KI-Versteher

Was macht ein Prompter?

06.07.2023 von Martin Weis
Die Fähigkeit, Eingabeaufforderungen (Prompts) in KI-Tools so zu formulieren, ist eine begehrte Kompetenz. Für welche Aufgaben werden nun AI Prompter gebraucht, welche Kenntnisse sind erforderlich?
Ein neues Berubsbild entsteht - das des Prompters, der idealerweise sowohl gut programmieren kann und sprachlich sehr fit ist.
Foto: TippaPatt - shutterstock.com

Der Launch des KI-Chatbots ChatGPT hat Begeisterung, aber auch Ängste ausgelöst. Wie wird sich die Berufswelt verändern? Werden Berufe aussterben? Zeitgleich ist eine neue Berufsbezeichnung in den Interessensfokus gerückt: AI Prompter oder Prompt Engineer. Das KI-Startup Anthropic bot zum Beispiel in einer Stellenanzeige ein sagenhaftes Gehalt im dreistelligen Bereich für jemanden mit solch einer KI-Expertise. Auch in Deutschland kommen die ersten AI Prompter zum Einsatz, vornehmlich in Marketingagenturen.

Prompting - auf die Präzision kommt es an

Mit dem Prompt Engineering verhält es sich ähnlich wie mit der Google-Suche: Je genauer die Eingaben, desto besser ist der Output. ChatGPT als Sprachverarbeitungsprogramm, das mit riesigen Datenmengen aus dem Internet sowie aus Büchern trainiert wurde, kann Fragen beantworten, Stories generieren, Softwarecode schreiben und Texte aus Daten generieren. Die Eingabeaufforderung in großen Sprachmodellen (Large Language Model, LLMs) wie ChatGPT kann von einer einfachen Frage bis hin zu einem komplexen Thema mit einer Vielzahl von Fakten reichen. Präzision ist bei den Prompts der Schlüssel zum Erfolg.

Ein AI Prompter versteht es, mit der Maschine so zu kommunizieren, dass die KI ihr volles Potenzial entfalten kann. Erfolgreiche Prompts kombinieren Anweisungen, Fragen, Dateninput und Beispiele. Dabei lassen sich bessere Ergebnisse erzielen, wenn man die KI auffordert, eine bestimmte Identität anzunehmen - ein Text in der Rolle eines Journalisten oder einer Journalistin wird dann anders aussehen als aus der Perspektive eines Wissenschaftlers oder einer Wissenschaftlerin. Das Prompting generiert hochwertige Trainingsdaten, die es dem KI-Modell ermöglichen, genaue Vorhersagen und Entscheidungen zu treffen. Dies ist ein wesentlicher Schritt bei der Weiterentwicklung von KI-Systemen.

Anforderungen an AI Prompter: Coder, Psychologe oder Linguist?

Trotz aller Prompting-Künste ist immer Vorsicht geboten, was die Ergebnisse anbelangt. In die Antworten können sich Vorurteile (Bias) einschleichen, die aus den Trainingsdaten stammen. KI-Modelle wie ChatGPT können zudem halluzinieren, sie geben falsche oder unlogische Antworten. Ein US-Anwalt ist unlängst in die Kritik geraten, weil er in einem Antrag Gerichtsurteile inklusive Aktenzeichen aufgeführt hat, die tatsächlich von ChatGPT frei erfunden waren.

Für AI Prompter existiert kein genaues Anforderungsprofil. Programmierkenntnisse sind zwar nicht zwingend erforderlich, jedoch hilfreich bei der systematischen Bewertung von Prompts. Basiswissen in Machine Learning erleichtert es, die Stärken und Schwächen der KI-Modelle zu verstehen und die Prompts danach auszurichten. Aber es gibt auch erfolgreiche AI Prompter mit geisteswissenschaftlichem Hintergrund. Psychologisches Wissen über das menschliche Denken und Verhalten kann für das Prompting von Vorteil sein und die Entwicklung ethischer und nutzerfreundlicher KI-Systeme unterstützen.

Sehr gutes Sprachverständnis von Vorteil

Wesentlich für den Erfolg als Prompt Engineer ist ein sehr gutes Sprachverständnis, um in der Lage zu sein, die Prompts präzise und zielführend zu formulieren. Während der "Konversation" mit dem KI-System lassen sich die Prompts verfeinern. So entstehen Gedankenketten, die zu erstaunlichen Ergebnissen führen. Andrej Karpathy von Open.ai hat im Januar 2023 mit einem Tweet Aufsehen erregt, in dem er feststellt, dass Englisch die angesagteste neue Programmiersprache ist.

Analytisches Denken ist beim Prompting wichtig, um Muster für Lösungen zu erkennen, während kritisches Denken die Beurteilung der Ergebnisse ermöglicht. Prompter sollten neugierige Menschen sein, die gerne Rätsel lösen - beharrlich, aber auch flexibel. Die ethischen Grundlagen künstlicher Intelligenz müssen beim Prompting beachtet werden.

Sind die besten AI Prompter Menschen, die sowohl programmieren können als auch über hohe Sprachkompetenz verfügen? Manche Experten sehen diese (seltene) Kombination als das Supertalent an. Andere sind davon überzeugt, dass ältere Menschen aufgrund ihres größeren Wissens und Erfahrungsschatzes besser prompten können. Das Anforderungsprofil hängt auch von der Branche des Arbeitgebers ab - deshalb ist es ratsam, spezifische Branchenkenntnisse mitzubringen.

Traumberuf AI Prompter?

Auf den Jobportalen finden sich erst vereinzelt Stellenangebote für Prompt Engineering. Grundsätzlich kann generative KI überall da die Produktivität im Unternehmen steigern, wo sich Prozesse automatisieren lassen. Marketing- und Werbeagenturen gehören zu den ersten Unternehmen, die AI Prompter einstellen, da gerade bei der Content-Erstellung und der Entwicklung von Kampagnen-Assets große Hoffnungen in KI-Systeme wie ChatGPT gesetzt werden.

Die Einsatzgebiete von AI Promptern können sehr unterschiedlich aussehen. Softwareentwickler nutzen generative KI, um Code zu schreiben und zu prüfen. Besonders in der Qualitätssicherung liegt hier ein wichtiger Anwendungsfall. Viele Prompter werden wohl damit beschäftigt sein, mit der generativen KI Chatbots für den Kundenservice oder Erweiterungen für Suchmaschinen zu entwickeln oder die Genauigkeit von Empfehlungsalgorithmen zu optimieren. Anwendungsfälle für generative KI umfassen alle Branchen und reichen von Content-Erstellung (Text/Bild/Video) und Kommunikation über Business Performance Reporting und Risikomanagement bis hin zu vorausschauender Wartung in der Produktion oder medizinischer Diagnostik.

Hohe Gehälter sind möglich

Das erwähnte Traumgehalt von Anthropic für einen AI Prompter (300.000 US-Dollar jährlich) wird wohl eher eine Ausnahme bleiben. Noch gibt es für Deutschland keine zuverlässigen Angaben zur Gehaltsspanne - mit der Zeit werden sich sicherlich Benchmarks für unterschiedliche Branchen und Aufgabenbereiche herauskristallisieren. Aber: Wenn mehr Menschen den Karriereweg AI Prompter einschlagen, werden sowohl Nachfrage als auch Gehälter sinken.

Rund um das Prompting entsteht ein schnell wachsendes Ökosystem an Online-Communities (etwa auf GitHub oder Reddit), Ausbildungsangeboten und Marktplätzen zum Verkauf von Prompts. Zu den bekanntesten Marktplätzen gehören PromptBase, PromptHero, Arthub.AI für KI-generierte Kunst sowie ChatX, das kostenlose Prompts bietet. Der Handel mit AI Prompts macht deutlich, dass Prompting eine komplexe Aufgabe ist. Gekaufte Prompts erleichtern nicht nur die Arbeit, sondern helfen auch dabei, eigene maßgeschneiderte Prompts zu entwickeln.

Aktuell existiert bereits ein breites Angebot an Kursen und Trainings, um das AI Prompting zu erlernen - von YouTube-Videos über LinkedIn Learning-Webinare bis hin zu Kursen bekannter Weiterbildungsportale wie Coursera oder Udemy. Wer über die empfohlenen Skills verfügt und diesen Karriereweg einschlagen will, wird zunächst sehr viel Zeit mit dem Ausprobieren von generativer KI verbringen. Inzwischen existieren zahlreiche Plug-ins für große Sprachmodelle wie ChatGPT, die das Prompting optimieren, etwa PromptPerfect. Interessierte, die jetzt in das Thema einsteigen, können vom First-Mover-Effekt profitieren.

Prompting bald Kernkompetenz für alle

Wird der Beruf AI Prompter sich langfristig etablieren? Darüber lässt sich derzeit nur spekulieren. Viele KI-Experten sind der Ansicht, dass das Prompting zu einer Kernkompetenz werden wird, die in vielen Bereichen mittelfristig von allen Mitarbeitern erwartet wird - ähnlich wie es bei Microsoft Office der Fall war. KI-Programme werden immer besser darin werden, die Anforderungen der Nutzer zu erkennen und gute Prompts zu generieren. Denn das Endziel ist nicht, mit einem Chatbot zu interagieren, indem man lange und komplizierte Prompts eingibt, sondern sich einfach mit ihm zu "unterhalten".

Eine wachsende Zahl an Unternehmen wird ihre eigenen großen Sprachmodelle trainieren, und die Mitarbeiter werden im Umgang mit generativer KI an Kompetenz gewinnen. Für Unternehmen ist es generell ratsam, die Mitarbeiter mit den neuen Tools vertraut zu machen und Trainings anzubieten. Gleichzeitig sollte das Management eine KI-Guideline für den korrekten Umgang mit der KI entwickeln, vor allem im Hinblick auf Datenschutz und Transparenz. Denn es ist anzunehmen, dass die Produktivitätssteigerung durch den Einsatz generativer KI zukünftig zum Wettbewerbsvorteil werden wird.