Mit Hilfe einer Strategie hat man schon vor Urzeiten Kriege gewonnen; und ohne Strategie wird man heute schwerlich im Markt bestehen können. Darum wird der chinesische General und Philosoph Sun Zi gerne zu einer Art Urvater der SWOT-Analyse gemacht. "Wenn du den Feind kennst und dich selbst kennst, brauchst du den Ausgang von hundert Schlachten nicht zu fürchten", schrieb der Militärstratege aus dem Reich der Mitte um 500 vor Christus in seinem Klassiker "Die Kunst des Krieges".
SWOT-Definition - Strategie aus dem alten China
Was aber ist eine SWOT-Analyse? Für eine Definition braucht man nicht vertieft in fernöstliches Denken eintauchen. Der Begriff SWOT Analysis stammt aus dem Englischen und beinhaltet ein Akronym. Es handelt sich also um ein Kunstwort, das aus den jeweils ersten Buchstaben seiner Komponenten zusammengesetzt ist - hilfreich, um sich diese merken zu können.
SWOT steht im Original für Strengths, Weaknesses, Opportunities und Threats. Auf Deutsch entsprechen dem die Begriffe Stärken, Schwächen, Chancen und Gefahren. Klassischerweise werden die nach diesem Schema gefilterten Inhalte in eine Matrix aus vier Quadranten eingetragen: oben links stehen die Stärken, oben rechts die Schwächen, unten links die Chancen und unten rechts die Gefahren respektive Bedrohungen.
Forscher der Harvard Business School
Auf ähnliche Weise sind in der strategischen Planung also schon die alten Chinesen vorgegangen. Bei der Erfindung der SWOT-Analyse als Instrument der modernen Wirtschaftswelt geht es aber ein bisschen zu wie in der Ricola-Werbung: Mehrere Akteure können für sich reklamieren, wichtige Beiträge zur Entwicklung dieses Analyse-Rasters geleistet zu haben. Üblicherweise werden als Erfinder aber in diesem Fall nicht die Schweizer, sondern Forscher der Harvard Business School in den 1950er- und 1960er-Jahren genannt.
Entwickelt wurde sie dort als Resultat von Fallstudien, die Studenten der Hochschule damals durchführten. Interessant übrigens für Leute, die den Begriff SWOT etwas sperrig finden: Ursprünglich soll der Analyserahmen einprägsam "SOFT" geheißen haben; das F stand für "Fault" wie Fehler und wurde später durch das W ersetzt.
Professor Waldemar Pelz von der THM Business School der Technischen Hochschule Mittelhessen berichtet, dass die SWOT-Analyse verschiedenen Professoren zugeschrieben wird, die vor einigen Jahrzehnten an Themen der strategischen Planung arbeiteten: unter anderem Kenneth Andrews und Roland Christensen von der Harvard Business School und Albert Humphrey von der Stanford University. Populär machte die Analyse insbesondere Heinz Weihrich mit seiner Publikation "The TOWS Matrix", die 1982 erschien.
Weihrich forschte an der University of San Francisco und war in der Praxis auch für Volkswagen tätig. Pelz findet die Ricola-Frage aber auch ein Stück weit müßig: "Weil es sich bei der SWOT-Analyse eher um die Anwendung des sprichwörtlichen gesunden Menschenverstands handelt, dürfte der Nachweis einer Urheberschaft schwierig und auch wenig sinnvoll sein."
Analyse für Marketing, Controlling und Karriere
Eingesetzt wird die SWOT-Analyse überall dort, wo die Entwicklung einer Strategie mit einer Analyse der Ausgangssituation beginnen soll. Das kann auf der militärischen Ebene getan werden, wenn man an Sun Zi denkt. Aber jeder Einzelne kann für sich selber auch eine SWOT-Analyse durchführen, etwa um die eigenen Karrierechancen auszuloten. Vor allem aber handelt es sich aber um ein von Unternehmen verwendetes Instrument der Strategischen Planung. "Sie dient der Positionsbestimmung und der Strategieentwicklung von Unternehmen und anderen Organisationen", heißt es beispielsweise im entsprechenden Wikipedia-Beitrag.
"Die SWOT-Analyse ist in Theorie und Praxis eines der beliebtesten Instrumente der Situationsanalyse und wird sowohl im Marketing als auch im Management und im persönlichen Bereich eingesetzt", fasst Waldemar Pelz zusammen. Es handelt sich um ein Instrument des strategischen Controlling, das an sich in allen Wirtschaftsbereichen Anwendung finden kann. Eine besondere Bedeutung hat das Erstellen von SWOT-Analysen im Marketing. Die Durchführung dient hier der Bestimmung der Marktposition und der Marktpotenziale.
Die vier Teile der SWOT-Matrix lassen sich unterteilen in eine externe und eine interne Analyse. Mit externer Analyse ist die Analyse der Unternehmensumwelt gemeint, also eine Umweltanalyse. Das O und das T, die Chancen und die Gefahren, bezeichnen nämlich exogene Kräfte. Sie kommen von außen, zum Beispiel durch die Dynamik des Marktes. Die interne Analyse rekurriert auf das S und das W, also die Stärken und Schwächen des Unternehmens, die Gegenstand einer Selbstbeobachtung sind.
SWOT-Kombinationen
Die Suche nach Stärken und Schwächen kombiniert sich somit zur Unternehmensanalyse, die Suche nach strategisch relevanten Chancen und Gefahren ergibt in Kombination eine Umweltanalyse. In einem nächsten Schritt lassen sich dann allerdings auch die anderen Kombinationsmöglichkeiten auf sinnvolle Initiativen und Maßnahmen hin abklopfen. Wikipedia stellt diese Kombination so zusammen:
1. SO Stärke-Chancen-Kombination: Welche Stärken passen zu welchen Chancen? Wie können Stärken genutzt werden, so dass sich die Chancenrealisierung erhöht?
2. ST Stärke-Gefahren-Kombination: Welchen Gefahren können wir mit welchen Stärken begegnen? Wie können vorhandene Stärken eingesetzt werden, um den Eintritt bestimmter Risiken abzuwenden?
3. WO Schwäche-Chancen-Kombination: Wie können trotz Schwächen Chancen genutzt werden? Wie können Schwächen zu Stärken entwickelt werden?
4. WT Schwäche-Gefahren-Kombination: Wie können wir trotz Schwächen den Gefahren trotzen - oder auf welche Gefahren dürfen wir uns nicht einlassen, da entsprechende Stärken fehlen? Wie können wir uns sonst vor Gefahren schützen?
Nach der Analyse kommt das Change-Management
Klar ist es nicht damit getan, ein paar Kombinationen in eine Matrix einzutragen. Die beste Untersuchung nütze nichts, wenn sie keine Aktivitäten nach sich zieht, warnt Pascal Matzke von Forrester Research. Der Analyst empfiehlt, konkrete Aufgaben festzuschreiben und deren Durchführung unbedingt mittels eines Change Managements zu unterstützen. Ebenfalls ganz wichtig: Die Fortschritte bezüglich aller internen und externen Faktoren müssen regelmäßig überprüft werden.
Häufige Fehler bei der SWOT-Analyse
Zu den häufigen Fehlern bei der SWOT-Analyse zählt ihre Durchführung, ohne davor ein Ziel - den Soll-Zustand - festgelegt zu haben. Bei SWOT-Analysen ist Abstraktion Fehl am Platze - und vorab sollte klar, wohin die Reise gehen soll. Denn nur dann stimmen die Ergebnisse. Außerdem ist es schlecht, wenn externe Chancen mit internen Stärken verwechselt werden - aber leider passiert das in der Praxis zu oft. Dick unterstreichen sollte man - zumindest geistig -, dass SWOT-Analysen zwar Zustände beschreiben, aber für sich keine Strategie sind. Aus der Analyse lassen sich konkrete Aktionen ableiten, und erst diese machen eine Strategie aus.
Wie packt man aber eine SWOT-Analyse in der Praxis am besten an? Pascal Matzke von Forrester rät zur Zusammenstellung eines cross-funktionalen Teams. Einbeziehen sollte man unter anderem Produkt-Manager, Fachleute aus Marketing und Vertrieb und auch Entscheider in der Supply Chain. Sinn eines übergreifenden Teams ist es nämlich, neben der internen Sicht auch die Kundenperspektive abzubilden. Die Technologie-Verkäufer bieten sich laut Matzke als Teil des Teams an, weil sie zugleich mit Analysten, Kunden und Usern Erfahrungen sammeln und diese einbringen können.
Externe und interne Analyse
Zu den "Stärken und Schwächen" zählt Matzke Technologien, Kompetenzen und Ressourcen, grundsätzlich alle vom Unternehmen kontrollierbaren internen Faktoren. Beispiele dafür sind Mitarbeiter-Skills, Markenwert, Kundenwahrnehmung und Merkmale von Services und Produkten.
Umgekehrt sind die externen Faktoren zu den "Chancen und Bedrohungen" zu rechnen. Es handelt sich dabei um Faktoren mit Einfluss für die Positionierung des Unternehmens. Im Gegensatz zu den Stärken und Schwächen fehlt es aber an Kontrolle durch das Unternehmen. Solche Faktoren sind unter anderem die volkswirtschaftliche Lage, gesetzliche Regelungen, Markt-Trends und Gewohnheiten der Kunden.
Kennzeichnend für die SWOT-Analyse ist die Darstellung in vier Quadranten, die den Vorteil einer frappierenden Übersichtlichkeit bietet. Üblicherweise schreibt man in den Quadranten oben links die Stärken, oben rechts die Schwächen, unten links die Chancen und unten rechts die Risiken. Für jeden Quadranten gibt es Leitfragen, die es zu beantworten gilt.
Für die interne Analyse: Hat unser Unternehmen die Stärken, um seine Chancen zu nutzen? Verpasst unser Unternehmen wegen seiner Schwächen Chancen? Für die externe Analyse: Hat unser Unternehmen Stärken, um seine Risiken zu bewältigen? Welchen Risiken ist unser Unternehmen wegen seiner Schwächen ausgesetzt?
Vorlage für eine SWOT-Analyse
Templates mit einer entsprechenden Matrix für den Einstieg in die SWOT-Analyse finden sich im Internet zuhauf. Auf unserer Seite findet sich beispielsweise eine Vorlage mit dem entsprechenden Diagramm für Excel.
1. Stärken:
Was lief bisher gut?
Worauf sind wir stolz?
Was können wir besser als andere Unternehmen?
Was schätzen unsere Kunden besonders an uns?
2. Schwächen:
Was war schwierig?
Welche Barrieren mussten wir überwinden?
Was machen andere Unternehmen besser?
In welchen Bereichen gab es häufiger Schwierigkeiten?
3. Chancen:
Worin könnten unsere Zukunftschancen liegen?
Was können wir ausbauen?
Welche Verbesserungsmöglichkeiten haben wir?
Welche Trends der Branche können wir nutzen?
Was wird aus Kundensicht in Zukunft von uns erwartet?
4. Risiken:
In welchen Bereichen könnten Gefahren auf uns zukommen?
Welche Risiken könnten unsere Branche beeinflussen?
Welche Gefahren könnten durch unsere Konkurrenten auftreten?
Nutzen stiften Antworten auf diese und weitere Fragen vor allem dann, wenn sich aus ihnen schlussfolgern lässt, wie man eigene Stärken ausbauen und eigenen Schwächen minimieren kann. Was SWOT-Analyse nützen kann, erhellen am besten konkrete Beispiele. Waldemar Pelz erinnert an die Platzierung der Marke Lexus durch Toyota in den USA. Zuvor hatte eine SWOT-Analyse erhebliche Schwächen beim Rivalen Mercedes im dortigen Markt aufgezeigt. Auch Discounter wie Lidl und Aldi nutzen das Instrument laut Pelz, um offene Flanken der Markenhersteller aufzuspüren.
Beispiel für eine SWOT-Analyse
Wie eine SWOT-Analyse an einem konkreten Beispiel aussehen kann, zeigt das Exempel eines deutschen Hausgeräteherstellers. Dieser charakterisiert seine Positionierung folgendermaßen:
Stärken: Qualität, Ingenieur-Know-how im Management, vertikale Integration, Mitarbeitermotivation, Joint Venture in Taiwan
Schwächen: schlechte Effizienz, wenig Verkaufskanäle, kaum Finanzrücklagen, keine globale Aufstellung, altmodisches Image
Chancen: EU-Osterweiterung, Entwicklung in Ost-Europa, wachsende Zahl an Single-Haushalten, Qualitätsbewusstsein der Konsumenten
Risiken: Einengende Gesetze, Binnenmarktkonkurrenz, Fusion von EU/US-Wettbewerber, Innovationen der Wettbewerber, asiatische Billiganbieter.
Daraus leiten sich vier Fragen und vier Antworten ab. Sie lauten:
1. Haben wir die Stärken, um unsere Chancen zu nutzen? Dank unserer Qualitätsstruktur können wir den gehobenen Ansprüchen der Kunden gerecht werden.
2. Verpassen wir Chancen wegen unserer Schwächen? Weil wir nicht global aufgestellt sind, wird es schwer, in Osteuropa Fuß zu fassen.
3. Haben wir die Stärken, um Risiken zu bewältigen? Dank unserem Ingenieur-Know-how sind wir Billiganbietern aus Asien gewachsen.
4. Welchen Risiken sind wir wegen unserer Schwächen ausgesetzt? Wegen geringer Finanzrücklagen können wir nicht so viele Innovationen tätigen wie unsere Wettbewerber.
Nun kann man sich eigentlich das Muster einer SWOT-Matrix schnappen und die Tabelle auf ähnliche Weise ausfüllen. Zu bedenken ist dabei aber, dass es eine Vielzahl an Ausführungsmöglichkeiten gibt. Die Untersuchung muss sich immer aus dem jeweiligen Einzelfall ableiten.
Und vermeiden sollte man tunlichst, was der amerikanische Organisationspsychologe William H. Starbuck an diesem Instrument kritisiert: SWOTs würden oft als Begründung für Aktivitäten angeführt, nachdem die Aktivität bereits ausgeführt wurde. Das mag das eigene Handeln zwar toll aussehen lassen, ist aber natürlich keine ergebnisoffene Entscheidungshilfe.