses Ziel zu erreichen, haben die Analysten über 1200 IT-Führungskräfte in 43 Ländern befragt, vertreten ist dabei mehr als ein Viertel der weltweit größten Unternehmen.
Gleich die erste Erkenntnis ist bemerkenswert: Die Art, wie CIOs für ihren Arbeitgeber Werte schaffen, unterscheidet sich weder zwischen Unternehmen, noch zwischen Branchen oder Ländern.
Wenn aber ihre Rolle und der Umgang damit immer gleich beziehungsweise ähnlich ist, dann lohnt es sich umso mehr, diese Rolle en Detail zu untersuchen.
Vier Elemente prägen die CIO-Rolle
Vier Elemente sind es vor allem, die diese Rolle prägen: Business-Prioritäten, Führungsstärke und Talent, Beziehungen (im Sinne von Netzwerken) und Investitionsentscheidungen.
Als ihre Business-Prioritäten nannten die Befragten fast unisono:
Performance von Systemen verbessern
Kunden optimal bedienen
Innovieren
Wachstum vorantreiben
Durchbrochen wurde die Einheitlichkeit dieser Liste nur durch CIOs aus dem Öffentlichen Sektor, die als vierten Punkt (aus nachvollziehbaren Gründen) mehr Wert auf IT-Sicherheit als auf Wachstum legen.
Beim Thema Führungsstärke und Talent gab Deloitte 12 Fähigkeiten vor, aus denen die Befragten jene sechs auswählen sollten, die für sie am wichtigsten sind. Das Bild ist auch hier ziemlich einheitlich: Fast alle Befragten wählten folgende 6 Eigenschaften als die für ihren Job am wichtigsten aus:
Einfluss auf interne Stakeholder
Kommunikationsfähigkeit
Verständnis für Business-Prioritäten
Talentmanagement
Visionäre Bewertung von Technologien
Fähigkeit, Führungsstärke in einem komplexen, sich schnell ändernden Umfeld zu beweisen
Eingeständnis der eigenen Grenzen
91 Prozent der CIOs gestanden freimütig, dass ihnen selbst mindestens eins der als wichtig erachteten Skills fehlt. Am häufigsten genannt wurden dabei die Fähigkeit, interne Stakeholder zu beeinflussen, das Talentmanagement und die visionäre Kraft in Bezug auf Technologien. Wohl nicht ganz zufällig handelt es sich bei allen dreien um Faktoren, die CIOs in der Regel nur eingeschränkt selbst kontrollieren können.
Was Beziehungen und Netzwerke angeht, bezeichnen CIOs - wenig überraschend - CEOs, CFOs, COOs und Abteilungsleiter als ihre wichtigsten Partner. Die Mehrheit der Befragten gab an, zu den Genannten ein exzellentes oder sehr gutes Verhältnis zu haben. Weniger gut läuft die Kommunikation von CIOs mit anderen Stakeholdern. Beispielsweise sagte lediglich ein Drittel der Teilnehmer, sie pflegten ein gutes Verhältnis zum Verkauf oder zur Marketingabteilung.
Danach befragt, welche Investitionen in Technologie CIOs für die kommenden zwei Jahre für am wichtigsten halten, nannten sie Analytics, Business Intelligence und Digitalisierung als ihre Top 3.
3 Muster-CIOs
Bei einem Blick von oben auf die genannten Aspekte hat Deloitte drei Muster-CIOs identifiziert, die durch ihre Kombination von Eigenschaften erfolgreich - und Vorbild für andere - sein können.
Das ist zum einen der "Trusted operator": Er liefert diszipliniert und pünktlich, was von ihm erwartet wird, hat die Kosten im Griff, arbeitet extrem effizient und mit gleichbleibender Qualität. Er liefert die richtigen Lösungen für anstehende Transformationsprozesse.
Der zweite Erfolgstyp ist der "Change instigator", also der Anstifter des Wandels. Er marschiert beim Change Management immer vorneweg, nimmt sich viel Zeit, um die Unternehmensstrategie zu unterstützen und liefert dazu auch die aktuellsten technischen Lösungen.
Das dritte Modell schließlich heißt "Business co-creator". Der ist in gewisser Weise ein Hybridtyp zwischen den Erstgenannten: Stiftet den Wandel nicht unbedingt an, aber kennt die strategischen Anforderungen ebenfalls sehr genau und richtig seinen Fokus darauf, diese Strategie möglichst umfänglich zu unterstützen.
Leidenschaft als Erfolgsfaktor
Keines dieser Muster ist besser als ein anderes, sagt Deloitte. Für CIOs
Am Ende der Untersuchung beschäftigt sich Deloitte jenseits von harten Faktoren auch mit Leidenschaft und Motiviertheit als Erfolgsgaranten für CIOs.
Worauf des dabei ankommt, das erfuhren die Macher der Studie nach eigenen Angaben vor allem in Interviews mit den CIOs der großen, weltweit erfolgreichsten IT-Organisationen.
Auch hier verdichtet die Studie das Gefundene zu Mustern, leitet daraus Erfolgsstrategien auch für andere ab.
Das Zauberwort heißt Enablement
Erstens komme es darauf an, der eigenen Organisation die Bedeutung guter IT-Lösungen deutlich zu machen. Motto: "IT matters".
Zweitens kümmern sich CIOs, die für ihren Job brennen, darum, das Leben aller zu verbessern. Stichwort: "Enablement". Es gilt, IT dazu einsetzen, um die Arbeit von Menschen besser, effizienter zu machen, bessere Entscheidungen zu treffen und insgesamt ein glücklicheres Leben zu führen.
Drittens wollen sie Business-Verantwortung jenseits der eigentlichen CIO-Rolle übernehmen. Sie respektieren ihre Vorgesetzten - und sie helfen energetisch bei der Transformation von Geschäftsmodellen mit.
Viertens und letztens: Wirklich gute und erfolgreiche CIOs benutzen ihre Position auch dazu, um die Community und ihrem Arbeitgeber etwas zurückzugeben.
Natürlich, das betont Deloitte am Schluss, geht es für CIOs nicht darum, sich an irgendeiner Stelle in dieses Schema einzusortieren. Entscheidend sei, die eigene Rolle zu finden und sie kreativ auszufüllen.