Drei Jahre ist es her, dass Microsoft mit Office 2007 eine rundum erneuerte Version seiner Büro-Suite auf den Markt gebracht hat. Neu war vor allem die Benutzerführung über die "Ribbon" genannte Multifunktionsleiste sowie die Kompatibilität mit dem offenen Dokumentformat ODF.
In wenigen Monaten soll nun die Version 2010 erscheinen, für die Microsoft zahlreiche Neuerungen angekündigt hat. Dazu zählen etwa die Integration von Web- und mobilen Applikationen, eine eingebaute Bild- und Videobearbeitung sowie ein überarbeitetes Volumenlizenzprogramm.
Die Marktforscher von Forrester Research haben in ihrem Report A Glimpse at the Best and Worst on Office 2010 die neuen Funktionen untersucht. Denn die Frage nach einem möglichen und sinnvollen Update stellt sich bei jeder neuen Version, besonders wichtig ist sie aber für die Anwender, die den Umstieg auf Office 2007 übersprungen haben und nun erneut vor der Entscheidung stehen.
Dabei beurteilt Forrester die Neuheiten durchaus positiv, äußert aber Zweifel, ob alle Ankündigungen auch tatsächlich ihren Weg in die endgültige Version finden werden. Besonders heben die Analysten die Office Web Apps von Office 2010 hervor. Hier handelt es sich um eine abgespeckte Version des Büropakets, die komplett über das Internet und Browser-basiert läuft. Zu den Web Apps gehören Word, Excel, PowerPoint und OneNote.
"Diese Funktionen sind brandneu", schreibt Forrester, und könnten daher durchaus noch sehr störanfällig sein. Zudem begibt sich Microsoft damit in direkte Konkurrenz zu kostenlosen Alternativen wie Google Docs oder Zoho. Unternehmen, die Forrester gegenüber durchaus Interesse für das neue Microsoft Office geäußert haben, wollen gleichzeitig aber auf diese freien Versionen nicht verzichten, heißt es in dem Report. Und die Analystin Sheri McLeish präzisiert die Bedenken der Anwender: "Selbst die Early Adaptors aus den Unternehmen zweifeln daran, dass Microsoft seine Online-Versuche komplett schmerzfrei gestalten kann".
Von diesen Zweifeln abgesehen, findet es Forrester aber "bahnbrechend", dass Microsoft seine bekanntesten Anwendungen überhaupt über das Internet anbieten wird. Aus Gesprächen mit zahlreichen IT-Professionals hat das Marktforschungsunternehmen die Plus- und Minuspunkte des neuen Office-Pakets herausgefunden.
Bahnbrechend: Sharepoint Workspace und Social Web Tools
Zu den umwälzenden Ereignissen zählen die Experten zum Beispiel den aus dem zugekauften Tool Groove hervorgegangenen Sharepoint Workspace. Der ermöglicht es den Benutzern, Sharepoint-Inhalte off- und vor allem online zu bearbeiten und mit anderen Anwendern auszutauschen. Dazu rechnet Forrester auch die Integration von Web 2.0-Werkzeugen von Seiten wie LinkedIn in Outlook mit Hilfe des Outlook Social Connectors. Mit diesen Funktionen - so sie denn reibungslos funktionieren - gewinne Microsoft die Oberhand über bereits arrivierte Anwendungen wir Google Apps oder Zoho, urteilt Forrester.
Nachbessern will Microsoft auch bei seiner oft undurchschaubaren Lizenzpolitik im Unternehmensumfeld. Zwar wird es von Office 2010 insgesamt sieben Editionen geben; im für Firmen interessanten Volumenlizenzbereich halbiert Microsoft deren Zahl im Vergleich zu Office 2007 auf zwei: "Standard" und "Professional Plus". Zu der Plus-Version gehören neben den Office-Klassikern wie Word oder Excel zusätzlich OneNote, Sharepoint Workspace und die Web Apps. Die Standard-Ausgabe enthält den Publisher sowie OneNote und die Web Apps.
Dieses Ausdünnen begrüßt Forrester ausdrücklich, weil damit die Konfusion im Lizenzprogramm reduziert werde und es den Anwendern erleichtert werde, die für sie richtige Version zu finden. Zudem wird es für Unternehmen, die mit Microsoft eine Software Assurance vereinbart haben, möglich sein, innerhalb ihres Unternehmensnetzwerks die Web Apps in der Cloud zu betreiben. So werden dann die Mitarbeiter in einer sicheren Umgebung über das Web auf die Apps zugreifen können. Allerdings bietet auch Google dem Report zufolge Apps in der Cloud an, während der Mitbewerber Zoho diesen Service nur über seinen Partner VMware im Programm hat.
Neben den großen Verbesserungen zählt Forrester auch ein paar kleine auf, die aus Sicht von Business-Anwendern durchaus nützlich sein könnten. So registrieren den Analysten beispielsweise mehr Optionen im Backstage-View, mehr Speicher in der 64-Bit-Version, in der es zum Beispiel möglich sein wird, Excel-Dateien auch mit mehr als zwei GByte Größe zu öffnen, sowie Direktverbindungen von Word zu OneNote. Neu ist auch eine verbesserte Passwortsicherheit, die Möglichkeit, herunter geladene Dateien zu schützen sowie mehr Kontrolle über E-Mail-Attacken in Outlook.
Nicht alles ist mit der 64-Bit-Version kompatibel
Eitel Sonnenschein herrscht aber bei Forrester nicht. So führen die Analysten zum Beispiel Nachteile bei der 64-Bit-Version auf: Alte ActiveX und DLLs, die für das 32-Bit-Office programmiert wurden, sind zur neuen Version nicht mehr kompatibel. Da bleibe nur, sich kompatible Versionen zu beschaffen, oder auf die 32-Bit-Variante von Office zurück zu greifen. Problem werde es zudem mit Datenbanken ohne Quellcode geben (wie .mde, .ade oder .accde-Dateien). Diese lassen sich nicht zwischen den 32- und 64-Bit-Versionen wechseln. Auch bei VB-Anwendungen, bei OLE sowie beim Rendern von Grafiken kann es zwischen den Versionen zu Problemen kommen. Da Microsoft schließlich auch die Programmiersprache VBA für 64-Bit-Umgebungen aufbereitet hat, kann es auch hier zu Inkompatibilitäten mit Alt-Anwendungen kommen.
Um das zu vermeiden, helfen nur Tests weiter. Dafür bietet Microsoft auf seiner Webseite die Betaversion von Office 2010 zum Download an.