IT-Fachkräfte sind gefragt wie lange nicht. Das geht aus dem diesjährigen Arbeitsmarktreport von Dekra hervor. Ein angenehmer Frühling also auf dem IT-Arbeitsmarkt, wie die Prüfgesellschaft konstatiert. Zumindest aus Sicht der IT-Profis ist das gewiss der Fall. Aus Unternehmensperspektive könne es eher der Anbruch eines düsteren Herbstes sein – also der Zeit des Fachkräftemangels, vor dem Verbände wie Bitkom seit langem gebetsmühlenartig warnen.
Die hohe Nachfrage nach IT-Spezialisten ist eingebettet in einen allgemeinen Trend. „Die Konjunktur ist am Arbeitsmarkt angekommen“, sagt Jörg Mannsperger, Mitglied des Vorstands der Dekra SE und Geschäftsführer der für die Studie verantwortlichen Dekra Akademie GmbH. Es stehe zu befürchten, dass auch die vieldiskutierte Zuwanderung von Fachkräften die Knappheit an Arbeitskräften nicht beseitigen werde. „Unternehmen müssen sich nun verstärkt mit dem Potenzial von Personengruppen auseinander setzen, die bisher am Arbeitsmarkt unterrepräsentiert sind“, so Mannsperger. Dies könne beispielsweise Menschen mit Behinderungen, älteren Fachkräften oder benachteiligten Jugendlichen neue Chancen eröffnen.
Insbesondere dürfte dies der Fall sein im Segment der Servicemitarbeiter und sonstigen Gästebetreuer, das mehr als 8 Prozent der von Dekra ausgewerteten Stellenanzeigen im Visier hatten – eindeutig Rang Eins im Ranking der am häufigsten gesuchten Berufe. Aus IT-Sicht höchst interessant: Auf dem fünften Platz in dieser alle Stellen umfassenden Rangliste liegen mit 2,71 Prozent aller Angebote bereits Software-Entwickler, -Architekten und -Programmierer – knapp hinter Ingenieuren für Elektrotechnik und Arzthelfern, aber vor Massenberufen wie Krankenschwestern und -pflegern oder Call Center-Mitarbeitern.
Das Hoch auf dem IT-Arbeitsmarkt ist indes umfassend. 920 Stellenangebote für IT-Fachkräfte fand die Dekra Akademie am Studienstichtag in diesem Jahr. Vor einem Jahr waren es lediglich 591. Zumeist handelt es sich um direkt vom Arbeitgeber inserierte Vollzeitstellen. 14 Prozent der Offerten stammen von Zeitarbeitsfirmen. Vier Fünftel der Stellen werden direkt besetzt, wie die Akademie in einer Detailanalyse des IT-Arbeitsmarktes herausfand.
Gesucht sind keineswegs nur die bereits genannten Software-Entwickler, -Architekten und -Programmierer, nach denen 287 der 920 Stellenangebote fahndeten. 224 Annoncen richteten sich allgemein an IT-Fachleute, Informatiker, System-Administratoren und -Ingenieure, 167 an IT-Berater. In größeren Umfang bestand am Stichtag ebenfalls Bedarf nach IT-Kaufleuten, SAP-Fachleuten, Internet-Spezialisten und ERP-Fachleuten.
Arbeitgeber achten auf Abschluss und Erfahrung
Insgesamt achten Arbeitgeber auch in ihren IT-Abteilungen inzwischen mehr als früher auf formale Ausbildung. Laut Studie waren in rund 65 Prozent der Fälle dezidiert Bewerber mit Hochschulabschluss gesucht – fünf Prozentpunkte mehr als vor zwei Jahren. In einem Viertel der Offerten wird eine Ausbildung etwa zum Fachinformatiker verlangt. Demnach bietet eine Ausbildung, gegebenenfalls ergänzt durch weitere Qualifizierungen oder Zertifikate, gute Möglichkeiten in der IT-Branche, schlussfolgert die Dekra.
„Erfahrung ist eindeutig ein Plus bei der Bewerbung“, heißt es weiter in der Studie. „Werden Angaben dazu gemacht, wünschen sich Arbeitgeber in der Regel Bewerber mit einer mehrjährigen Berufserfahrung.“ In 42 Prozent der Anzeigen wird diese explizit gefordert.
Drei Aufgabengebiete stehen derzeit in den Firmen besonders hoch im Kurs. Jeweils etwa ein Fünftel der Stellenangebote für IT-Fachkräfte zielten auf einen Einsatz im Bereich Server und Netzwerke, Administrations- und Unternehmensanwendungen sowie Internet und Web 2.0. Jedes zehnte Gesuch richtete sich an Datenbank-Spezialisten.
Ständige Verschiebungen gibt es in der IT-Welt bekanntlich bei den nachgefragten Fähigkeiten und Kenntnissen. So erwarteten 28 potenzielle Arbeitgeber in ihren Anzeigen von IT-Profis dezidiert auch ein Verständnis ökonomischer Zusammenhänge; weitere elf Firmen verlangten spezifische Branchenkenntnisse. Englischkenntnisse sind eine Selbstverständlichkeit, dafür werden andere Fremdsprachenkenntnisse nicht gefordert.
Beim IT-spezifischen Wissen rangiert mit 47 Prozent Programmierung ganz oben. Jeweils ein Fünftel der Arbeitgeber erwartet Kenntnisse in Kundenbetreuung sowie Software- und Systemadministration. Es folgen Entwicklung und Implementierung von Applikationen (knapp 18 Prozent), Projektmanagement (14 Prozent) und Validierung/Verifikation (10 Prozent).
Initiative wichtiger als Ellenbogen
An Soft Skills sind insbesondere Teamfähigkeit (45 Prozent), Kommunikationsstärke (33 Prozent) sowie Motivation und Eigeninitiative (28 Prozent) gefragt. Knapp dahinter folgt Selbständigkeit. Den deutlichen Anstieg dieser Fähigkeit (plus 10 Prozentpunkte) kann nach Dekra-Einschätzung damit zusammenhängen, dass selbständiges Denken nach der Umstellung auf Bachelor- und Master-Studiengänge an den Hochschulen möglicherweise weniger vermittelt werde als früher. „Durchsetzungsfähigkeit und sicheres Auftreten wird hingegen weniger häufig nachgefragt als noch vor zwei Jahren, als Projekte und Aufträge deutlich schwieriger zu gewinnen waren“, heißt es weiter in der Studie.
Die Ausnahme im IT-Arbeitsmarkt-Boom bilden ausgerechnet Führungskräfte. Jede zehnte Anzeige suchte nach einer Führungskraft, vor zwei Jahren war es laut Dekra noch jede Fünfte. Allerdings dürfte sich an der absoluten Zahl der Gesuche hier wenig verändert haben, wenn man sich den Gesamtanstieg im IT-Bereich vor Augen führt.
„Fast zwei Drittel der Arbeitgeber, die Bedarf an Führungskräften haben, suchen Projektleiter und -manager; 17,2 Prozent von ihnen sind auf der Suche nach Teamleitern“, führt die Studie aus. Traineeships, in denen Young Professionals systematisch auf Führungspositionen vorbereitet werden, seien hingegen in der IT offenbar nicht sehr verbreitet. Lediglich zwei Unternehmen bieten am Erhebungstag derartige Entwicklungsprogramme für den Nachwuchs. „Allerdings kann dies auch darin begründet sein, dass Traineeships nicht immer über klassische Stellenausschreibungen vergeben werden“, so die Studienautoren.
Die Studie „DEKRA Arbeitsmarkt-Report 2011“ kann auf der Homepage der Dekra kostenfrei herunter geladen werden.