Aus Daten Mehrwert schaffen

Was macht ein Chief Data Officer?

19.09.2023 von Minda Zetlin und Thor Olavsrud
Chief Data Officer (CDO) sollen sicherstellen, dass Unternehmen das Beste aus ihren wertvollsten Assets herausholen.
Der CDO beaufsichtigt eine Reihe von datenbezogenen Funktionen, die das Datenmanagement, die Datenqualität und die Entwicklung einer Datenstrategie umfassen können. Die Rolle kann zudem auch für Datenanalyse und Business Intelligence verantwortlich sein, also für Prozesse zur Gewinnung wertvoller Erkenntnisse aus Daten.
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Der Chief Data Officer (CDO) ist eine Führungskraft, die für die Nutzung und Governance von Daten im gesamten Unternehmen verantwortlich ist. Obwohl die Bezeichnung Chief Data Officer häufig mit CDO abgekürzt wird, sollte die Rolle nicht mit der des Chief Digital Officer verwechselt werden, der ebenfalls häufig als CDO bezeichnet wird. "Der Chief Data Officer ist eine hochrangige Führungskraft mit Business-Fokus. Sie versteht die Strategie und die Entwicklung des Unternehmens und beschäftigt sich damit, wie sie diese mit Daten untermauern kann", erläutert Caroline Carruthers. Sie ist Direktorin beim Beratungsunternehmen Carruthers and Jackson, ehemalige Chief Data Officer von Network Rail und Co-Autorin der Bücher "The Chief Data Officer's Playbook" sowie "Data-Driven Business Transformation: How to Disrupt, Innovate and Stay Ahead of the Competition".

Der Finanzdienstleister Capital One ernannte den ersten CDO schon im Jahr 2002. In den darauf folgenden zehn Jahren zogen nur wenige Unternehmen nach. Die Ernennung von CDOs hat sich in den vergangenen Jahren jedoch beschleunigt, wie eine globale Studie zum Thema zeigt, die von Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC, veröffentlicht wurde. Die Consultants fanden heraus, dass nur 21 Prozent der 2.500 größten börsennotierten Unternehmen weltweit derzeit einen CDO haben - jedoch wurden fast die Hälfte aller CDOs seit 2019 ernannt. Bislang konzentrierten sich viele CDOs auf die Branchen Versicherungen, Banken, Medien und Unterhaltung, Einzelhandel sowie IT/Technologie.

Hingegen ergab die Data and AI Leadership Executive Survey 2022 von NewVantage Partners, dass 74 Prozent der befragten Unternehmen Chief Data oder Analytics Officers oder beides zusammen in einer Funktion ernannt haben. Der Unterschied in den Ergebnissen könnte darauf zurückzuführen sein, wo der CDO in den befragten Unternehmen angesiedelt ist. Strategy& definiert einen CDO als "eine einzelne Person auf C-Suite-Ebene oder eine Ebene darunter, die für den strategischen Ansatz des Unternehmens in Bezug auf Daten verantwortlich ist". NewVantage Partners hat eine umfassendere Sicht auf diese Rolle.

Was verdient ein Chief Data Officer?

Laut einer Gehaltsanalyse von Glassdoor liegt das durchschnittliche CDO-Gehalt bei 232.961 US-Dollar pro Jahr, wobei die Gesamtvergütung, einschließlich Boni und Gewinnbeteiligung, zwischen 142.000 und 399.000 US-Dollar pro Jahr liegt.

Wie wird die CDO-Stelle beschrieben?

Der CDO beaufsichtigt eine Reihe von datenbezogenen Funktionen, die das Datenmanagement, die Sicherstellung der Datenqualität und die Entwicklung einer Datenstrategie umfassen können. Die Rolle kann auch für Datenanalyse und Business Intelligence verantwortlich sein, also für Prozesse zur Gewinnung wertvoller Erkenntnisse aus Daten. Es kann aber auch sein, dass einige Datenmanagement-Funktionen in die IT-Abteilung fallen und die Analytik in die Zuständigkeit eines Chief Analytics Officers fällt - ein Titel, der nach Ansicht mancher Beobachter mit dem Chief Data Officer austauschbar ist.

Obwohl einige CIOs und CTOs die Ernennung eines CDOs als Eingriff in ihre Zuständigkeitsbereiche sehen, sind die Grenzen laut Beraterin Carruthers klar gezogen. Demnach sind CDOs für Themenfelder wie Datenqualität, Data Governance, Master Data Management, Informationsstrategie, Data Science und Business Analytics zuständig.

CIO und CDO: Eimer meets Wasser

"Der Unterschied zwischen dem CDO und dem CIO ist meiner Meinung nach ganz klar, und ich verwende oft die Analogie zwischen dem Eimer und dem Wasser", argumentiert Carruthers. "Der CIO ist für den Eimer verantwortlich: dass er die richtige Größe hat, dass er keine Löcher hat, dass er sicher ist und dass er sich am richtigen Ort befindet." Demgegenüber sei ein CDO dafür verantwortlich, dass die Flüssigkeit, die in den Eimer fließt und aus dem Eimer kommt, an den richtigen Ort gelangt, dass sie die richtige Qualität hat und dass es sich um die richtige Flüssigkeit handelt. "Der Eimer und das Wasser funktionieren nur zusammen."

Dennoch ist die Rolle des Chief Data Officers im Moment noch etwas vage und im Fluss. Laut einer Umfrage von NewVantage Partners sind 59,8 Prozent der befragten Führungskräfte der Meinung, dass die CDO-Rolle noch im Entstehen begriffen ist und sich weiterentwickelt, während der Rest angibt, dass sich die Rolle erfolgreich etabliert hat.

Verantwortlichkeiten des Chief Data Officers

Laut Gartner ist der CDO für die unternehmensweite Daten- und Informationsstrategie, die Governance, die Kontrolle, die Entwicklung von Richtlinien und die effektive Nutzung der Daten verantwortlich. Ursprünglich konzentrierte sich die Rolle des CDO auf Compliance und Data Governance, aber die IDC-Umfrage "State of the CDO", die zwischen Februar und April 2020 durchgeführt wurde, ergab, dass viele Chief Data Officer inzwischen auch für die Nutzung von Daten zur Steigerung der Geschäftsergebnisse verantwortlich sind. IDC fand heraus, dass 80 Prozent der wichtigsten KPIs, die zur Messung der Leistung von Chief Data Officers verwendet werden, geschäftsorientiert sind.

Laut IDC gehören zu den Aufgaben von Chief Data Officers folgende Punkte:

Aufgaben des Chief Data Officer

Eine kürzlich durchgeführte Suche nach Stellen für Chief Data Officer auf Indeed und Linkedin ergab, dass CDO-Positionen in einer Reihe von Branchen vakant sind, darunter im Einzelhandel, Gesundheitswesen, bei Medien, Versicherungen, Finanzdienstleistern sowie in den Bereichen Hochschulen, Fertigung und Behörden.

Eine Auswahl von Stellenbeschreibungen für Chief Data Officer zeigt die wichtigsten Aufgabenbereiche. Darunter fallen unter anderem Verbreitung und Kommunikation einer "Datenvision" als wichtiger Teil der Wachstumsstrategie, die Erstellung strategischer Datenzugriffsrichtlinien, die Leitung des Designs der Analytics-Infrastruktur, die Entwicklung und Umsetzung einer zentralen Datenstrategie zur Umsatzsteigerung, die Aufsicht über Data Governance, Dateninvestitionen und Partnerschaften sowie die strategische Zusammenarbeit mit Kollegen auf Vorstandsebene.

Lebenslauf eines Chief Data Officers

Um eine Stelle als CDO zu bekommen, ist ein aussagekräftiger Lebenslauf erforderlich. Tipps von Experten für den idealen Lebenslauf als Chief Data Officer finden Sie (auf Englisch) unter "CDO-Lebensläufe: 4 Tipps für die Besetzung einer Stelle als Chief Data Officer".

CDO vs. Chief Analytics Officer

Obwohl Chief Data Officer und Chief Analytics Officer zwei unterschiedliche Rollen sind, sollten beide in einer Person vereint sein, fordert Guy Gomis, Partner beim Personalvermittlungsunternehmen BrainWorks. "Ich beobachte, dass die Besten häufig beide Funktionen kombinieren", sagt er. "Die meisten Führungskräfte im Bereich Analytics wollen die Datenstrategie, das Datenmanagement sowie die Analytik selbst in die Hand nehmen. Das ist sinnvoll, wenn man darüber nachdenkt." Die Analytik als Art und Weise, wie Daten einen Wert schaffen, sei eine wesentliche Funktion. Gleichzeitig brauche man eine gute Datenstrategie und ein gutes Datenmanagement, sonst erhalte man keine qualitativ hochwertigen Daten zur Analyse.

Daher, so Gomis, "ist die beste Praxis, einen Chief Data Strategy and Analytics Officer zu haben, der sowohl für Daten als auch für Analytics zuständig ist und eng mit dem CIO zusammenarbeitet". Laut NewVantage Partners hätten im Jahr 2022 viele Unternehmen diese Kombination aus den Funktionen des Chief Data und des Chief Analytics Officer in einer einzigen Funktion als Chief Data and Analytics Officer (CDAO) übernommen. Demnach weisen 44 Prozent der CDAOs einen Hintergrund im Bereich Datenanalyse oder Data Science auf, während 29 Prozent der CDAOs aus dem Datenmanagement oder der Data Governance kommen.

An wen sollte der Chief Data Officer berichten?

IDC zufolge berichten 59 Prozent der Chief Data Officer an eine geschäftliche Führungskraft. Zudem kommen 80 Prozent der wichtigsten Stakeholder, die vom Chief Data Officer unterstützt werden, aus dem Business, also etwa der CEO, COO, CFO oder der Leiter der digitalen Transformation.

Obwohl die Rolle des Chief Data Officers in Unternehmen stetig an Bedeutung gewinnt, gibt es laut NewVantage immer noch viel Verwirrung und Uneinigkeit über das Mandat und die Bedeutung dieser Position. Die Umfrage ergab, dass 52 Prozent der Teilnehmer den Chief Data Officer als die Führungskraft mit der Hauptverantwortung für Datenstrategie und -ergebnisse sehen. Im Jahr 2022 gaben 48 Prozent der Befragten zu Protokoll, dass andere Führungskräfte der C-Ebene die Hauptverantwortung tragen, oder sie behaupteten, es gäbe nicht nur einen einzelnen Verantwortlichen.

Partnerschaft von CDO und CIO?

Strategy& ist der Ansicht, dass die Rolle des CDO auf der C-Suite-Ebene oder einer Stufe darunter angesiedelt sein sollte, denn "die Ernennung eines CDO auf Senior-Ebene ist für Führungsteams, die das Potenzial von Daten als strategisches Gut im gesamten Unternehmen maximieren wollen, unerlässlich".

Carruthers zufolge kann der Chief Data Officer an verschiedene Stellen im Unternehmen berichten, aber sie bevorzugt den CEO oder den COO. "Meiner Meinung nach wäre es absolut falsch, wenn der CDO an den CIO berichtet", sagt sie. "Da sich die Rolle weiterentwickelt, wird sie an andere Stellen im Unternehmen berichten und sich folglich ins Top-Management hocharbeiten." Daher müssten der CIO und der CDO Hand in Hand als Partner arbeiten, so Carruthers, "und eine Partnerschaft funktioniert nicht, wenn ein Partner für den anderen arbeitet".

Anthony Scriffignano, Chief Data Scientist bei Dun & Bradstreet, der selbst an seinen CEO berichtet, gibt zu Protokoll, dass es keine einheitliche Antwort auf die Frage gibt, an wen ein Chief Data Officer berichten sollte. "Ich habe die Rolle im Finanzwesen, in der IT, im Marketing, in der F&E und sogar in der Produktentwicklung gesehen", sagt er. "Oft handelt es sich um eine neue Rolle, die vielleicht von einer Person aus der Not heraus geschaffen wurde, so dass sie in verschiedenen Bereichen von Unternehmen zu finden ist. Das bedeutet aber nicht, dass sie dort auch bleiben sollte."

Was leistet ein Chief Data Officer?

Laut der Umfrage von NewVantage Partners sind die Hälfte der Führungskräfte in Fortune-1000-Unternehmen der Meinung, dass ein erfolgreicher Chief Data Officer ein externer Treiber des Wandels mit neuen Perspektiven sein muss. 14 Prozent vertraten dagegen die gegenteilige Ansicht: Sie sind der Meinung, dass ein erfolgreicher Chief Data Officer lange im Unternehmen tätig sein und die Kultur sowie Geschichte verstehen sollte.

Die Befragten waren auch geteilter Meinung über den Hintergrund des Chief Data Officers: Zehn Prozent gaben an, dass ein CDO-Posten mit einer Führungskraft aus den Fachabteilungen besetzt werden sollte, die bereits finanzielle Verantwortung gehabt hat. Dagegen sagten 19 Prozent, dass der Chief Data Officer einen Hintergrund als Data Scientist oder Technologie-Experte haben müsse.

Gomis berichtet, dass er schon Chief Data Officer mit Marketing- oder MBA-Hintergrund erlebt hat, die noch nie in der Datenanalyse gearbeitet hätten. "Die meisten von ihnen sind gescheitert, aber die Unternehmen, die sie eingestellt haben, waren der Meinung, dass die Fähigkeiten als Influencer wichtiger sind als die Kompetenzen für Data Analytics." Um aus der Zwickmühle herauszukommen, in der sich viele neue Chief Data Officer befinden, könnte gutes Erwartungsmanagement durchaus nützlich sein. "Einer der größten Fehler ist es, nicht zu verstehen, was man braucht, um erfolgreich zu sein", so Gomis.

Realistische Erwartungen sind wichtig

So sei in den vergangenen drei Jahren die Fluktuation bei Chief Data Officers und Chief Analytics Officers enorm hoch gewesen." Spricht man mit ihnen und ihren früheren Arbeitgebern, "stellt sich heraus, dass die Erwartungen des Unternehmens und der Kandidaten nicht übereinstimmten", fügt er hinzu. Oft liegt das Problem in unrealistischen Hoffnungen des Arbeitgebers.

"Der größte Fehler, den Unternehmen machen, ist die Annahme, dass mit der Einstellung eines neuen Mitarbeiters das Problem gelöst ist", sagt Justin Cerilli, Leiter der Daten- und Analyseabteilung der Beratungsfirma Russell Reynolds Associates. "In Wirklichkeit fängt man gerade erst an, das Problem zu lösen - die schwierigen Entscheidungen stehen noch bevor." Dabei gehe es um Fragen, wer die eigenen Mitarbeiter sind, wie die eigenen Prozesse aussehen und wie die Kultur verändert werden könnte. "CEOs sagen den Chief Data Officers, dass sie alles ändern sollen, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen, aber sie wollen nicht die Art und Weise ändern, wie sie etwas tun."

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation cio.com