Strategien gegen Risiken

Wege aus der Abhängigkeit beim Outsourcing

09.05.2008 von Alexander Galdy
Vor allem mittelständische Unternehmen haben Befürchtungen, dass sie ihre Unabhängigkeit und die Kontrolle verlieren, wenn sie einen Outsourcing-Vertrag unterschreiben. Diese Sorge ist durchaus berechtigt, aber nur wenn die Vorbereitungen ohne die notwendige fachliche Professionalität durchgeführt werden. Denn abhängig wird nur der, der es zulässt.

Durch ein Outsourcing-Vorhaben gerät der Auftraggeber immer in die Abhängigkeit des Dienstleisters, warnt zumindest das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) auf seiner Internet-Seite. Eine typische Gefahr besteht unter anderem darin, dass durch das Auslagern von Geschäftsprozessen intern das entsprechende Know-how verloren geht. Oder aber es kommt vor, dass Mitarbeiter das Unternehmen verlassen oder versetzt werden und dann ihr Wissen mitnehmen.

Das BSI sieht es außerdem als kritisch an, IT-Systeme und Ressourcen dem Outsourcing-Dienstleister zu überlassen, so dass über diese keine Kontrolle mehr besteht. Zu bedenken ist außerdem, dass Kunde und Dienstleister den Schutzbedarf der ausgelagerten Informationen unterschiedlich einschätzen können. Grund können Missverständnisse in der Kommunikation oder einer anderen Sicherheitskultur sein. Jedenfalls können damit die ergriffenen Sicherheitsmaßnahmen unzureichend oder falsch sein.

Aus einer zu großen Abhängigkeit können sich weitere Konsequenzen ergeben, die es laut BSI zu bedenken gibt. So ist Insourcing im Allgemeinen teuer und im Extremfall sogar unmöglich. Ein Wechsel des Dienstleisters ist im Falle einer zu großen Abhängigkeit generell schwierig und kann sogar zu existenzbedrohenden Situationen führen. Außerdem kann unter Umständen auf Veränderungen der Rahmenbedingungen wie einem Eigentümerwechsel beim Dienstleister oder Zweifel an der Zuverlässigkeit des Outsourcers nicht angemessen reagiert werden.

Kriegt der Dienstleister spitz, dass der Auftraggeber in einem hohen Maß von ihm abhängig ist, besteht die Gefahr, dass er diese Situation schamlos ausnutzt und die Preise drastisch erhöht. Die Qualität der erbrachten Dienstleistung wird immer schlechter. Die Drohung, die Dienstleistung sofort einzustellen, wird als Druckmittel eingesetzt, wenn der Kunde kündigen möchte oder es zu Streitigkeiten kommt.

Augen auf bei Neuverhandlungen

Gerade bei Neuverhandlungen eines bestehenden Vertrags sollte nicht geschludert werden, auch wenn es bisher ganz gut mit dem Dienstleister läuft.
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Die Risiken bei einer Abhängigkeit sind also mannigfaltig. Sie drohen aber nur, wenn bei den Vorbereitungen für einen Vertragsabschluss über ein Outsourcing-Projekt geschludert wird, wie Heinz Schick von der Experton Group regelmäßig beobachtet: "Das gilt vor allem bei Neuverhandlungen eines bestehendes Vertrags. Aus Gründen der Bequemlichkeit wird er mit dem bestehenden Provider fortgeführt, weil es ja ganz gut läuft."

Es sind immer die gleichen Fehler, die zu einer Abhängigkeit führen; und die werden am Anfang der Beziehung gemacht. "Das fängt bei der Planung an. Bereits zu diesem Zeitpunkt sollten sämtliche Risiken formuliert und dokumentiert sein", rät Schick. Oft werden jedoch nur die finanziellen und sicherheitsrelevanten Risikofaktoren bedacht, kritisiert der Berater.

Wer so handelt, darf sich später nicht wundern. Denn so eine Bewertung greift zu kurz. Mit Blick auf eine drohende und vermeidbare Abhängigkeit vom Dienstleister ist es ebenfalls unerlässlich herauszufinden, ob bei einer Vertragsbeendigung beispielsweise andere Anbieter in der Lage sind, auf die geschaffene Plattform ohne große finanzielle Mehraufwendungen aufzusetzen.

Auf Standards bestehen

"Das beste Mittel, die Abhängigkeit von einem Dienstleister zu vermeiden, ist daher ein hoher Standardisierungsgrad der Leistungen", empfiehlt Schick. So ist zwar bei der Definition der Service Levels immer darauf zu achten, dass die Leistungen detailliert beschrieben sind. Trotzdem sollten Standardleistungen falls möglich den Vorzug vor individuellen Anpassungen erhalten. Werden Service Levels vom Provider vorgegeben, empfiehlt sich eine sorgfältige Prüfung durch einen Experten, ob versteckte Abhängigkeiten enthalten sind.

Läuft das Outsourcing-Projekt bereits, sollte aufmerksam verfolgt werden, ob und welche Tools der Dienstleister einsetzt. Denn es kann vorkommen, dass diese dann von anderen Providern nicht oder nur eingeschränkt genutzt werden können. "Deshalb sollte im Vertrag vereinbart werden, dass Lizenzen auch für andere Anbieter kostenlos bereitgestellt werden müssen und genutzt werden können", so der Berater.

Vorsicht Stolperfallen: Eine Risiko-Analyse mit einem besonderen Fokus auf Abhängigkeiten hilft, sie zu umgehen.
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Fallen gibt es immer wieder. Dem Einfallsreichtum der Dienstleister sind scheinbar keine Grenzen gesetzt, wie Schick beobachtet hat: "Beliebt ist es bei Providern auch, nicht allgemein verfügbare Schnittstellen auf Systemebene zu integrieren, die schnurstracks in eine Abhängigkeit von einem einzigen Provider führen können." Hier muss die Sourcing-Organisation aufpassen, dass keine unbeabsichtigten Abhängigkeiten durch die Hintertür eingeführt werden.

Um das Risiko einer Abhängigkeit vom Provider zu verringern hat Heinz Schick acht Regeln aufgestellt:

Risiko-Analyse

Unternehmen, die im Begriff sind auszulagern, sollten bereits zu Beginn des Projekts eine Risiko-Analyse durchführen. Der besondere Fokus sollte dabei auf mögliche Abhängigkeiten gerichtet sein.

Service Level

Wichtig ist es, Service Levels festzulegen, die von unterschiedlichen Dienstleistern garantiert werden können.

Standards

Vertragsleistungen sollten an Standards orientiert sein. Wo es möglich ist, sollten Individualleistungen vermieden werden.

Tools

Bereits auf vertraglichem Wege sollte vermieden werden, dass der Outsourcing-Dienstleister die Leistungen und die Tools, mit denen er die Leistung erbringt, so verändert, dass nur noch er diese erbringen kann.

Ausschreibung

Unternehmen sollten in jedem Fall die Vertragsleistungen rechtzeitig vor Vertragsende erneut ausschreiben, damit sie das Leistungsangebot besser vergleichen können.

Keine neue Leistungen

Leistungen, die durch individuelle Bestandteile an den Dienstleister binden, sollten während der Vertragslaufzeit nicht neu eingebunden werden.

Planen und Nachdenken

Auch wenn das Tagesgeschäft stresst, sollten sich Firmen nicht auf kurzfristige individuelle Lösungen einlassen. Wenige Minuten Investition in Planung und Nachdenken verhindern eine nachhaltige Abhängigkeit.

Kein Joint Venture

Finger weg von Joint Ventures mit dem Dienstleister. Was sich anfangs rechnet und den eigenen Einfluss sichert, rächt sich im Nachhinein meist durch den Verlust an Wettbewerbsfähigkeit. Kein Provider glaubt an einen Wechsel, wenn der Kunde an einem Wettbewerber beteiligt ist.