Das Potenzial eines Kandidaten, seine sozialen Skills sowie die Einstellung und Motivation spielen für Firmen eine überdurchschnittliche Rolle und sie versuchen auch keine Kompromisse einzugehen. Kompromissbereiter zeigen sie sich beim fehlenden Fachwisssen.
Der deutsche IT-Arbeitsmarkt ist seit längerem ein Arbeitnehmermarkt. Nicht nur die Unternehmen suchen sich die Besten heraus. Auch die Arbeitnehmer sind in der Position, entsprechend ihrer Präferenzen zu wählen. Der Wettbewerb um die besten Köpfe ist nach wie vor ein brisantes Thema in den Personalabteilungen. Gleichzeitig ist "nachhaltiges" Recruiting wichtig für IT Unternehmen. Es gilt in einem engen Marktumfeld die richtigen Mitarbeiter zu finden, die ihre neue Rolle erfolgreich ausüben, zur Unternehmenskultur passen und sich idealerweise im Unternehmen erfolgreich weiter entwickeln.
Praxis wichtiger als Abschlussnote
Um den richtigen Mitarbeiter zu gewinnen, setzen die meisten IT-Unternehmen auf einen Mix aus Auswahlkriterien, die sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt haben. Für die Personalabteilungen der meisten IT-Unternehmen sind Schul- und Universitätszeugnisse bei der Einstellung von Absolventen zwar wichtig, aber nicht das alleinig ausschlaggebende Kriterium. Ein Universitätsabschluss mit der Gesamtnote 1,0 garantiert nicht die "Praxistauglichkeit" des Absolventen.
Zunehmende Bedeutung haben Teilnoten und Praktika. Aus den Teilnoten kann eine Neigung und Richtung des Kandidaten heraus gelesen werden. Durch praktische Erfahrungen, die der Kandidat im Vorfeld gesammelt hat, sind die Interessen des Bewerbers unmittelbar sichtbar. Ein Bewerber für eine IT-Umgebung, der Praktika in diesem Bereich nachweisen kann, untermauert seine fachliche Affinität und kann zudem in der Praxis meist schneller in Kundenprojekten eingesetzt werden als Kandidaten, die lediglich theoretisches Fachwissen vorweisen können.
Der perfekte Absolvent 2014
In der "Hochschul-Recruiting-Studie 2014" ... ... untersuchte Jobware untersuchte mit der Hochschule Koblenz, ob das steigende Angebot an Hochschulabsolventen auf eine entsprechende Nachfrage der Unternehmen trifft. Der Studie liegen Antworten von 211 HR-Experten zugrunde.
Um als Student seinen Marktwert zu erhöhen, ... ... sollte manPraktika absolviert oder als Werkstudent gearbeitet haben. 80 Prozent der Arbeitgeber erwarten praktische Erfahrungen von Hochschulabsolventen.
Das zweitwichtigste Einstellungskriterium ... ... aus Sicht der Unternehmen sind Arbeits- oder Praktikumszeugnissen. Mehr als jedes zweite Unternehmen achtet auf deren Inhalte.
Mit einer guten Abschlussnote... ... können Hochschulabsolventen bei etwa 40 Prozent der befragten Unternehmen punkten.
Ebenfalls positiv wird den Absolventen Auslandserfahrung angerechnet Diese Eigenschaft sehen auch etwa 40 Prozent der Unternehmen als geeignet, um den Marktwert eines Hochschulabsolventen zu erhöhen.
Auch Fremdsprachenkenntnisse sind wichtig Insgesamt 39 Prozent der Unternehmen sehen diese Eigenschaft als wichtig an, um den Marktwert zu erhöhen.
Die Abiturnote spielt dagegen kaum eine Rolle Nur etwa 4 Prozent der HR-Experten gibt an, dass die Abiturnote den Marktwert des Hochschulabsolventen positiv beeinflusst.
Unrealistische Gehaltsvorstellungen der Hochschulabsolventen ... ... schrecken die Personaler ab. Fast 47 Prozent der befragten HR-Experten geben sie als große Schwäche an.
Wer bei Vorstellungsgesprächen nicht gänzlich versagen möchte, ... ... sollte der Studie zufolge auf selbiges vorbereitet sein. Über 30 Prozent der Unternehmen sehen die mangelnde Vorbereitung als häufigste Schwäche bei Hochschulabsolventen.
Ein unglückliches Erscheinungsbild ... ... hingegen ist nur knapp 15 Prozent der Unternehmen als häufigste Schwäche der Hochschulabsolventen aufgefallen.
Mit welchen Einsteigsgehältern ... ... können Hochschulabsolventen rechnen? Das ist laut Jobware-Studie auch eine Frage des Abschlusses.
Absolventen mit einem Bachelor-Abschluss ... ... konnten mit einem durchschnittlichen Einstiegsgehalt von 38.900 Euro rechnen.
... als Einstiegsgehalt für einen Bachelor ... ... bieten 45 Prozent der befragten Unternehmen an.
... im Jahr können Bachelor-Absolventen ... ... in jedem dritten der befragten Unternehmen verdienen. Vor zwei Jahren waren noch 41 Prozent der Unternehmen bereit, diese Summe zu zahlen.
... im Jahr können Bachelor-Absolventen... ... bei 18,7 Prozent der Unternehmen verdienen.
Hochschulabsolventen mit Master-Abschluss ... ... erhielten 2013 ein durchschnittliches Einstiegsgehalt von 41.780 Euro.
... im Jahr können Master-Absolventen ... ... nur in jedem 10. Unternehmen erwarten.
Promovierten Hochschulabsolventen wurde ... ... von den Unternehmen über alles Unternehmensgrößen hinweg ein durchschnittliches Einstiegsgehalt von über 40.000 Euro geboten.
... im Jahr für promovierte Einsteiger ... ... geben 27 Prozent der Unternehmen.
Aufgrund der Freizügigkeit innerhalb der EU-Länder ... ... erhielten in den letzten zwei Jahren 44 Prozent der befragten Unternehmen mehr Bewerbungen von Hochschulabsolventen aus dem EU-Ausland, aber nur 21 Prozent von ihnen haben sie auch vermehrt eingestellt.
Das mit Abstand am meisten genannte Einstellungshindernis ... ... sind Sprachbarrieren. 86 Prozent der befragten Unternehmen sehen diese als Hindernisse bei der Einstellung von ausländischen Hochschulabsolventen.
Auf dem zweiten Platz ... ... liegt die Angst der Unternehmen vor einer längeren Einarbeitungszeit.
Mangelnde Marktkenntnisse, kulturelle Unterschiede ... ... sowie eine hohe Fluktuationsgefahr halten jeweils 23 Prozent der befragten Unternehmen davon ab, ausländische Hochschulabsolventen einzustellen.
Lediglich sechs Prozent der befragten HR-Experten ... ... vermuten keine Hürden bei der Rekrutierung ausländischer Absolventen.
Die Abschlüsse Bachelor und Master sind mittlerweile etabliert. Die Akzeptanz der Bachelor-Studiengänge ist in den vergangenen Jahren auf der Arbeitgeberseite deutlich gestiegen. Viele Unternehmen bieten Traineeprogramme für Absolventen, um die weiteren Karriereschritte zu ebnen und gleichzeitig die Mitarbeiter zu binden. Personaler raten jungen Absolventen, rechtzeitig den Weg in die Praxis zu suchen. Zum einen hilft es bei der Einschätzung, ob die berufliche Wahl richtig ist, zum anderen kann der Kandidat sein fachliches Interesse sichtbar untermauern.
Unternehmen sind kompromissbereit
Für erfahrene Bewerber und Führungskräfte in der IT Branche gilt, dass die Ausbildungszeugnisse meist geprüft werden, aber eine weitaus geringere Rolle spielen, als Arbeitszeugnisse aus der jüngeren Zeit. Eine wichtigere Rolle nehmen auf höherem Joblevel Referenzen ein. Dieses Kriterium, das im angelsächsischen Raum seit langem Usus ist, wird zunehmend in Deutschland angewendet.
Weiterhin ist zu beobachten, dass viele IT-Unternehmen bei den fachlichen Anforderungen kompromissbereiter sind als bei den sozialen Fähigkeiten. Die Stellenbeschreibung sollte der Bewerber mit seinen Fähigkeiten zumindest in wesentlichen Teilen erfüllen, es muss nicht 100 Prozent passgenau sein. Gerade im IT-Bereich sind die Innovationszyklen ohnehin kurz, dass für fachlich versierte Mitarbeiter regelmäßige Fortbildungen unerlässlich sind, um auf dem Stand der Technik zu bleiben.
Bei den Soft Skills sind die IT Personaler zunehmend kritischer. Wenn ein Kandidat häufige Jobwechsel nicht plausibel erklären kann, wird das kritisch gesehen. Es könnte sein, dass der Bewerber nirgends erfolgreich war oder nicht in der Lage ist, sich in ein Team zu integrieren. Ein großer Fauxpas ist es, wenn die im Lebenslauf aufgeführten Stationen nicht mit den Angaben aus den Arbeitszeugnissen oder öffentlich zugänglichen Informationen über die Person übereinstimmen. In aller Regel wird in den Einstellungsinterviews sehr genau geprüft, ob der Kandidat generell in seinem Auftreten zur Unternehmenskultur und in das Team passt.
Diese Soft Skills brauchen IT-Experten
Ohne Soft Skills geht gar nichts Auch in der IT-Abteilung sind die so genannten "weichen" Eigenschaften heute wichtiger denn je. Welche Soft Skills IT-Profis neben ihrer fachlichen Qualifikation mitbringen sollten, haben wir neun CIOs gefragt.
Christian Ley, CIO von Brose: "Für das erfolgreiche Umsetzen unserer immer komplexer werdenden IT-Projekte – gerade auch vor dem Hintergrund einer zunehmenden Internationalisierung – sind eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, die Verfolgung gemeinsamer Ziele und eine offene Kommunikation das Maß aller Dinge ...
Kommunikationsfähigkeit ... Deshalb spielen Team- und Kommunikationsfähigkeit, strukturiertes Denken, ein hohes Qualitätsbewusstsein, Konfliktfähigkeit, soziale und teilweise auch interkulturelle Kompetenz eine große Rolle. Natürlich erwarte ich nicht von jedem meiner Mitarbeiter eine gleich starke Ausprägung dieser Soft Skills, das ist letztlich auch abhängig von der Aufgabe des Einzelnen ...
Kundenorientierung ... Von einem Mitarbeiter im ServiceDesk erwarte ich eher eine hohe Kundenorientierung, von einem Softwareentwickler strukturiertes Denken. Alle Mitglieder unserer Mannschaft sollten allerdings mit einem gesunden Maß an Pragmatismus ausgestattet sein."
Klaus Neumann, Bereichsleiter der KfW Bankengruppe: "Welche Soft Skills IT-Profis heute brauchen – das kommt natürlich immer auch auf die Funktion, in der sie eingesetzt werden, an. An der Schnittstelle zum Kunden, also zum Anwender in unserem Fall, brauchen wir Leute, die offen und kommunikativ sind ...
Konfliktfähigkeit ... Wichtig sind für uns zudem Konfliktfähigkeit und eine lösungsorientierte Sicht. Kann jemand nicht mit Konflikten umgehen - und die gibt es immer - oder denkt einer nur in Problemen, dann ist er nicht der Richtige für die IT-Abteilung."
Für Christoph Böhm, bis 2015 CIO von Vodafone Deutschland, heute Senior Vice President bei SAP... ... ist ebenfalls die Kommunikationsfähigkeit wichtig: "Dies hilft den Mitarbeitern der IT einerseits dabei, die Anforderungen der Business Units als auch die Sprache der IT-Mitarbeiter zu verstehen und diese für die entsprechend andere Gruppe zu übersetzen. Dies ist eine Schlüsselkompetenz, da die Aufgaben einer modernen IT nicht nur darin bestehen, die Business Anforderungen in der IT abzubilden, sondern ebenfalls darin, mögliche Potenziale aus der IT an die Business Units zu kommunizieren, sodass sie nachvollziehen können, welche Auswirkungen und Chancen ein derartiger Schritt auf sie haben würde ...
Die Analytische Kompetenz ... ... ergänzt die Kommunikation, indem die Auswirkungen des Handelns transparent und nachvollziehbar werden ...
Teamfähigkeit ... Mitarbeiter in der IT arbeiten grundsätzlich in Teams, heute meist in gemischten internationalen Teams mit Beteiligung internationaler Partner oder Kollegen."
Günter Weinrauch, ehem. CIO des ADAC: Zentrale Soft Skills sind für ihn neben Analyse- und Abstraktionsfähigkeiten sowie Kommunikations- und Überzeugungsfähigkeiten (weil auch die beste technische Lösung dem Anforderer "verkauft" werden muss) ...
... Engagement und Ownership: ... um perfekte Lösungen zu schaffen, muss man von seiner Arbeit begeistert sein. Reiner 'Dienst nach Vorschrift' ohne emotionales Engagement kann nie zu herausragenden Lösungen führen ...
Flexibilität ... weil Überraschungen doch immer wieder lauern, und Hindernisse am besten als Herausforderung gesehen werden sollten, nicht als Bremse."
Gilbert Riegel, Senior Project Manager M & A bei Siemens: Für ihn ist die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel (Einfühlungsvermögen) besonders wichtig: "Das heißt die Fähigkeit, den Ansprechpartner an dem Punkt abzuholen, wo er vom Wissen (Prozesse / Technik) her steht, und ein Verständnis für die Rahmenbedingungen aber auch für die Handlungsperspektiven der Ansprechpartner zu entwickeln. Die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel reduziert Missverständnisse und potenzielle Widerstände ...
Vertrauen aufbauen ... Die Komplexität von IT-Projekten erfordert es, dass die unterschiedlichen Fachbereiche im Unternehmen Vertrauen in die Fähigkeiten der IT-Organisation und ihrer Mitarbeiter haben. Vertrauen entsteht nicht von alleine, sondern über persönliche Interaktion, das Einhalten von Zusagen und Terminen sowie durch die gemeinsame Durchführung erfolgreicher Projekte - also insgesamt positive Erfahrungen mit Personen und Prozessen ...
Selbstbewusstsein ... Die IT-Abteilung fühlt sich oftmals in der klassischen 'Underdog'-Rolle im Unternehmen wohl bzw. lässt sich dort hineindrängen. Um aber den Auftrag an eine moderne IT-Organisation erfüllen zu können, muss die IT aktiv und selbstbewusst mit den Business-Funktionen interagieren und darf sich nicht hinter Governance-Themen und technischer Komplexität verstecken. Das Bild der IT Organisation kann also nicht nur durch den IT Leiter / CIO und einige zentrale Führungskräfte vermittelt werden, sondern muss insbesondere durch die IT Mitarbeiter in Ihrer täglichen Arbeit transportiert werden ...
Analytische Fähigkeiten gepaart mit Neugierde ... Themen schnell erfassen und zu strukturieren ist eine wesentliche Fähigkeit, allerdings mit dem Fokus auf Lösungsorientierung statt Problemorientierung. Neugierde hilft neue Aspekte zu betrachten und so bei einem lösungsorientierten Vorgehen und damit auch Etabliertes zu hinterfragen."
Fähigkeit zur Selbstreflexion Auch diese findet Riegel wichtig, "um aus dem Feedback anderer und den eigenen Erfahrungen Optimierungsmöglichkeiten für sich selbst und für die verantworteten Themen abzuleiten." Dadurch sei ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess möglich.
Dirk Müller, CIO von Franz Haniel & Cie. ... findet die Bereitschaft, gelerntes Expertenwissen in Frage zu stellen und sich im Sinne von Innovation auf neue Themen einzulassen, wichtig. Sowie "Empathie und ...
Verhandlungsgeschick ... ... um mit Kunden und in zunehmenden Maße auch mit Lieferanten zielgerichtet, aber doch authentisch umgehen zu können. Beide Themen halte ich bei IT-Profis, die eher aus der Technikecke kommen, für die größte Herausforderung."
Christian Niederhagemann, CIO von KHS: "Mehr und mehr entwickeln sich IT-Experten zum Sparringspartner für Fachabteilungen, für das Prozessmanagement und inzwischen vielfach auch für die Strategieabteilungen. Aus meiner Sicht sind es drei wesentliche Eigenschaften, die ein erfolgreicher Mitarbeiter in der IT hierzu insbesondere mitbringen muss: Moderationstalent, Empathie und die Bereitschaft, neue Wege gehen zu wollen."
Moderationstalent Wenn beispielsweise zwischen Fachbereich, Prozessmanagement und den SAP-Profis eine intensive Diskussion entfacht, wie eine Businss-Anforderung elegant, schnell und ohne großen IT-Aufwand abgebildet werden kann, sind Moderatoren gefragt: "Mit Moderationstalent und dem Gespür für die Situation gelingt es in der Regel rasch, die Beteiligten wieder an den Tisch zurück zu holen und das Gespräch auf die Sache, nämlich das gemeinsame Unternehmensinteresse, zu lenken ...
Hochmut fehl am Platz ... In solchen Situationen ist kein Platz für Eitelkeiten und Eigeninteresse, es ist vielmehr Kreativität gefragt, auch einmal neue – eventuell sogar unkonventionelle – Wege zu gehen. Ich unterstütze meine Leute gezielt darin, im Rahmen definierter Leitplanken bewusst gegen den Strom zu denken. Wie häufig wurden nicht schon einfache und intelligente (IT-)Lösungen gefunden, sobald der Mut aufbracht wurde, die eingetretenen Pfade zu verlassen und gleichzeitig den Blickwinkel der beteiligten Parteien einzunehmen."
Hartmut Willebrand, CIO bei H. & J. Brueggen KG: Er sagt, in der IT-Branche haben wer es überwiegend mit Persönlichkeitstypen zu tun, die in einer Welt der absoluten Abstraktion leben. "Daher neigen wir dazu, Wunschvorstellungen oder geradezu einen technischen Machbarkeitswahn zu haben, dass das, was wir theoretisch überlegt haben, auch genauso funktioniert. Oft fehlen die Anpassungsfähigkeit und das ausreichende Einkalkulieren der Realitäten. Denn das echte Leben ist und bleibt chaotisch, unvorhersehbar. Und die Menschen sowieso."
An Schwächen arbeiten Willebrand plädiert dafür, die Fachkompetenzen um die "notwendigen humanen, sozialen Skills" zu vervollständigen. "Mit dem Mut, konstruktiv an unseren Schwächen zu arbeiten und unsere Stärken zu stärken, werden wir nachhaltig Erfolg haben."
Soft Skills im Gespräch abklopfen Ob ein Bewerber die notwendigen Soft Skills mitbringt, erfährt man am besten im persönlichen Gespräch. Da sind sich die CIOs einig. Bewerbungsunterlagen wie Lebenslauf und Arbeitszeugnisse können zwar Hinweise liefern, aber reichen nicht aus.
Auf Managementebene sind Führungserfahrung und Führungsstil sowie die unternehmerische Erfahrung (Budget bzw. Profit-Loss-Verantwortung) häufig im Auswahlprozess die größte Rolle. Bei solch wichtigen Rollen sind bei Einstellungen keine Experimente gefragt.
IT-Branche wird älter
Eine Trendwende zeichnet sich hinsichtlich des bevorzugten Alters neuer Mitarbeiter ab. Vor rund zehn Jahren war es noch üblich und vermeintlich richtig, primär jüngere Mitarbeiter an Bord zu holen. Die IT Branche galt als junge Branche, die junge Mitarbeiter braucht.
Mittlerweile hat man erkannt, dass Mitarbeiter 50 Plus eine wertvolle Zielgruppe sind. Diese Altersgruppe hat nicht mehr den Fokus auf das Familienleben - die Kinder sind meist groß - was unter anderem eine hohe Flexibilität, zum Beispiel für längere Geschäftsreisen, mit sich bringt. Gestandene Fachkräfte haben zudem fundiertes Wissen und verfügen dank ihrer Erfahrung über höhere Gelassenheit und Stressresistenz.
Auch hat man erkannt, dass diese Generation beim nächsten Jobangebot nicht gleich abwandert, sondern dem Arbeitgeber loyal verbunden bleibt. Generell ist "Diversity" ein großes Thema in den Personalabteilungen vieler IT-Unternehmen. Die Praxis hat gezeigt, dass gemischte Teams erfolgreicher arbeiten. Diese Erkenntnis schlägt sich zunehmend im Recruiting nieder.
Wie kann ich als Bewerber am besten punkten?
Viele Personalverantwortliche stellen eine deutliche Verschlechterung in der Qualität der Bewerbungen fest. Einige enthalten Rechtschreibfehler, sind im Anschreiben nicht personalisiert oder enthalten einen falschen oder fehlerhaften Firmennamen. Dies deutet auf eine geringe Motivation oder zumindest unzureichende Sorgfalt hin.
Die fiesesten Fragen im Bewerbungsgespräch
Die fiesesten Fragen im Vorstellungsgespräch Wir haben Personalexperten gefragt, wie sie Kandidaten für Führungspositionen zwiebeln. Alle meinten, es gäbe bei ihnen keine gemeinen Fragen - wenn man sich denn vorbereitet. Aber natürlich hat jeder Personaler seine eigenen Spezialfragen..
Christof Müller, Senior HR Manager von Immobilienscout24, ... ... hat einige Fragen zu bieten, mit denen Bewerber gelöchert werden. "Wichtig für uns ist, den Kandidaten so zu erfassen, wie er wirklich ist. Stichwort: Authentizität. Das ist letztlich die Herausforderung."
Den Bewerber will Müller genau kennen lernen und sieht ihn sich daher sehr gründlich an "Gemeine Fragen stellen wir grundsätzlich nicht, es sei denn der Kandidat „schießt“ unter die Gürtellinie." Natürlich gibt es diverse Fragen wie etwa: "Was war die schwerste Entscheidung, die Sie in der Vergangenheit treffen mussten?" Oder "Wenn Sie jetzt wechseln, was würden Sie von Ihrer bisherigen Tätigkeit vermissen?"."
Vor allem die Führungsqualitäten klopft HR-Manager Müller ab: Mit Fragen wie "Was macht für Sie eine wirklich überzeugende Führungskraft aus?", "Was ist der Unterschied zwischen einer guten und einer ausgewöhnlichen Führungskraft?" und "Was ist Ihr persönlicher Leitsatz?" Und schon ist Müller bei den etwas unbequemeren Fragen ...
... wie etwa: "Wie lange dauert es, bis Sie bei uns einen signifikanten Beitrag leisten?", "Bitte beschreiben Sie, wie es war, als Sie für Ihre Arbeit kritisiert worden sind?",
"Wovor haben Sie am meisten Angst?" und "Was können Sie für uns tun, was andere nicht können?". Wer diese Fragen souverän beantworten kann, muss sich vor Müller nicht fürchten. Es sei denn, ein Kandidat schießt quer, dann stellt der Personaler unangenehme Fragen:
Wozu dient der Filz auf einem Tennisball?
Wie oft am Tag überlappen sich die Zeiger einer Uhr?
Wie würden Sie ohne Maßstab ein Flugzeug, etwa einen A380 vermessen?"
Leonie Hlawatsch, Personalreferentin bei doubleSlash Net-Business GmbH... ... setzt bei Bewerbungsgesprächen eher auf die leisen Töne: "Wir setzen auf offene Gespräche in lockerer Atmosphäre mit unseren Bewerbern, anstatt sie unter Druck zu setzen und mit Standardfragen zu „beschießen“. Eine übermäßige Stresssituation ist nicht der richtige Weg, um etwas über den wahren Charakter des Bewerbers zu erfahren – und wie er sich in der Situation des Arbeitsalltags verhält. Doch gerade das ist uns wichtig. Ob der Bewerber fachlich fit ist und die Herausforderungen seiner angestrebten Stelle meistern kann, bekommt man auch in einem für beide Seiten angenehmen Gespräch heraus." Das heißt nicht, dass Hlawatsch auf die kniffligen Fragen verzichten würde ...
Die Frage nach der bisher größten Herausforderung im Studium ... ... oder Leben ist für Bewerber immer etwas knifflig (bei Praktikums-oder Thesisbewerbern). Hlawatschs Tipp: "Auf jeden Fall ehrlich zu sein und nicht extra eine Situation als Beispiel zu nennen, die man besonders bravourös gemeistert hat. Das ist zu glatt und gibt nichts über den Bewerber preis. Und die Chance, einen Pluspunkt, zum Beispiel in puncto Lernbereitschaft oder Reflektiertheit zu sammeln, ist vergeben."
Vor allem sollten Bewerber gut informiert sein über das Unternehmen. Wer keine Informationen hat, hat auch keine Chance, meint Hlawatsch: "Generell kann man als Bewerber schwierige Fragen am besten meistern, wenn man sich vorab gut über das Unternehmen und die angestrebte Stelle informiert. Was genauso wichtig ist: Den eigenen Werdegang vorher nochmal Revue passieren zu lassen und sich klar sein, was man von dem neuen Job erwartet. Denn es ist nicht nur wichtig, dass man den Job bekommt, sondern dass das Unternehmen und die im Gespräch vorgestellte Stelle den eigenen Erwartungen entspricht. Als Beispiel zu diesem Punkt freue ich mich immer, wenn Bewerber mich während des Gesprächs fragen, wie es mir persönlich bei doubleSlash gefällt. Das finde ich toll und zeigt mir, dass diese Bewerber das „Gesamtpaket“ für Ihren neuen Job im Blick haben."
Marc-Stefan Brodbeck, Recruiting Leiter bei der Telekom, kann beruhigen: Um dem Bewerber vorweg die Angst zu nehmen: bei uns gibt es keine gemeinen Fragen. Selbstverständlich machen wir uns ein umfangreiches Bild des Bewerbers: Fachliche Qualifikationen werden getestet, aber auch die Persönlichkeit und der Charakter. Das gilt natürlich genauso umgekehrt. Schließlich möchte auch der Bewerber wissen, ob das Unternehmen seinen Erwartungen entspricht, ob wir zu ihm passen."
Dass ein Bewerber die groben Strukturen des Konzerns kennt, darauf legt Brodbeck großen Wert. Damit kann sogar punkten, wer gar keine Bewerbung schreibt, weiß der Recruiting-Leiter zu berichten. Als vor drei Jahren ein Student versuchte, einen Telekom-Anschluss zu bekommen, entpuppte sich das als Katastrophe. Nichts funktionierte. So schrieb der Student einen 15-seitigen Beschwerdebrief an ein Vorstandsmitglied, mit Verbesserungsvorschlägen für die Vertriebsstruktur. Prompt wurde er für ein Gespräch eingeladen und für ein Praktikum engagiert - ohne sich jemals beworben zu haben.
Ich habe heute leider kein Foto für Sie! Herbert Wittemer, Personalleiter bei msg Systems, greift einen ganz besonderen Punkt bei Vorstellungsgesprächen heraus: "Führungskräfte sind häufig auf der Internetseite ihres bisherigen Arbeitgebers per Foto zu sehen. Wenn nun dasselbe Foto als Bewerbungsbild verwendet wird, ist das alles andere als vorteilhaft. Vermutlich wurde das Foto auf Kosten und Arbeitszeit und im Design des bisherigen Arbeitgebers angefertigt - und dieses Foto nun privat und für den nächsten Job zu verwenden, zeugt weder von Kreativität, noch von Loyalität. Beides Merkmale, die insbesondere bei Führungskräften stark ausgebildet sein müssen."
Block und Stift sind ein Muss Ärgerlich ist für Wittemer auch, wenn "ein Kandidat weder Block noch Stift dabei hat. Jemand, der sich scheinbar alles merken kann und auch kein Blatt Papier und einen Stift parat haben muss, um ein Thema kurz mit einer Skizze zu erläutern, ist nicht glaubwürdig und scheint keinen Biss zu haben."
Hohe Erwartungen Den Kandidaten aus der Reserve zu locken, darauf setzt Wittemer: "Die härteste Frage ist für mich ganz einfach: „Was erwarten Sie von mir persönlich als Ihre künftige Führungskraft?" Kandidaten werden dabei verlegen, oder haben keine ordentliche Frage vorbereitet, obwohl sie selbst als Führungskraft die besonderen Anforderungen an die Beziehung Mitarbeiter – Führungskraft kennen müssten. Frei nach dem Motto: Ein Mitarbeiter wechselt zu einer Firma und verlässt seinen Chef."
Nicole Mamier, Personalleiterin bei Realtech AG, berichtet: "Meine Erfahrung ist, dass die Bewerber die größten Schwierigkeit mit Fragen haben, die eine gewisse Selbstreflektion erfordern. Zum Beispiel bei solchen Fragen wie:
"Was erwarten Sie sich persönlich von dem Jobwechsel? An welchen Kriterien messen Sie Ihren eigenen Erfolg? Was wollen Sie in sechs Monaten erreicht haben? Welche Rahmenbedingungen benötigen Sie, um erfolgreich zu sein? Was erwarten Sie von Ihrem Vorgesetzten? Was erwarten Sie von Ihren Mitarbeitern und wie fordern Sie das ein? In welcher Situation haben Sie in den letzten 6 Monaten etwas Neues gelernt? Und in welcher Situation konnten Sie das gelernte seither anwenden?
Wie steht Ihr Partner zu Ihrem Wunsch sich beruflich zu verändern? Nicole Mamiers Tipp ist, sich auf solche Fragen vorzubereiten und sich über sich selbst und seine Wünsche, Ziele und Fähigkeiten bewusst zu werden."
Professor Gunther Olesch, Geschäftsführer der Phoenix Contact, ... ... setzt auf eine altbewährte Frage an Führungskräfte:
"Wo will der Kandidat in zehn oder zwanzig Jahren sein? Dazu Manager Olesch:" Ich bin der Überzeugung, dass Führungskräfte, um visionäres Management zu betreiben, selbst eine Orientierung haben müssen. Wer mit einem Schiff in See sticht, muss das Ziel kennen. Die beste Antwort, die ich auf diese Frage bekomme habe, war: "Auf Ihrem Platz möchte ich in zehn Jahren sitzen." Den Kandidaten haben wir sofort eingestellt."
Aus Niederlagen lernen Dass die Visionen nicht immer Realität werden, weiß auch Olesch: "Man muss auch Niederlagen hinnehmen können. Solche Führungskräfte suchen wir. Denn aus solchen Niederlagen lernt man am meisten."
Ein Monat für die Vorbereitung Um herauszufinden, wie sich die Führungskraft einbringen möchte, hat Olesch eine umfangreiche Aufgabe. "Bewerber sollen sich konkrete Gedanken machen, wie sie eine bestimmte Abteilung in den nächsten fünf Jahren entwickeln möchten. Der Bewerber hat einen Monat Zeit, sich Gedanken über Maßnahmen zu machen, die er in einer Präsentation vorstellt. Erst danach wird eine Entscheidung getroffen. Dieses Verfahren wenden wir auch bei externen Kandidaten an - dank des Internets sind wir sehr transparent und merken schnell, wie sehr sich der Bewerber vorbereitet hat. Hat er sich nur unzureichend vorbereitet, fällt das sehr negativ auf."
Auf gehts in die Vorbereitung! Mit all diesen Tipps steht einem erfolgreichen Bewerbungsgespräch nichts mehr im Wege. Viel Erfolg!
Eine angemessene Vorbereitung ist auch für das erste Interview erforderlich. Wurde die Stellenanzeige richtig gelesen? Was weiß der Bewerber über das Unternehmen? Sind die wesentlichen Firmeninformationen, die der Firmen Website zu entnehmen sind, bekannt? Gewünscht wird in aller Regel, dass der Bewerber Fragen zu Unternehmen und Position vorbereitet hat.
Der Eindruck des Erstgesprächs ist die persönliche Visitenkarte, die ein Arbeitgeber von einem Kandidaten erhält. Das Erstgespräch wird von Unternehmensseite gerne wie eine Arbeitsprobe eingestuft, da es Analogien zur späteren Vorbereitung auf Aufgaben im Arbeitsalltag gibt. Dies gilt für erfahrene Mitarbeiter genauso wie für Absolventen - und für Kandidaten, die von einer Personalberatung vorgestellt wurden genauso wie für "echte Bewerber".