IT-Chefs müssen nicht mehr lang auf Microsoft Office 2010 warten. Ab 12. Mai gibt es die neue Software für Geschäftskunden. Im Handel sollen Office 2010 und damit verwandte Produkte ab Juni erhältlich sein. Neue Funktionen brächten Anwendern spürbare Vorteile, gleichzeitig sei die Preispolitik von Microsoft nach wie vor schwer verständlich, meint Axel Oppermann vom Beratungsunternehmen Experton Group.
Das schon mit Office 2007 für einige Anwendungen eingeführte Menüband - auch Ribbon genannt - findet der Nutzer in der neuen Version in allen Anwendungen, also auch in OneNote 2010, Publisher 2010, InfoPath 2010 und SharePoint Workspace 2010 (der neue Name für Microsoft Office Groove 2007). Die einzelnen Menüpunkte sind als Karteireiter angeordnet. Die unter jedem Menüpunkt verfügbaren Befehle und Werkzeuge werden jeweils über die gesamte Bildschirmbreite auf dem Band angezeigt.
Der Anwender muss sich dadurch nicht mehr durch mehrere Unterpunkte auf ausklappenden Menüs klicken. Analyst Oppermann sieht darin ein klares Plus: Das Ribbon-Konzept sei innovativ und erleichtere "die Bedienung nachhaltig".
Neu im Office-2010-Paket ist auch der Outlook Social Connector. Er macht den Posteingang laut Microsoft zu einer Art "Nachrichtenzentrale", die den Anwender über die Aktivitäten seiner Kontakte in sozialen Netzwerken auf dem Laufenden hält. Auf der Cebit haben Microsoft und Xing eine Partnerschaft angekündigt. Mit dem Verkaufsstart von Office 2010 soll es auch ein Plugin geben, mit dem sich Informationen aus dem Geschäftsnetzwerk anbinden lassen können.
Outlook verbindet sich mit Xing
Direkt in Outlook können sich Nutzer Profilinformationen ihrer Kontakte einschließlich des hochgeladenen Bildes anzeigen lassen. Statusnachrichten erscheinen ebenfalls in Outlook. Oppermann hält diese Neuerung vor allem für "kollaborative Arbeitsumgebungen" interessant. Die Partnerschaft mit Xing werde der Funktion gehörigen Schub geben.
Grundsätzlich will Oppermann die Vorteile einzelner neuer Funktionen in Office 2010 nicht zu hoch bewerten. "So interessiert niemanden wirklich, ob eine oder 1,8 Sekunden für eine Aufgabe benötigt wird, oder ob der Mitarbeiter zwei oder dreimal klicken muss", schreibt er in einer Analyse. Entscheidend sei letztlich das Zusammenspiel der Innovationen.
Und das überzeugt den Experten: Über einzelne Arbeitsschritte hinweg ließen sich Durchlaufzeiten verkürzen, wichtige Informationen würden besser dargestellt. Außerdem sei die Qualität der Prozesse insgesamt besser geworden.
Wer jetzt noch Office 2007 kauft, darf kostenlos umsteigen
Um keine Verkaufslücke in der Übergangsphase zwischen Office 2007 und 2010 entstehen zu lassen, setzt Microsoft wie bei Windows 7 auf das Marketing-Instrument "Tech Guarantee Program". Wer seit 5. März das Vorgänger-Produkt erworben hat, soll ohne weitere Lizenzkosten auf Office 2010 umsteigen können. Die Preise bewegen sich gemäß unverbindlicher Empfehlung zwischen etwas über 100 Euro für die Heim- und Studentenversion und 699 Euro für die Variante "Professional".
Kritik äußert Oppermann an Produktbundle- und Preispolitik von Microsoft. Sie sei für die Anwender nur schwer zu erschließen. "Hier verfolgt Microsoft noch immer die alte Angewohnheit, Produkte in die Editionen zu integrieren, welche vom Anwender weder gewünscht noch wirklich benötigt werden - beziehungsweise in anderen Editionen essentiell wichtige Bestandteile vorzuenthalten", erklärt er. So versuche der Software-Hersteller beispielsweise beim Publisher und in einigen Fällen auch bei Access Kunden Vorteile zu vermitteln, die "für den User de facto nicht vorhanden sind".
Google noch kein ernsthafter Konkurrent
Oppermann rechnet zum Verkaufsstart mit Sonderaktionen bei Elektronikmärkten, die gerade den Fachhandel und kleine Reseller unter Druck setzen werden, darunter viele langjährige Partner von Microsoft. Für kleine Firmen mit zwischen fünf und 50 Anwendern könnte es zudem preislich attraktiv sein, keine Volumenlizenzen zu kaufen sondern Einzelprodukte im Handel.
Obwohl viele Firmen laut Oppermann "potenzielle Produktwechsler" sind, müssen die Redmonder bei Office potenzielle Konkurrenten wie etwa Google derzeit nicht ernsthaft fürchten. Anders als Privatkunden schiele das professionelle Anwenderumfeld weniger auf den Preis und beurteile stärker die Leistung eines Produkts. Office sei nach wie vor der Maßstab für andere Lösungen. Gleichzeitig bezweifelt der Experton-Berater, dass Microsoft Office auch im nächsten und übernächsten Produktzyklus (2013 bis 2017) noch in der klassischen Form von den Anwendern nachgefragt wird.