Einfache Websites entwickeln kann heute jeder, dank der nach dem Baukastenprinzip arbeitenden Werkzeuge großer Hosting-Anbieter. Für kleine Handwerksbetriebe, die vor allem eine Präsenz im Internet benötigen, mag das ausreichen. Ansonsten sind Websites jedoch komplexe Anwendungen, über die User auf Datenbanken zugreifen und damit ganze Produktionsprozesse auslösen oder steuern, deren Content nach Bedarf zusammengestellt wird und die responsiv auf allen möglichen mobilen Endgeräte laufen. Web Developer müssen deshalb den Full Stack im Auge haben, also nicht nur Frontends bauen, sondern auch die Verknüpfung mit dem Backend programmieren.
Das Aufgabenfeld eines Website-Entwicklers
"Man sollte vor allem Lust haben, Probleme zu lösen, und Spaß am Programmieren finden", nennt Samuel Boguslawski die Eigenschaften, die man mitbringen sollte, wenn man Web Developer werden möchte. Er selbst ist Full Stack Web Developer bei einem Startup in Berlin. "Web-Entwickler beschäftigen sich zum großen Teil damit, herauszufinden, warum ein Code nicht funktioniert. Da braucht man manchmal echtes Durchhaltevermögen und darf sich nicht frustrieren lassen."
Der Grund: Eine Website ist nie fertig. Auch wenn das Frontend steht, und die wichtigsten Funktionen die benötigten Daten aus dem Backend erhalten, wird es ständig Erweiterungen geben. Hinter der Digitalisierung des Geschäfts stehen schließlich digitale Prozesse. "Ein Web Developer ist laufend mit Änderungen und Ergänzungen rund um die Website und die angehängten Systeme beschäftigt", beschreibt der Entwickler seinen Arbeitsalltag. "Wir haben so viele Ideen, dass wir es gar nicht schaffen, alle umzusetzen." Viele Unternehmen beschäftigen deshalb mehrere Web Developer oder ergänzen das Team mit Freiberuflern.
Informatik oder Software Engineering als Basis
Für Raffaela Rein, Gründerin und Geschäftsführerin von CareerFoundry, einer europäischen Online-Weiterbildungsplattform für professionelle Technik- und Digital-Trainings, nehmen Web Developer zurzeit einen zentralen Platz in der IT-Branche ein. "Es gibt kein Studium oder Ähnliches zum Web Developer", beschreibt sie die fehlenden einheitlichen Ausbildungsmöglichkeiten. "Eine gute Grundlage kann ein Studium der Informatik oder Software Engineering sein. Aber auch Ausbildungen zum Mediengestalter mit der Fachrichtung Digitale Medien und Medientechnik liefern eine ordentliche Basis."
Darauf aufbauend empfiehlt sie, einen Kurs mit fachlicher Begleitung zu belegen, um sich die verschiedenen Grundtechniken anzueignen. Natürlich sei es möglich, sich das notwendige Wissen autodidaktisch beizubringen. Doch ein Kurs habe, so Rein, den Vorteil, dass das Know-how eine Struktur erhält und alle notwendigen Bereiche abgedeckt würden. Als Autodidakt laufe man bei diesem komplexen Thema Gefahr, sich zu verzetteln.
Bei CareerFoundry werden die Kursteilnehmer von Mentoren begleitet. Diese stellen sicher, dass die Lernenden das Ziel "Web Developer" auch erreichen. Aber auch Quereinsteigern stehen im Web Development die Türen offen. Entwickler Boguslawski zum Beispiel studierte zunächst Musik, bevor er sich, wie er sagt, entschied, "etwas Kreatives zu tun, mit dem man auch Geld verdienen kann". Der Beruf eigne sich zudem gut, um ihn frei- oder nebenberuflich auszuüben.
Arbeitsmarkt mit Jobgarantie
"Viele Unternehmen suchen dringend gut ausgebildete Web Developer und werden kaum fündig", beschreibt Anais Bourg, Karriere-Coach bei der Online-Weiterbildungsplattform, die aktuelle Situation am Stellenmarkt. Die Arbeitsmarktchancen der Absolventen seien deshalb so gut, dass sogar eine Jobgarantie gegeben werden könne. Im Schnitt bräuchten die frischgebackenen Web Developer drei Monate, um einen Job zu finden. Die meisten Arbeitgeber verlangen jedoch ein Zertifikat und, wenn möglich, auch Arbeitsproben. Es sei daher hilfreich, schon frühzeitig kleinere Jobs anzunehmen, etwa aus der Familie oder dem Bekanntenkreis. Dabei könne man Erfahrungen sammeln und sein Portfolio erweitern.
Inhalt eines Online- oder Präsenzkurses sollten demnach auch Anwendungsprojekte sein. Zudem sei es wichtig, auf die richtigen Technologien zu setzen. "Derzeit sind neben HTML5 vor allem Javascript und Ruby die Techniken, die ein Web Developer beherrschen sollte", rät Bourg. Darüber hinaus, so die Expertin, drehe sich alles um API-Programmierung, Behavior-driven Development, Responsive Design und die Entwicklung von Web-Apps.
Wie begehrt Web Developer sind, zeigt auch eine Auswertung des Business-Netzwerks LinkedIn: Das Portal analysierte zu Jahresbeginn auf den Seiten seiner Mitglieder weltweit, welche Skills besonders gefragt sind. Die Kategorie "Web Architecture und Development Frameworks" landete unter den Top Ten der "Hottest Skills on LinkedIn", genau wie "Mobile Development" und "User Interface Design", einige der Spezialdisziplinen in der Web-Entwicklung.
"Bevor man sich entschließt, Web Developer zu werden, sollte man mit freien Tutorials und ersten kleinen Testprojekten aber prüfen, ob einem das Programmieren liegt", empfiehlt Boguslawski. Ansonsten könne seiner Meinung nach aber fast jeder Web Development erlernen, auch ohne Informatikstudium im Rücken.