Oracle-Gründer Larry Ellison verkündete jüngst, es gebe keine Trennung mehr zwischen Software- und Hardware-Branche. Unternehmen würden immer häufiger beides zusammen anbieten. Gerade im IT-Sektor versuchen Firmen zunehmend, integrierte Lösungen zu verkaufen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität zu steigern.
Die Erfahrung zeigt jedoch, dass der Wandel zum Lösungsanbieter nicht so einfach ist. Anbieter sind oft nicht in der Lage, den Kunden im Sinne eines Consultative Selling, also eines Verkaufs mit umfassender Beratung, zu betreuen.
Immer mehr Firmen versuchen, sich mit Lösungen und Zusatzservices wie erweitertem Support und Wartung neu zu positionieren. Sie orientieren sich an den Erfolgen von IBM und HP, die als Lösungsanbieter erfolgreicher sind als der Durchschnitt ihrer Branche. Trotzdem verändern viele Anbieter ihren auf Produkte ausgerichteten Vertriebsansatz nur unzureichend. Die allgemeine Kundenzufriedenheit mit IT-Lösungen ist daher eher gering.
Worauf sollten Anbieter also achten, wenn sie erfolgreich im Verkauf von IT-Lösungen sein wollen? Roland Berger Strategy Consultants hat zusammen mit dem Lehrstuhl für Marketing der Ecole Supérieure de Commerce de Paris (ESCP Europe) 22 IT-Entscheider dazu befragt, was sie von einem guten IT-Lösungsanbieter erwarten.
Durchgeführt haben die Umfrage Professor Frank Jacob, Lehrstuhlinhaber für Marketing der ESCP Europe/Campus Berlin und Ulrich Kleipaß, Senior Consultant im Kompetenzzentrum InfoCom bei Roland Berger Strategy Consultants.
Daraus lassen sich fünf Thesen ableiten, die die Abstimmung zwischen Kunden und IT-Lösungsanbietern erleichtern.
These 1: Beraten statt einfach nur verkaufen
Viele Dienstleister, die sich nun Lösungsanbieter nennen, arbeiten immer noch mit dem traditionellen Vertriebsparadigma: Sie gehen davon aus, dass Kunden problemlos in der Lage sind, ihre Anforderungen und Bedürfnisse selbst zu beschreiben. Tatsächlich aber fehlt Kunden dafür häufig das nötige Wissen. Deshalb wird eine adäquate Beratung immer wichtiger. Anbieter sind gefordert, sich vor, während und nach dem Projekt regelmäßig mit ihren Kunden auszutauschen, um zu überprüfen, ob die maßgeschneiderte Lösung auch wirklich zu den Anforderungen der Kunden passt.
These 2: Wissen für den Kunden optimal einbringen
Berater müssen heute Wissen um technische Entwicklungen und Kundenprozesse besitzen. In der Vergangenheit waren starke technische Expertise und intime Produktkenntnisse noch ausreichend. Heute jedoch steht im Vordergrund, dass dieses Wissen dem Kunden bei seinem konkreten Problem helfen kann und dass der Wertbeitrag deutlich wird.
Der Kunde vertraut zudem darauf, dass der Anbieter die Relevanz aktueller Themen einschätzen kann - etwa Risikomanagement, Cloud Computing oder Social Web. Ein Lösungsanbieter, der auf der Höhe der Zeit ist, muss Trends für den Kunden erkennen, bewerten und in die Problemlösung direkt integrieren können.
These 3: Klassische Projekttugenden wichtig wie nie
"Letztendlich muss bei jeder Lösung das Ergebnis stimmen: Also, es muss in der richtigen Zeit und Qualität da sein und die Ziele müssen erreicht sein." (CIO eines High-Tech-Unternehmens)
Weil kundenspezifische Lösungen oft deutlich komplexer sind als standardisierte Dienstleistungen, gewinnt stringentes Projektmanagement stark an Bedeutung. Lösungsverkäufer verkaufen nicht nur einfach Produkte plus zusätzliche Dienstleistungen, sondern sie müssen diverse interne und externe Stakeholder koordinieren. Nur durch solides Projektmanagement ist es möglich, eine für Kunden sinnvolle Lösungskonfiguration "in time" und "in budget" zu gestalten.
These 4: Mit dem Kunden gemeinsam erfolgreich sein
Der Blick auf Lösungen als ein kundenspezifisches, integriertes Bündel aus Produkten und Dienstleistungen ist eine sehr produktzentrierte Sichtweise. Die Praxis zeigt, dass Anbieter der Gesamtbeziehung mit dem Kunden noch zu wenig Aufmerksamkeit schenken. Kunden hingegen haben in der Regel den gesamten Lösungsprozess neben der technischen Umsetzung im Blick.
Sehr häufig sind Kunden an einer längerfristigen Geschäftsbeziehung durchaus interessiert - allerdings nur dann, wenn die Leistung des Anbieters stimmt. Deshalb sollte der langfristige, gemeinsame Geschäftserfolg für Anbieter im Vordergrund stehen und hinter den wirtschaftlichen Erfolg von Einzelprojekten zurücktreten.
These 5: Die gesamte Organisation ist gefordert
Schlagworte wie Consultative Selling führen gelegentlich zu dem Eindruck, Anbieter müssten lediglich ihren Vertrieb neu schulen und aufstellen, um zu Lösungsanbietern zu werden. Tatsächlich erfordert das Entwickeln und Erbringen von integrierten Lösungen neue interne Mechanismen, um die verschiedenen Unternehmensfunktionen im Lösungsprozess zu koordinieren.
Verbesserte Dokumentation der Leistungserstellung und klar verteilte Prozessverantwortung sind unverzichtbare organisatorische Voraussetzungen, um eine gute Zusammenarbeit zu gewährleisten. Am Kunden ausgerichtete Anreizsysteme sollten nicht nur den Umsatz als Zielgröße für Vertriebsmitarbeiter haben, auch die Kundenzufriedenheit und Kundenbindungsgrößen sollten mit einfließen.
Der Net Promoter Score (NPS) beispielsweise gibt Hinweise darauf, ob Kunden bereit sind, eine Lösung oder ein Unternehmen weiter zu empfehlen. Ebenso wichtig ist eine effektive interne Kommunikationsschnittstelle für Lösungsanbieter. Schließlich muss das Sales Team eine realistische Vorstellung davon haben, was in der Implementierungsphase umgesetzt werden kann, damit keine falschen Erwartungen auf Kundenseite geweckt werden.
Frank Jacob ist Lehrstuhlinhaber für Marketing der Ecole Supérieure de Commerce de Paris (ESCP Europe - Campus Berlin) und Ulrich Kleipaß ist Senior Consultant im Kompetenzzentrum InfoCom bei Roland Berger Strategy Consultants.
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