Es sind anstrengende Tage für Microsoft: Nachdem bereits letzte Woche das neue Desktop-Betriebssystem Windows 8 offiziell an den Start ging, folgt nun die Neuauflage für Smartphones. Die neue Version heißt Windows Phone 8, der Name erinnert nicht zufällig an das aktuelle Betriebssystem. Denn auch auf Smartphones setzt Microsoft auf Apps und die inzwischen typischen Vierecke namens Live Tiles. Wie bereits beim Vorgänger bieten diese Kacheln nicht nur Verknüpfungen zu installierten Applikationen, sondern können auch Änderungen, etwa Status-Updates oder neue E-Mails anzeigen. Microsoft führt dieses Konzept mit den Live Apps fort. Diese können sich in den Sperrbildschirm integrieren und dort Informationen anzeigen, selbst wenn das Gerät gesperrt ist. Das klappte wie beim Vorgänger beispielsweise mit E-Mails oder Kontakten, nun können sich laut Microsoft nahezu alle App-Entwickler einklinken. Ein Beispiel dafür ist etwa Facebook, auf Wunsch zeigt der Startbildschirm eine Collage aus hochgeladenen Bildern des Nutzers.
Microsoft hat während der offiziellen Vorstellung einige Neuerungen zu den bekannten Funktionen von Windows Phone 8 bekannt gegeben. Dazu gehört beispielsweise, dass der VoIP-Dienst Skype enorm tief integriert ist. Skype ist ständig im Hintergrund aktiv, Nutzer können also jederzeit sowohl per Telefon wie auch über VoIP angerufen oder per Instant Message angeschrieben werden. Dabei soll Skype laut Microsoft die Akkulaufzeit nicht negativ beeinflussen.
Kids Corner für Spiele, Musik und Videos
Eine weitere Neuerung ist die sogenannte Kids Corner. Diese ist laut Microsoft vor allem für Eltern gedacht, die ihre Geräte ihren Kindern zum Spielen überlassen möchten. Die Kids Corner lässt sich im Smartphone gezielt mit Spielen, Musik, Videos oder Apps bestücken. Ist sie aktiv, erreicht der Nutzer den Bereich direkt aus dem Sperrbildschirm mit einem Wisch von rechts nach links. Der Zugriff ist ohne die Eingabe des Kennwortes möglich. Die Kinder haben anschließend nur Zugriff auf die hinterlegten Apps und können beispielsweise weder SMS noch E-Mails verschicken. Leider beschränkt Microsoft den Zugriff auf die Apps, der Browser lässt sich etwa nicht integrieren. Das wird mit potentiellen Sicherheitslücken begründet. Wenn aber die App-Entwickler auf diese Funktion aufspringen, könnte man etwa auch einfach einen Gäste-Modus für das eigene Smartphone einrichten.
Zu weiteren Neuerungen gehört etwa die Brieftasche, die Kreditkaten, Zahlungsarten oder Gutscheine sammelt und verwaltet. Außerdem unterstützt Windows Phone 8 den Nahfunk NFC, SD-Speicherkarten und Prozessoren mit mehreren Kernen. Firmen können ihre eigenen Apps zudem über den neuen Firmen-Hub zentral verwalten. Mit neuen Sicherheitsfunktionen lassen sich zudem die Daten der Nutzer weiter schützen - etwa ist die Verschlüsselungstechnik Bitlocker mit an Bord. (Weitere Hintergrundinformationen zu Windows Phone 8 finden Sie in diesem Beitrag.)
Neue Smartphones mit Windows Phone 8 kommen in den nächsten Wochen und Monaten in den Handel. Die Telekom etwa bietet bereits das Nokia Lumia 820 sowie das HTC 8x an. Insgesamt bieten drei Hersteller neue Smartphones an: Nokia bringt das Lumia 920 und das Lumia 820, Samsung präsentiert die Ativ-Serie und HTC zeigte ein Smartphone namens 8X.
Update Windows Phone 7.8 für ältere Geräte
Windows Phone 8 kann aufgrund der neuen Funktionen und technischer Vorgaben nicht auf älteren Geräten installiert werden. Diese erhalten ein separates Update namens Windows Phone 7.8 - zumindest ein Teil der neuen Funktionen sollen dort Einzug halten. Microsoft wollte während der Konferenz noch keine Details bekanntgeben. Nicht nur Journalisten haben den Start des neuen mobilen Betriebssystems erwartet, auch Analysten verschiedener Häuser melden sich zu Wort.
Axel Opperman von der Experton Group ist sich weiterhin sicher, dass "Microsoft mit der Windows-Phone-Plattform einen Marktanteil erarbeiten wird, der signifikant genug ist, die Nr. 3 am OS- Smartphone-Markt zu sein". Allerdings seien für den kurzfristigen Erfolg drei Punkte ausschlaggebend:
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Belastbare Unterstützung durch die Carrier,
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aggressive Preispunkte für attraktive Geräte in einem Preisband von 150 bis 300 Euro sowie
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der Erfolg von Windows 8 auf Tablets/Pads.
Oppermann sieht nicht alle Punkte gegeben. So habe Microsoft in den letzten Jahren regelmäßig Marktanteile im (Smart-)Phone-Markt verloren, auch nach der Veröffentlichung von Windows 7 im Oktober 2010. Oppermann weiter: "Nun erfindet Microsoft das Smartphone mit Windows Phone 8 neu. So die Ankündigungen im Vorfeld. Und dies geschieht sogar innerhalb von 24 Monaten zum zweiten Mal. Bei der Umsetzung hatte Microsoft - nach eigenen Angaben - eine ganz andere, eine eigene Perspektive auf das, was ein Smartphone sein sollte. Die Frage, die sich stellt: Ist das auch die Perspektive der Anwender?"
Ovum erwartet für 2017 Marktanteil von 13 Prozent
Ovum-Analyst Nick Dillon schlägt in eine ähnliche Kerbe. Der Erfolg von Windows Phone 8 sei für Microsoft enorm wichtig, zumal die ersten Versionen weniger erfolgreich waren als der Konzern hoffte. Dabei sei die Software in Ordnung, Dillon sieht aber Probleme beim Design und den verfügbaren Apps. Gleichwohl erwartet Ovum einen Zuwachs im Marktanteil: Bis 2017 soll Microsoft laut dem Analysten auf Platz drei landen und immerhin 13 Prozent erreichen.