Als Basis für die digitale Transformation ist Cloud Computing in den meisten Unternehmen gesetzt. Ganz anders verhält es sich bei der Frage, welche technischen Plattformen sich für den Aufbau einer Cloud-Infrastruktur eignen. Aus konzeptioneller Sicht dominiert derzeit das Modell der Private Cloud, das rund zwei Drittel der europäischen Unternehmen favorisieren.
Deren Nutzung soll allerdings innerhalb der kommenden drei Jahre auf 36 Prozent zurückgehen, wie eine Studie von IDG Research Services in Kooperation mit T-Systems zeigt. Dazu wurden 372 IT-Entscheider aus sechs europäischen Kernregionen befragt. Profitieren wird den Angaben zufolge aber nicht die Public Cloud, deren Verbreitung bei 42 Prozent verharrt. Vielmehr verdoppelt sich der Anteil der Hybrid-Cloud-Architekturen, die sich aktuell in jedem vierten Unternehmen finden.
In diesem Szenario buhlen auch die OpenStack-Protagonisten um die Gunst der Unternehmen, verspricht das Open-Source-Framework doch eine weitgehende Unabhängigkeit von den Plattformen der mächtigen Public-Cloud-Provider wie AWS, Microsoft und Google. Der Studie zufolge sind allerdings erst 45 Prozent der Befragten überhaupt mit dem Begriff OpenStack vertraut. Eine Mehrheit kann entweder nicht genau erklären, was darunter zu verstehen ist, oder weiß gar nicht, was sich dahinter verbirgt. Die OpenStack-Befürworter haben demnach noch eine Menge Aufklärungsarbeit vor sich.
OpenStack gewinnt langsam an Bedeutung
Dessen ungeachtet nehme der OpenStack-Trend Fahrt auf und spiele in den strategischen Überlegungen vieler Entscheider eine Rolle, kommentieren die Studienautoren. So verwendet jede fünfte IT-Organisation in Europa OpenStack bereits seit Längerem, ein weiteres Fünftel berichtet von einem kürzlich begonnenen Einsatz. Noch einmal knapp 20 Prozent planen eine Nutzung. Für weniger als zehn Prozent ist das Open-Source-Framework gar keine Option.
Gut 30 Prozent der Unternehmen billigen OpenStack eine wichtige Rolle in ihrer Cloud-Strategie zu. Für jeweils etwa 20 Prozent spielt es sogar eine zentrale Rolle oder ist zumindest Bestandteil der Cloud-Strategie. Ein weiteres Viertel der Befragten geht davon aus, dass die Plattform an strategischer Bedeutung gewinnen wird.
Zukunftssicherheit und Flexibilität sprechen für OpenStack
Die Argumente für einen OpenStack-Einsatz sind vielfältig. An erster Stelle stehen für die Befragten Zukunftssicherheit und Flexibilität. Viele hoffen auch, damit die Verwaltung der oft komplexen hybriden Cloud-Umgebungen besser in den Griff zu bekommen (siehe Grafik) Dazu passt die Erwartung von etwa einem Viertel der Teilnehmer, mithilfe von OpenStack mehrere Anbieter in einem Multi-Cloud-Szenario kombinieren zu können.
Dass sich mit OpenStack das Risiko einer Anbieterabhängigkeit verringern lässt, glauben immerhin knapp 27 Prozent. Von einem hohen Return on Investment (RoI) beziehungsweise einer besonders kostengünstigen Lösung gehen indes nur gut zwanzig Prozent aus. Ebenso vielen Studienteilnehmern ist eine Einflussnahme auf die Weiterentwicklung der Open-Source-Systeme wichtig.
Angesichts der weltweiten Entwickler-Community und mehr als 300 Unternehmen, die zum OpenStack-Projekt beitragen, erscheint das Argument der Zukunftssicherheit nachvollziehbar. Ob sich mit dem oft als komplex kritisierten Framework tatsächlich hybride und Multi-Cloud-Umgebungen besser managen lassen, muss sich in der Praxis erst noch zeigen.
Viele Bedenken gegen OpenStack noch nicht ausgeräumt
Tatsächlich steht den erwarteten oder tatsächlichen Vorteilen eine lange Liste von Bedenken gegenüber (siehe Grafik). Zwar sehen nur 17 Prozent der Studienteilnehmer in der Komplexität des Themas eine Herausforderung. Doch dafür stehen "Verfügbarkeit / Ausfallsicherheit" sowie die "Verlässlichkeit der Platform" ganz oben auf der Liste. Mehr als ein Fünftel der Befragten sieht zudem Compliance-Risiken (Datenschutz, Datensicherheit). Ebenso vielen bereitet der Aufbau von OpenStack-Kompetenzen im eigenen Unternehmen Kopfzerbrechen. Gut 18 Prozent beklagen einen Mangel an Experten (siehe Grafik).
Unternehmen gehen Cloud-Projekte vorsichtig an
Insgesamt nutzen bereits zwei Drittel der befragten Unternehmen eine der verschiedenen Cloud-Ausprägungen. Knapp die Hälfte berichtet von einem produktiven Einsatz, der schon vor längerer Zeit begonnen habe. Allerdings verlagert jeweils ein Drittel der Teilnehmer lediglich unkritische oder Standardanwendungen in die Cloud. Nur 15 Prozent trauen sich, auch geschäftskritische Applikationen in eine Cloud-Umgebung zu transferieren. Die komplette IT hat bislang nur jedes zwölfte Unternehmen auf einen Cloud-Betrieb umgestellt.
Cloud-Migration: Cloud-native knapp vor Lift-and-Shift
Aufschlussreich sind auch die Angaben darüber, wie Unternehmen Cloud-Plattformen nutzen und welche Schwerpunkte sie in Migrationsprojekten setzen. 38 Prozent der Befragten verwenden ihre Cloud-Plattform für Anwendungen, die sie erheblich angepasst oder neu entworfen haben ("cloud-native"). Dagegen berichten nur 35 Prozent von "Lift-and-Shift"-Projekten, in denen Anwendungen mehr oder weniger unverändert von einer On-Premise- in eine Cloud-Umgebung überführt werden.
28 Prozent nutzen "ihre" Cloud als Plattform, die sie mit Containern etwa auf Basis von Docker bestücken. Eine Plattform für das Container-Management oder für den Betrieb von Microservices, beispielsweise mit Kubernetes, Rancher oder OpenShift, haben dagegen erst 19 Prozent eingerichtet.
Ein Viertel der Unternehmen nutzt Cloud-Umgebungen als Test- und Experimentierfeld. Gut 22 Prozent erledigen rechenintensive Aufgaben wie Big Data, Business Intelligence und Machine Learning in der Cloud. Eine Plattform, die Sensor- oder andere IoT-Daten sammelt und aggregiert, nutzen erst 17 Prozent in der Cloud.
Wie Entscheider Cloud-Plattformen und -Anbieter auswählen
Geht es um die Entscheidung für eine Plattform oder einen Cloud-Anbieter, steht das Preis-Leistungsverhältnis für die Befragten ganz oben. Allerdings spielen auch viele andere Kriterien eine wichtige Rolle. Dazu gehören vor allem die Qualität der offerierten Plattform-Services, Skalierbarkeit sowie das technische Know-how des Anbieters. Die im Cloud-Kontext noch immer kontrovers diskutierten Themen Compliance, Datenschutz und -sicherheit sowie DSGVO landen aus Sicht der Befragten mit 20 Prozent nur im Mittelfeld. Noch weniger wichtig sind herstellerunabhängige Cloud-Technologien, die OpenStack-Fähigkeit und Open-Source-Software als Grundlage einer Cloud-Plattform.