FAQ Künstliche Intelligenz

Was Sie zum Thema KI wissen müssen

17.03.2020 von Axel Rittershaus
KI - die künstliche Intelligenz - ein Thema voller Emotionen, Ängste, Halbwissen und Hoffnungen. Dieser Artikel gibt Ihnen einen kompakten Einblick und lässt Sie beim nächsten Team- und Vorstandsmeeting glänzen.

Künstliche Intelligenz gerät immer stärker in den Blick der Öffentlichkeit. Man könnte meinen, dass das Thema neu ist. In Wirklichkeit wird KI in den entsprechenden Expertenkreisen bereits seit über 60 (!) Jahren diskutiert, während die Literatur schon seit hunderten von Jahren mit ähnlichen Ideen spielt.

KI und Mensch - Hand in Hand statt gegeneinander. Für kommende Generationen stellt sich diese Fragen vielleicht gar nicht mehr.
Foto: Alexander Limbach - shutterstock.com

Doch warum reden ausgerechnet jetzt alle über Künstliche Intelligenz? Warum gibt es fast jede Woche neue Berichte und Studien, die uns die Apokalypse auf dem Arbeitsmarkt prophezeien oder vor autonomen Robotersoldaten und ähnlichem warnen?
Die Antwort: Weil die Rechenleistung von Computern, in Kombination mit der Möglichkeit, zu minimalen Kosten nahezu unbegrenzte Mengen an Daten speichern zu können, mittlerweile so groß ist, dass eine für künstliche Intelligenz benötigte Verarbeitungsgeschwindigkeit inzwischen verfügbar ist.

Blickt man auf die in den kommenden Jahren zu erwartende weitere Steigerung der Leistungsfähigkeit, dann werden noch komplexere KI-Lösungen möglich. Um das zu illustrieren, blicken wir kurz auf die Entwicklung der Rechenleistung. Ich verspreche Ihnen, Sie müssen kein Computertechniker sein, um das nachvollziehen zu können.

Im Jahr 1961 hätte man für eine Rechenleistung von 1 GFLOP (1 Mrd. Rechenoperationen pro Sekunde) ca. 145 Milliarden US$ bezahlen müssen. Ja genau, Milliarden.
Was glauben Sie, was die gleiche Rechenleistung heute kostet?
1 GLFOP kostete im November 2020 noch lächerliche 4 Cent. Ja, 4 Cent. Man bekommt das demnächst vermutlich geschenkt.

Erinnern Sie sich an Deep Blue? 1997 gewann dieser Supercomputer gegen den besten Schachspieler der Welt, Garry Kasparov. Deep Blue hatte eine Rechenleistung von gut 11 GFlops.

Deep Blue war ein von IBM entwickelter Schachcomputer
Foto: IBM

Die erste Apple Watch hatte eine Leistung von 3 GFLOPS. Wenn Sie also vier von diesen kleinen Apple Watches zusammenschalten, dann haben Sie die gleiche Rechenleistung.
Und wenn Sie ein "altes" iPhone 7 haben, dann ist Ihr Smartphone ca. 30x leistungsfähiger als der Supercomputer, der gegen Garry Kasparov gewann.

Was ist künstliche Intelligenz und warum ist Rechenleistung so wichtig?

"Gut", mögen Sie sagen, "moderne Smartphones sind also bereits leistungsfähiger als ein alter Supercomputer. Aber was hat das mit KI zu tun?".

Gute Frage. Um diese zu beantworten sollten wir klären, was wir überhaupt unter künstlicher Intelligenz verstehen. Was sich gar nicht so einfach beantworten lässt.

Wenn wir zehn Personen fragen, was Digitalisierung ist, dann werden wir ebenso viele unterschiedliche Antworten bekommen. Zudem verändert sich eine solche Definition mit der Zeit. 1980 hätten wir etwas als "digitalisiert" bezeichnet, wenn ein manueller Rechenvorgang, der mit Papier, Stift und Taschenrechner erfolgte, durch eine Software übernommen würde. Inzwischen bedeutet Digitalisierung deutlich mehr - weil wir ganz andere Möglichkeiten haben.

Genauso verhält es sich auch mit künstlicher Intelligenz.

Definition von künstlicher Intelligenz

Viele praktische Umsetzungsmöglichkeiten von künstlicher Intelligenz werden von verschiedenen Branchen bereits erprobt. Hier zum Beispiel ein autonomes Fahrzeug, das das Bewegungsmuster eines Menschen voraussehen und entsprechend reagieren soll.
Foto: MONOPOLY919 - shutterstock.com

Heute können wir sagen, dass wir es mit künstlicher Intelligenz zu tun haben, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:

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So lernt künstliche Intelligenz - Macht KI die Finanzbranche intelligenter?

Überblick über KI - Es gibt nicht die eine künstliche Intelligenz

Sicherlich ist Jedem klar, dass für maschinelles Lernen und das Verarbeiten großer Datenmengen die Rechenleistung ein entscheidender Faktor ist. Würde beispielsweise ein medizinisches Assistenzsystem zur Auswertung von CT-Bildern für einen Patienten Wochen benötigen, um eine mit einem erfahrenen Arzt vergleichbare Aussagequalität zu erreichen, wäre das System leider zu langsam. Wenn die KI jedoch Millionen von Auswertungen der letzten 20 Jahre als Lerngrundlage nehmen könnte und für die Auswertung eines konkreten Falles dann nur noch 10 Sekunden benötigt, könnte vielen Menschen geholfen werden.

Geschwindigkeit in der Lernphase und bei der Analyse sind daher entscheidend für künstliche Intelligenz. Und die inzwischen verfügbare Rechenleistung sorgt dafür, dass wir heute solche KI-Systeme entwickeln und nutzen können. Was vor zwei Jahren noch Science Fiction war, weil es zu lange gedauert hat, ist heute Realität. Und was heute wie Science-Fiction klingt, wird bald Realität sein.

Doch es steckt noch viel mehr in der Wunderkiste KI. Das vom Bitkom veröffentlichte "Periodensystem der KI" gibt Ihnen einen kompakten Überblick über viele verschiedene Gebiete der KI.

Wo ist nun der Unterschied zwischen künstlicher Intelligenz und einem "normalen" Computerprogramm?

Nehmen wir ein ganz einfaches Beispiel - und Software-Entwickler mögen mir diese Einfachheit verzeihen: Wenn man eine der beliebten und oft mit Makros hochkomplex programmierten Excel-Dateien nimmt, dann wird diese von sich aus niemals schlauer werden. Sie wird uns nur dann bessere Ergebnisse liefern, wenn wir selbst (!) die Programmierung anpassen.

Ein KI-System jedoch wird, je nach Themengebiet, zu Beginn mit mehr oder weniger umfangreichen Vorabinformationen gefüttert. Dazu gehören meistens auch Vorgaben oder Regelwerke und eine große Anzahl von Daten, aufgrund derer das System lernen kann, was "richtig" und was "falsch" ist. Ein Beispiel ist die Bildersuche von Google oder Facebook. Dem System wurde niemals "einprogrammiert", wie ich, Axel Rittershaus, aussehe.

Zuerst hat es gelernt, welche Kriterien es am besten verwendet, um Gesichter wiedererkennen zu können. Anfangs hatten Programmierer definiert, welche Kriterien das System nutzen soll, wie zum Beispiel den Augenabstand. Doch das System lernte ganz alleine, dass andere Kriterien noch besser waren. Dann wurde das System immer weiter eingesetzt und jetzt läuft es auf unseren Smartphones und im Internet.

Sobald mein eigenes Smartphone einmal erfahren hat wie ich aussehe (beispielsweise durch das Foto, das ich von mir mache, wenn ich mein Profilbild anlege), dann erkennt es mich in Zukunft in meinem Bilderalbum. Durch künstliche Intelligenz lernt es auch, wie ich mich über die Jahre hinweg verändere und erkennt mich dennoch wieder. Und durch die Vernetzung könnten mich auch andere auf ihren Bildern identifizieren.

Das System lernt selbst - 24 Stunden am Tag, auf Milliarden von Endgeräten.
Je mehr und effektiver künstliche Intelligenz lernen kann, desto intelligenter wird sie.

Ein aktuelles Beispiel für KI in Smartphones: Die Face ID im iPhone X, welche das Gerät mit Gesichtserkennung entsperrt.
Foto: Artem Oleshko - shutterstock.com

Hat man früher noch durch den Einsatz massiver Rechenleistung versucht, so viele Variationen eines Schachspiels wie möglich durchzurechnen, um den nächsten Zug zu bestimmen, so steckt die "Intelligenz" heutiger Systeme viel stärker in der vorausgehenden Lernphase. In dieser Phase entwickelt der Computer seine Intelligenz - genauso wie ein Kind, das Schachspielen erlernt, mit zunehmender Spielpraxis immer besser wird.

Künstliche Intelligenz lernt selbst - aber ist sie deswegen dann wirklich "intelligent"?

Das ist eine der typischen und schon fast philosophischen Fragen. Denn: Woran erkennt man Intelligenz? Kann eine Maschine jemals intelligent sein? Ist Intelligenz nicht das, was uns Menschen von allem anderen unterscheidet?

Diese Frage ist unglaublich spannend. Wir können sie endlos diskutieren, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Das ist so ähnlich, wie wenn man entscheiden müsste, welche Religion eigentlich "Recht hat". Das ist unmöglich.

Hier ist unsere menschliche Intelligenz vielleicht sogar unser größtes Hemmnis. Denn wir, insbesondere wir Deutschen, diskutieren lieber erst einmal solche Fragen, während andere im Silicon Valley, in Israel oder Indien mit Vollgas zur Nutzung von künstlicher Intelligenz schreiten. Ist es wirklich wichtig, ob ein System am Ende "intelligent" ist, oder einfach nur unglaublich gute Ergebnisse liefert, die wir als Menschen niemals oder zumindest nicht so schnell erreicht hätten?

Und was ist mit der "menschlichen Intuition"?

Wenn die Diskussion um Intelligenz in eine Sackgasse gerät, dann wird die "menschliche Intuition" angeführt. "Ein Computer wird niemals so intuitiv und kreativ wie ein Mensch sein können.", heißt es dann.
Gegenfrage: Wie funktioniert menschliche Intuition? Woher kommen die intuitiven Ideen, die wir beim Duschen, Joggen oder Kochen bekommen, auf die wir niemals gekommen wären, wenn wir zehn Stunden am Schreibtisch darüber gebrütet hätten? Ja, unser Unterbewusstsein wird vermutlich die Ursache dafür sein.

Aber wie funktioniert das? Wie entscheidet es, ob eine Idee völliger Schwachsinn ist, oder den Weg in unser Bewusstsein antreten sollte?
Wir wissen es einfach nicht.

Benötigt künstliche Intelligenz die Fähigkeit der Intuition, um als intelligent bezeichnet werden zu dürfen?
Foto: adike - shutterstock.com

Kann es dann nicht sein, dass ein Computer ebenfalls "intuitiv" Ideen entwickeln kann?

Als AlphaGo 2016 die besten Go-Spieler (Go ist ein hochkomplexes strategisches Brettspiel) der Welt deklassierte, ging ein Ruck durch die KI-Community. Denn Go ist erheblich komplexer als Schach und aufgrund der Vielzahl möglicher Züge nicht durch brachiale Rechenleistung zu meistern. In den Analysen der Wettkampfpartien zwischen AlphaGo und seinen menschlichen Gegenspielern machte es diverse Manöver, die von beobachtenden Experten als völlig überraschend bezeichnet wurden. Es waren Manöver, die ein Mensch so niemals spielen würde. Doch AlphaGo hat offensichtlich während seiner Millionen von Trainings-Partien, die er gegen sich selbst spielte, neue Manöver entdeckt, die funktionieren.

Auch hier können wir nun unendlich lange darüber diskutieren, ob ein Computer "Intuition" haben kann. Oder wir verwenden die Zeit und entwickeln stattdessen genau solche Systeme und lernen daraus.

Wo benutzen wir schon künstliche Intelligenz, ohne es zu merken?

In Wirklichkeit nutzen wir bereits KI-Systeme, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Meistens handelt es sich um Systeme, die von denjenigen entwickelt wurden, die ihre Zeit nicht auf obige Diskussionen verwendet haben.

Dann nutzen Sie auch künstliche Intelligenz, egal ob Sie sich dafür entschieden haben oder nicht. Huawai machte sogar explizit Werbung damit, dass das Mate10 Pro für künstliche Intelligenz optimiert ist, um dem Nutzer ein noch besseres Erlebnis zu bieten. "Dies ist kein Smartphone, es ist eine intelligente Maschine", heißt es in der Werbung.

Mein iPhone überrascht mich auch immer wieder mit den Erkenntnissen, die es über mich gewinnt. Das ist das faszinierende an KI - sie lernt von uns, ohne dass wir etwas dazu beitragen. Beispielsweise gehe ich unter anderem Mittwochs ins Fitness-Studio und mein Wecker klingelt um 4:25 Uhr. Vor einigen Wochen hat mich mein iPhone erstmals am Dienstagabend gefragt, ob es den Wecker für 4:25 Uhr stellen soll. Von sich aus!

In Kombination mit meiner Garmin-Uhr bekomme ich immer dann, wenn ich ins Auto einsteige und sich mein iPhone mit dem Auto per Bluetooth verbindet einen Hinweis, wie lange ich zu einem bestimmten Ort benötige. Wo es hingeht, das wissen weder mein Auto noch mein Telefon. Doch aufgrund meines Bewegungsmusters macht das hinter dem iPhone steckende Analytics-Verfahren Prognosen, wo ich an einem Montag um 17 Uhr wohl hinfahren möchte - und sehr oft hat es Recht.

Das ist faszinierend und beängstigend zugleich. Diese Daten in den falschen Händen sind fatal. In meinen Händen sind sie sehr angenehm und bequem - und zur Bequemlichkeit kommen wir noch.

Lesetipps:

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Bedanken Sie sich schon bei Ihrem Digital Assistant?

Oder denken wir an Alexa, Siri, Cortana und Co. Hier spielt KI insbesondere bei der Sprachverarbeitung eine Rolle. Das gilt einerseits für das Verstehen der Befehle der Nutzer als auch bei der Formulierung von Aussagen durch das System selbst. Echte Dialoge führen wir mit diesen Helferlein noch nicht, aber wir dürfen eines nicht vergessen: Es gibt weltweit Millionen von Alexa-Geräten. Die künstliche Intelligenz hinter Alexa lernt jeden Tag durch Millionen von Interaktionen!

Alexa ist auch nicht mehr auf Amazons Geräte beschränkt. Ob Saugroboter, Waschmaschine oder Fernseher - viele Hersteller machen ihre Geräte kompatibel und sammeln noch mehr Daten, um sowohl die Entwicklung ihrer eigenen Geräte zu verbessern, als auch das Wissen Alexas zu mehren.

Und so wird Alexa (bzw. die Entwickler, die mit und an Alexas Kernsystem arbeiten) bei einzelnen Nutzergruppen immer mal wieder neue Fähigkeiten ausprobieren, daraus lernen und sich weiterentwickeln. Sind die Ergebnisse gut, gehen sie an Millionen von Endgeräten. Sind sie nicht so gut, dann testet man entweder weiter oder verwirft die Idee.

Einen spannenden Überblick über konkrete Anwendungsfälle von KI und Big Data in der Industrie hat Bitkom veröffentlicht. Vom Einsatz bei Zahnärzten über die Prozessoptimierung bei der Postbank, bis hin zur Nutzung von künstlicher Intelligenz in der Stahlindustrie findet der Leser ganz konkrete Informationen darüber, was es bereits gibt oder was konkret in der Planung und Umsetzung ist.

Bequemlichkeit wird siegen

Wir können davon ausgehen, dass nahezu alles, was wir in Zukunft bei unseren digitalen Geräten als "wirklich praktisch" oder "nutzerfreundlich" erleben, durch künstliche Intelligenz ermöglicht wird.

Wenn wir eines Tages völlig gestresst von der Arbeit nach Hause kommen, wären wir sicherlich nicht abgeneigt, wenn wir beim Öffnen der Haustüre unsere absolute Lieblingsmusik hören würden. Würden Sie "Nein" sagen, wenn 15 Minuten später Ihr Lieblingsessen geliefert würde, ohne dass Sie etwas gemacht haben? Oder wenn Ihr digitaler Personal Coach Sie erst zu einem kleinen "Aggressionsabbau-Lauf" animieren würde?

Das wäre nämlich ganz einfach möglich: Unsere Smartwatch hat aufgrund unseres Pulses den ganzen Tag über schon eine erhöhte Anspannung feststellt. Außerdem weiß unser Smartphone, dass wir heute 10 Besprechungen hatten, 187 E-Mails eingegangen sind, und wir dann auch noch 50 Minuten im Stau standen. Da unsere Smartwatch und unser Smartphone mehr Zeit mit uns verbringen als unser Lebenspartner, wissen sie entsprechend viel über uns. Somit kann die KI auch lernen, was uns guttut. Daher die Musik und das Essen oder der virtuelle Tritt-in-den-Hintern des digitalen Coaches.

Gespenstisch, oder? Aber auch ganz schön bequem. Und der Großteil von uns ist bequem. KI weiß das auch, oder lernt es gerade. Bei den meisten Menschen werden die Bedenken gegenüber künstlicher Intelligenz, mit denen sie heute noch herumlaufen, durch Bequemlichkeit überrollt werden.

Wobei die Bundesbürger gar nicht so KI-skeptisch sind, wie man vermuten könnte. In einer im November 2018 veröffentlichten Studie des Bitkom geben rund zwei Drittel der Bundesbürger (62 Prozent) an, dass sie künstliche Intelligenz eher als Chance sehen. Vor einem Jahr lag der Anteil mit 48 Prozent noch deutlich darunter.

KI und Ethik

Die mangelnde Fähigkeit menschlicher Inuition drängt die künstliche Intelligenz in eine ethische Sackgasse.
Foto: Olivier Le Moal - shutterstock.com

Doch alles was gut für uns ist, das kann uns auch schaden. Auch KI kann uns schaden - sehr sogar.

Ein Klassiker bei den Ethik-Themen ist die Frage, wie sich ein autonom fahrendes Auto bei einer - aus welchen Gründen auch immer - unvermeidbaren Kollision verhalten soll. Die Annahme ist, dass es entscheiden muss, ob bei dem Unfall entweder ein Kind oder fünf Erwachsene ums Leben kommen.
Für uns als Mensch ist diese Frage schon extrem schwierig. Wären wir mit der realen Situation konfrontiert, dann würden wir irgendwie reagieren, und jeder andere Mensch hätte Verständnis für uns - egal wie wir uns verhalten hätten.

Lesetipp: Autonomes Fahren - Alles zur Zukunft der Mobilität

Angenommen Sie sagen, dass die Anzahl der Überlebenden entscheidend ist. Dann wäre das Kind also das Opfer. Sagen Sie das immer noch, wenn es Ihr Kind wäre? Was sagen Sie, wenn unter den fünf Erwachsenen drei Mörder sind, die aus einem Gefängnis fliehen konnten?
Was diese Frage ethisch so schwer macht ist die Tatsache, dass wir vorsätzlich(!) einem Computer sagen sollen, wer zu sterben hat.

Im Straßenverkehr gab es 2020 laut statistischem Bundesamt 2.724 Verkehrstote. Autonom fahrende Autos reduzieren das Unfallrisiko erheblich, denn sie fahren weder unter Alkoholeinfluss, noch übermüdet, verärgert oder besonders aggressiv, nur um andere zu beeindrucken. Daher würde ein breiter Einsatz autonomer Fahrzeuge eine erhebliche Anzahl an Menschenleben retten. Aber die Frage, wie sich das System entscheiden soll, wenn bei einem Unfall Menschen zu Schaden kommen werden, wird dadurch nicht leichter.

Lesetipp: Künstliche Intelligenz - auch eine Frage der Ethik

Werden wir diese ethischen Fragen jemals sinnvoll klären können?
Müssen wir mit der Erforschung, Erprobung und dem Einsatz von künstlicher Intelligenz so lange warten, bis wir alle Fragen beantwortet haben?

Fakt ist, die Katze ist bereits aus dem Sack. KI ist da und tausende von Unternehmen weltweit arbeiten rund um die Uhr daran, KI-basierte Produkte zu entwickeln und damit Geld zu verdienen. Wenn wir in Deutschland auf der Bremse stehen, werden diese Entwicklungen ohne uns stattfinden. Dann sind die Lösungen da und haben eine "eingebaute Ethik". Ob uns diese gefällt oder nicht, ist dann Nebensache.

War die Frage mit dem Unfall und dem autonomen Fahrzeug ethisch schon schwierig, gehen wir nun einen Schritt weiter ...

KI darf sich niemals gegen Menschen richten

So werden beispielsweise Horrorszenarien von autonomen Robotersoldaten erzählt, die uns an den Kragen gehen und gegen die wir wehrlos sind. "Terminator" lässt grüßen.

Oder man fürchtet, dass ein KI-System einen Computervirus entwickelt, der unsere Stromversorgung lahmlegt. Das dadurch entstehende Chaos ist hervorragend in Marc Elsberg's Buch "Blackout" beschrieben, auch wenn bei ihm eine menschliche Gruppe von Hackern verantwortlich war. Karl Olsberg's "Das System" zeigt ein Szenario, bei dem künstliche Intelligenz tatsächlich bösartig wird.

Es wird fraglos möglich sein, mittels Computern einen Krieg gegen die Menschheit zu führen, gegen die jede noch so grausame biologische oder chemische Waffe wie eine Spielerei aussieht. Grenzenlose Vernetzung und die, durch unsere Bequemlichkeit, auf ein absolutes Minimum heruntergefahrenen Sicherheitssysteme unserer Smartphones und Co. können auf einen Schlag hunderte von Millionen, ja sogar Milliarden von Menschen betreffen.

Einen solch umfassenden und parallel auf allen Kontinenten stattfindenden Krieg gegen die Menschheit kann man mit konventionellen Methoden (Waffen, Sabotage, Terroristen, Soldaten) niemals führen. Das ist logistisch unmöglich. Durch Computer könnte genau dieses Szenario aber von ein paar hochintelligenten und hinreichend kriminell orientierten Menschen von einem Schreibtisch, oder einem Coffeeshop, aus durchgeführt werden. Wäre dabei dann auch künstliche Intelligenz im Einsatz, würde die einmal losgelassene digitale Massenvernichtungswaffe selbst lernen, wie es unsere Gegenwehr austricksen könnte.

Künstliche Intelligenz alleine ist nicht das Problem. Es ist unsere globale Vernetzung und unsere Bequemlichkeit. KI macht Cyberkriminalität noch gefährlicher, weil sie sich selbst optimieren kann.

Prominente und hochintelligente Menschen, unter anderen Stephen Hawking und Elon Musk, sehen diese Gefahr und wollen dagegen mit ihrer OpenAI-Initiative ankämpfen. Und das ist gut und wichtig.

Ähnlich wie bei Atombomben wird es bei KI notwendig sein, gewisse Möglichkeiten von künstlicher Intelligenz auf globaler Ebene entweder zu regulieren oder, wie im Fall von Chemiewaffen, zu ächten. Was aber nicht bedeutet, dass sie nicht existieren oder von entsprechend motivierten Menschen eingesetzt werden könnten.

Cybersecurity ist schon jetzt ein großes Thema, aber es wird mit zunehmendem Einsatz von KI noch wesentlich wichtiger. Vermutlich wird auch Cybersecurity nur dann erfolgreich sein, wenn es selbst intensiv auf KI setzt.

Wenn künstliche Intelligenz Menschenleben rettet

Noch ein letzter, positiver Blick auf künstliche Intelligenz am Beispiel der Medizin.

In Großbritannien lief ein Versuch, bei dem einem KI-System Daten von knapp 300,000 Patienten mit Herzerkrankungen und Herzinfarkten gegeben wurde. Es sollte selbständig lernen, ob die Herzerkrankungen im Vorfeld hätten erkannt werden können. Das Ergebnis: Es konnte teilweise signifikant besser eine Erkrankung vorhersagen, als dies aufgrund von bisherigen (menschlichen) Vorgehensweisen möglich war. Es nutzte dabei auch Indikatoren, die auf den Checklisten der Ärzte nicht zu finden waren. Es hatte selbst neue Zusammenhänge erkannt.

KI ist kein Jobkiller, sondern kann eine nützliche Hilfe in vielen Bereichen sein - wie zum Beispiel in der Medizin
Foto: chombosan - shutterstock.com

Google trainierte ein KI-System zum frühzeitigen Erkennen der Streuung von Brustkrebs in Lymphknoten. Eine Aufgabe, bei der winzige Anomalien erkannt werden müssen. Es war genauso gut wie entsprechende menschliche Experten - mit dem kleinen aber wichtigen Unterschied, dass das KI-System niemals müde oder unkonzentriert wird, sowie rund um die Uhr arbeiten kann.

Gerade bei der angespannten Situation im Gesundheitswesen mit explodierenden Kosten und unglaublichen Arbeitsbelastungen für Ärzte, wäre es da nicht dringend angebracht, so schnell wie mögliche unsere Ärzte durch KI-Systeme zu unterstützen? Künstliche Intelligenz soll ja nicht eigenständig eine Diagnose erstellen und mit dem Patienten reden. Auch wenn manche KI vermutlich wesentlich "menschlicher" mit den Patienten reden würde, als einige Ärzte.

Eine künstliche Intelligenz, die allzu menschlichen Fehler von Ärzten verhindert und neue Erkenntnisse generiert, würde unzählige Menschenleben retten oder unnötige Behandlungen vermeiden. Googles DeepMind-System hat inzwischen bei der Diagnose bestimmter Augenkrankheiten eine Genauigkeit erreicht, die genauso gut ist, wie die der allerbesten Augenspezialisten der Welt. Und das System lernt weiter. Die Medizinsparte von Siemens arbeitet unter anderem an einem "digitalen Zwilling" des Herzens, auch mit Unterstützung von KI.

Die Gesundheitsindustrie ist ein Milliardenmarkt. Es ist zu begrüßen, wenn neue Player - wie beispielsweise Google - auf dem Spielfeld erscheinen. Sie können den etablierten Anbietern Druck machen, sich mittels digitaler Technologien auch wirklich um die Patienten zu kümmern.

Es gibt in nahezu jedem Bereich der Gesellschaft und Wirtschaft Möglichkeiten, in denen KI nicht zum bösen Jobkiller würde, sondern den dort arbeitenden Menschen das Leben erheblich erleichtern könnte.

Was wäre, wenn wir als Menschen von KI lernen könnten?

Noch ein letzter Gedanke: Was wäre, wenn wir Menschen unsere Allmachtsfantasie, die "führende" Spezies auf diesem Planeten zu sein, einmal kurz ad acta legen. Könnten wir Menschen dann vielleicht heute und in Zukunft von künstlicher Intelligenz lernen?

Im Dezember 2017 stellte die Alphabet-Tochter DeepMind (quasi eine Schwester von Google) das KI-System AlphaZero vor. Dieses System erlernte in wenigen Stunden Schach und Go. Dem System wurden keine Spielstrategien, die bislang von Menschen eingesetzt werden, gezeigt. Es wurden ausschließlich die Spielregeln vorgegeben. Alles andere lernte das System selbst.
Nicht einmal 24 Stunden nachdem DeepMind die Schachregeln vorgegeben wurden, war es bereits besser, als jede bislang entwickelte Schach-Software. Und damit auch besser als jeder Mensch. Auch hier war unter anderem die gestiegene verfügbare Rechenleistung ein Erfolgskriterium.

Der 1997 von DeepBlue geschlagene ehemalige Schachweltmeister sagte daraufhin:

"Wir haben immer gedacht, dass eine Maschine für das Schach zu viel empirisches Wissen benötigt und zudem die Zugabe von menschlichen Erfahrungswerten." Er sei erstaunt über die Fähigkeiten der KI-Schachmaschine - und darüber, "was man von AlphaZero und grundsätzlich von KI-Programmen lernen kann, die Regeln und Wege erkennen können, die Menschen bisher verborgen geblieben sind."

Was aktuelle Studien sagen - oder auch nicht

Das Jahr 2017 war von Horrorstories geprägt, in denen die Apokalypse am Arbeitsmarkt vorhergesagt wurde. Seit 2018 gibt es zunehmend auch anders lautende Veröffentlichungen.

So veröffentlichte beispielsweise PWC am 17.07.2018 eine Studie zu den Auswirklungen von KI auf den Arbeitsmarkt in England. Interessanterweise kam man zum Ergebnis, dass KI zwar in diversen Bereichen zu Jobverlusten von 25 Prozent und mehr führen wird - aber auf der anderen Seite sehr viele neue Arbeitsplätze entstehen. Netto sogar ein Plus!

Eine umfangreiche Studie (Download) zu künstlicher Intelligenz und Arbeitswelt veröffentlichten ver.di und IBM in Kooperation mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Dezember 2020. Die IDG-Studie "Machine Learning 2021" brachte unter anderem hervor, dass die Zahl der KI- und ML-Verweigerer im Vergleich zum Vorjahr von elf auf acht Prozent zurückgegangen ist. Auch die Corona-Pandemie hat die Investitionen in künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen nicht beeinträchtigt. Im Gegenteil: Rund ein Fünftel der Unternehmen hat die Ausgaben in diesen Bereichen stark erhöht. Die Zahl der Projekte stieg ebenfalls um 18 Prozent.

Künstliche Intelligenz - ein Ratgeber
KI im Unternehmen und Personalmanagement
Künstliche Intelligenz (KI) birgt ein enormes Potenzial für Unternehmen, zum Beispiel beim Einsatz im Personalmanagement. Joachim Skura, Thought Leader Human Capital Management bei Oracle, nennt Vorteile der KI sowie wichtige Faktoren, die bei der Planung sowie Nutzung zu beachten sind.
Kooperation der Führungskräfte
Da die KI-Technologie heute alle Unternehmensebenen durchdringt, müssen HR-Verantwortliche mit den anderen Führungskräften zusammenarbeiten, um Automatisierungsstrategien für die einzelnen Teams zu entwickeln.
Intelligenz kombinieren
KI muss zu einem Umdenken in Bezug auf die Belegschaft führen: Es geht nicht mehr nur darum, Mitarbeiter einzustellen. Vielmehr müssen menschliche und künstliche Intelligenz kombiniert werden, um die Produktivität zu maximieren.
Sinnvolle Prozessautomatisierung
Ein ganz wesentlicher Aspekt der Nutzung von KI ist, das Streben nach mehr Effizienz in Relation zu den tatsächlichen Möglichkeiten zu setzen. Nur weil sich ein Prozess automatisieren lässt, heißt das noch lange nicht, dass man das auch tun sollte. Das gilt auch im Personalwesen.
Keine Big-Brother-Atmosphäre schaffen
KI kann für die Sicherheit des Unternehmens sehr hilfreich sein. Viele Betriebe nutzen KI-Technik, um Anwendungen, Systeme und Infrastruktur ständig zu überwachen und anomales Verhalten in Echtzeit zu erkennen und zu bewerten. Hier sollten Unternehmen aber unbedingt darauf achten, dass keine „Big-Brother-Atmosphäre“ geschaffen wird. Der Personalabteilung kommt dabei eine wichtige Rolle zu.
Daten und Technik ausschöpfen
KI sollte bei Einstellungs- und Besetzungsplänen zur Anwendung kommen. Der Grund: Es gilt, kontextbezogene Daten und Technologien auszuschöpfen, um Probleme wie hohe Fluktuationsraten in Angriff zu nehmen, Mitarbeiter besser zu verstehen und den vorhandenen Pool an Talenten effektiver zu nutzen. Nur so lässt sich Arbeit intelligenter, angenehmer und kollaborativer gestalten – und letztendlich auch wertschöpfender.
KI im Recruiting nutzen
Künstliche Intelligenz wird derzeit auch im Recruiting immer wichtiger. Recruiter nutzen KI, um herauszufinden, welche Skills das Unternehmen aktuell benötigt, und wo passende Kandidaten zu finden sind.
Bewerbungsmanagement automatisieren
Mit Hilfe von KI lassen sich zeitaufwendige Aufgaben wie das manuelle Screening von Lebensläufen und Bewerber-Pools automatisieren.
Candidate Experience aufbauen
Leistungsstarke und integrierte KI-Funktionen sowie klare Abläufe helfen, im Personalmanagement eine benutzerfreundliche und personalisierte Candidate Experience vom Erstkontakt bis hin zur Einstellung und Eingliederung zu schaffen.
Mehr Effizienz durch Machine Learning
Modernste Machine-Learning-Anwendungen unterstützen das Personalwesen, die Time-to-Hire zu verkürzen, indem sie proaktiv eine Vorauswahl der geeignetsten Kandidaten treffen und Empfehlungen geben.
Chatbots einsetzen
Ein Chatbot kann eine Datenquelle sein, mit deren Hilfe Unternehmen mehr über ihre Mitarbeiter erfahren. Machine-Learning-Analysen von Fragen und Gesprächen können einzigartige und bisher nicht mögliche Einblicke liefern. So lassen sich zugrundeliegende Probleme aufdecken – und das vielleicht noch, bevor sich der Mitarbeiter dieser überhaupt bewusst ist.

Blicken wir auf die vergangenen Entwicklungsschübe durch das Fließband oder die ersten Roboter zurück, dann prägten immer Horrorstories die Medien. Ist auch kein Wunder - Horror verkauft sich besser als Positives.
Lassen Sie uns doch dieses Mal aus der Vergangenheit lernen und handeln wir aktiv, statt auf die apokalyptischen Reiter zu warten - die dann doch nicht kommen - und konkret werden.

Was müssen Führungskräfte, Geschäftsführer, Vorstände über künstlicher Intelligenz wissen?

KI kann und wird Arbeitsplätze kosten. KI kann und wird aber auch neue Arbeitsplätze schaffen.

Vor allem wird künstliche Intelligenz bisherige Arbeiten erheblich vereinfachen und verbessern können, so dass sich die Menschen auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren können. Es wird aber auch unzählige Arbeitsplätze geben die wegfallen, und bei denen man die jeweiligen Mitarbeiter nicht einfach umschulen kann.

Die Verantwortlichen in allen Unternehmen müssen jetzt Geld investieren, um ein paar Mitarbeitern die Freiheit zu geben, sich mit künstlicher Intelligenz und den Möglichkeiten im eigenen Unternehmen auseinanderzusetzen. Diese Verantwortlichen dürfen dann deren Ergebnisse nicht als Fiktion abtun und vor allem müssen sie darauf vorbereitet sein, dass seit Jahrzehnten etablierte und geschätzte Prozesse durch KI ggf. vollständig ersetzt werden. Womit sich viele unglaublich schwer tun.

Diejenigen, die sich vorurteilsfrei damit beschäftigen und die dazu bereit sind, ganze Geschäftsmodelle komplett zu überarbeiten oder zu beerdigen, um stattdessen neue Möglichkeiten zu nutzen, deren Unternehmen werden am Ende die Chance haben, durch künstliche Intelligenz gestärkt zu werden.
Wer weiß, vielleicht gibt es auch einmal einen Platz im Vorstand für ein KI-System?

Zum Video: Was Sie zum Thema KI wissen müssen

Es gibt noch viele unbeantwortete Fragen und ethische Probleme. Wer jedoch abwartet, bis diese alle gelöst sind, wird später erkennen müssen, dass in der Zwischenzeit ein Wettbewerber oder, und das ist viel wahrscheinlicher, ein Startup die Regeln der Branche verändert und das noch vor zwei Jahren so glänzend laufende Geschäftsmodell ein Auslaufmodell ist.

Was müssen Politiker und die öffentliche Verwaltung über KI wissen?

Politiker müssen akzeptieren, dass sie auf viele Fragen keine Antworten haben. Sie müssen sich darauf einlassen, dass ihnen 23-jährige, Flip-Flop- und Jeans-tragende Hipster mit ihrem MacBook Air und Zugriff auf KI-Systeme in der Cloud bessere Analysen zu politischen Themen liefern können, als ein Stab von 1.000 Staatssekretären und Beamten. Damit will ich jetzt nicht gegen die Staatssekretäre und Beamten wettern, sondern einfach nur der Realität ins Auge blicken.

Im Juli 2018 veröffentlichte das BMWi ein Eckpunktepapier, in dem bis Ende 2018 eine Strategie Künstliche Intelligenz angekündigt wurde. Es beginnt mit dem Ansinnen "zum weltweit führenden Standort für KI zu werden". Na wenn sich die Bundesregierung da nicht ein etwas unrealistisches Ziel vorgenommen hat, wenn man die Schlagkraft und Projekte insbesondere in China ansieht?

Im November 2018 wurde es dann auch veröffentlicht - immerhin im Zeitplan. Auf der Website https://www.ki-strategie-deutschland.de/ kann man sich diese ansehen. Von einem echten Aufbruch kann ich dort allerdings nichts lesen. Es sollen zum damalligen Zeitpunkt insgesamt 3 Milliarden Euro in KI investiert werden. Sehr interessant.

Setzen wir das ins Verhältnis, dass der Bau des Hauptstadtflughafens BER am Ende über 7 Milliarden gekostet hat, muss man sich kurz schütteln. KI ist eine der wichtigsten Entwicklungen der Zukunft. Nicht nur der Wirtschaft, sondern der Arbeitswelt und Gesellschaft insgesamt. Für ein solches Thema gibt es nicht einmal die Hälfte des Geldes wie für einen Flughafen? Traurig!

Um die Größenordnung im Auge zu haben:

Das ist eindeutig zu wenig. Die EU sieht zwar den Bedarf deutlich größer, aber 1,5 Milliarden sind keine ordentliche Anschubfinanzierung, um auf dem globalen Marktplatz der KI-Talente und -Geschäftsideen eine signifikante Rolle zu spielen. Daher müssen verantwortungsvolle Politiker signifikante Budgets zur Verfügung stellen, um für jedes Ressort die Möglichkeiten der Nutzung von künstlicher Intelligenz auszuloten und dann auch zu nutzen. Erst in Versuchen, dann im echten Leben.

Das echte Leben ist es wohl auch, das den Bundeswirtschaftsminister im Juli 2021 zu der Aussage: "Künstliche Intelligenz kann Krisenmanagement unterstützen", gebracht hat. Dieser Satz stand in Zusammenhang mit dem Innovationswettbewerb Künstliche Intelligenz, der neue KI-Anwendungen im Zusammenhang mit Pandemien und anderen Krisensituationen hervorbringen soll. Die folgenden vier Projekte wurden dadurch mit insgesamt 44 Millionen Euro gefördert:

SPELL (Semantische Plattform zur intelligenten Entscheidungs- und Einsatzunterstützung in Leicstellen und beim Lagemanagement)

ResKriVer (Kommunikations- und Informationsplattform für resiliente, krisenrelevante Versorgungsnetze)

CoyPu (Cognitive Economy Intelligence Plattform für die Resilienz wirtschaftlicher Ökosysteme

PAIRS (Privacy-Aware, Intelligent and Resilient CrisiS Management)

Und was, wenn sie es nicht tun?

Nun, dann wir die Bundesregierung beispielsweise bei den Steuereinnahmen bemerken, dass diese stärker sinken als erwartet, selbst wenn die Wirtschaft boomt. Denn es wird "TaxTech" Firmen geben, die mit ihren KI-Systemen die weltweiten Steuergesetze analysieren und auf Knopfdruck sowohl dem Großkonzern als auch jedem einzelnen Angestellten Lösungen präsentieren, um legal Steuern sparen zu können.

Lesetipp: KI revolutioniert das Steuerwesen

Und das ist nur ein Beispiel. Die gesamten Bedrohungsszenarien durch "KI-Terroristen" und ähnliches fordern ebenfalls aktives und nachhaltiges Handeln. Selbst dann, wenn der zuständige Minister oder Staatssekretär nicht einmal ansatzweise versteht, was seine KI-Experten den ganzen Tag so machen.

Zu guter Letzt muss die gesamte Gesellschaft unter Federführung der Politik die Frage beantworten, wie wir als Gesellschaft leben können, wenn weniger Menschen arbeiten und ein eklatanter Anteil an Arbeitsplätzen für immer verloren sein wird. Das ist die Kernaufgabe der Politiker und wir werden die guten Politiker daran erkennen, dass sie sich verantwortungsvoll und mit Nachdruck auf dieses Thema konzentrieren, anstatt monatelang um Posten und Pöstchen zu kämpfen.

Es muss, und das ist das Schlusswort, bei relevanten KI-Systemen immer eine menschliche Komponente involviert sein, wenn es um wichtige Entscheidungen geht. Doch wir werden nur dann erkennen können, bei welchen Systemen dies notwendig ist, wenn wir offen und aktiv mit den neuen Möglichkeiten umgehen. Angst ist der schlechteste Ratgeber, den es gibt! (bw)