Jetzt hypen sie wieder: Die Analysten von Gartner geben ihre Prognosen für die Technik-Welt des kommenden Jahrzehnts bekannt. Unter Federführung von Erfinderin Jackie Fenn erscheinen die Gartner Hype Cycle. Im Bereich "Emerging Technologies" sehen die Analysten 41 Technologien am Start.
Darunter finden sich sowohl Endverbraucher-Themen wie 3D-Fernsehen und E-Book-Reader als auch Business-Interessen wie Cloud Computing und Datenanalysen für schnellere Prognosen ("Predictive Analytics"). Im Unterschied zur Vorjahresausgabe ist SOA (Service-orientierte Architekturen) im Hype Cycle for Emerging Technologies 2010 nicht mehr dabei. Gartner gestand SOA 2009 zu, die Phase der Produktivität zu erreichen. Damit sind Service-orientierte Architekturen keine "auftauchende" Technologie mehr.
Der Hype Cycle folgt stets demselben Schema: Gartner teilt alle Trends in fünf verschiedene Phasen ein. Zunächst ist ein Thema Impuls, dann erlebt es den Höhepunkt überzogener Erwartungen. Ihm folgt eine Phase der Desillusionierung, bevor nach einer Zeit der Abklärung das Plateau der Produktivität erreicht wird. Die aktuellen Prognosen für einige ausgewählte Technologien lauten wie folgt:
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Gartner definiert Cloud Computing als Computing, bei dem Unternehmen skalierbare und flexible IT-fähige Ressourcen als Services über das Internet beziehen. In diesem Bereich wird es demnächst viel Regen geben: 2009 stand das Thema auf dem Höhepunkt der überzogenen Erwartungen, jetzt ist es einen Schritt weiter. In Richtung Tal der Desillusionierung also.
Die Analysten bescheinigen Cloud Computing Reife, glauben aber dennoch, dass erst fünf bis 20 Prozent der Zielgruppe erreicht sind. Damit ist die Marktdurchdringung seit dem vorigen Hype Cycle nicht gestiegen.
Gartners Tipp an Entscheider: Cloud ist kein Selbstzweck. Ein Unternehmen muss möglichst genaue Vorstellungen davon entwickeln, in welchem Bereich und zu welchem Zweck Cloud Computing eingesetzt werden kann. Dafür müssen Anbieter Roadmaps liefern können.
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Der aktuelle Hype Cycle beschäftigt sich auch spezifisch mit Cloud/Web-Plattformen. Es geht also um Plattformen, die mittels Web-Technologien den Zugang zu bestimmten Funktionalitäten schaffen. Anbieter sind beispielsweise Amazon.com, Google, Microsoft und Salesforce.com. Auch sie haben den Höhepunkt überzogener Erwartungen hinter sich und rutschen derzeit in die Phase der Desillusionierung ab. Gartner begründet das mit Problemen, die "early Adopters" haben - weil bisher die Erfahrung fehlt.
Da Instrumente wie Google’s App Engine oder Microsoft Azure Services Platform insbesondere kleinen und mittelständischen Firmen ohne großen Aufwand neue Möglichkeiten erschließen, traut Gartner Cloud/Web-Plattformen großes Potenzial zu. Sie verändern die Geschäftswelt erheblich. Die Marktdurchdringung liegt bisher allerdings erst zwischen einem und fünf Prozent. In den kommenden zwei bis fünf Jahren sich das ändern.
Twitter nüchtern betrachten
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Auch für Microblogging wie beispielsweise Twitter geht es demnächst ins Tal der Tränen. Der Hype und die überzogenen Erwartungen haben sich gelegt. Twitter und Co. erreichen bisher etwa fünf bis 20 Prozent ihrer Zielgruppe und dürften in den nächsten zwei bis fünf Jahren zulegen.
Microblogging ist ein Beispiel für das Verschwimmen von Konsumenten- und Businesswelt. Gartner rät Unternehmen, nicht zu lange mit der Nutzung dieser neuen Kommunikationswege zu warten. Zwei Dinge sind dabei unerlässlich: Erstens vor Beginn Informationen einholen, mit Microblogging vertraut machen und eine Strategie entwickeln. Anders als der private Endverbraucher kann ein Unternehmen nicht einfach über Herumprobieren einsteigen.
Zweitens: Entscheider müssen Policies für den Umgang festlegen. Die Nutzer im Unternehmen müssen verstehen, dass der geschäftliche Umgang mit Twitter nicht das Gleiche ist wie der private.
Weg von der Desillusionierung - hin zu den Technologien, die das Tal der Tränen bereits durchwandert haben und jetzt ganz nüchtern betrachtet werden. Hier bezieht Gartner das auf den ersten Blick nicht-technische Thema Ideen-Management ein.
Über soziale Medien Ideen von Kunden aufgreifen
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Die Analysten definieren Ideen-Management als strukturierten Prozess zum Generieren, Erfassen, Diskutieren, Organisieren, Evaluieren und Priorisieren von Erkenntnissen und Gedanken innerhalb eines Unternehmens. Dabei kommen Tools wie beispielsweise Social Media zum Einsatz.
Laut Gartner kommt kein Unternehmen mehr an Ideen-Management vorbei. Das gilt sowohl für Business-to-Business als auch für Business-to-Consumer. Als gelungenes Beispiel auf dem deutschen Markt könnte Tchibo gelten. Der Hamburger Konzern lässt Endverbraucher auf der Plattform tchibo-ideas.de Produktideen einreichen und realisiert auch einige. Nach Unternehmensangaben zählt diese Community rund 8.000 Mitglieder. Nach Prognosen von Gartner werden binnen zwei bis fünf Jahren immer mehr Firmen nachziehen.
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Auch das Thema Biometrische Authentifizierungs-Methoden hat die Phasen der Desillusionierung hinter sich gelassen und wird zunehmend sachlich auf Nutzwert geprüft. Die Analysten sehen für die kommenden Jahre Potenzial. Wichtigstes Mittel derzeit ist der Fingerabdruck. Allerdings hätten unter 2000 Menschen einer bis zwei Probleme: Sei es, dass Fingerrillen für dieses Instrument nicht stark genug ausgeprägt sind, sei es, dass die Leute einfach nicht wollen.
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Einen Schritt weiter im Hype Cycle sind Datenanalysen, mit denen Unternehmen Prognosen erstellen. Sie haben schon fast das Plateau ihrer Produktivität erreicht. Nach der Definition von Gartner müssen diese "predictive Analytics" drei Kriterien erfüllen: Sie werden für tages- oder sogar stundenaktuelle Reports erstellt, nicht für monatliche. Sie beinhalten immer einen konkreten Nutzwert für das Business, werden also nicht für Menschen erstellt, die im Elfenbeinturm hocken. Und nicht zuletzt werden sie immer bedienerfreundlicher, damit möglichst viele Anwender damit arbeiten können.
Schnellere und klügere Analysen erstellen
Als Anbieter nennt Gartner zum Beispiel IBM (SPSS), SAS Institute und ThinkAnalytics. Schon in den kommenden ein bis zwei Jahren werden Entscheider predictive Analytics verstärkt nachfragen, so die Marktforscher. Denn ohne Unterstützung können Entscheider die wachsenden Datenmengen nicht mehr sinnvoll nutzen.
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Ebenfalls produktiv zeigen sich Standort-erkennende Anwendungen (Location-Aware Applications) wie beispielsweise GPS. Nicht nur der Kundendienst, auch die wachsende Zahl mobiler Mitarbeiter profitiert davon. In den nächsten zwei bis fünf Jahren wird dieses Segment wachsen.
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Schneller geht es bei Pen-Centric Tablet PCs. Nach Gartners Definition sind sie Notebooks vergleichbar, verfügen aber über Stift und On-Screen Digitalisierer. Auf ihnen laufen die Windows XP Professional Tablet Edition, Windows Vista und Windows 7. Acer, Dell, Fujitsu, HP, Lenovo und Toshiba verkaufen die Geräte.
Pen-Centric Tablet PCs gehören sozusagen zu den Shooting Stars im Hype Cycle: Obwohl die Marktdurchdringung erst bei einem bis fünf Prozent liegt, erwartet Gartner, dass sie schon in den nächsten ein bis zwei Jahren zulegen. Sie ersetzen zum Beispiel das Clipboard.
Soweit zu den einigermaßen etablierten Technologien, die Entscheider in naher oder näherer Zukunft beschäftigen. Als Beispiele für Technologien, die den großen Hype noch vor sich haben, seien 3D-Drucker und Computer/Hirn-Schnittstellen genannt.
Drucken in 3D und das Hirn an den Rechner anschließen
Die Vorläufer von 3D-Printing reichen zwar bis in die späten 1980er-Jahre zurück, aber erst in den kommenden fünf bis zehn Jahren werden sie ihren Durchbruch erleben. Denn die Hersteller steigern die Qualität der Geräte, während die Preise sinken.
Dass man "einem Menschen nicht in den Kopf gucken kann", stimmt nicht mehr. Computer/Hirn-Schnittstellen werden zunächst einmal Behinderten helfen, möglichst viele Dinge selbst zu tun. Dabei können Elektroden in den Schädel gesetzt werden, die Signale empfangen und weiterleiten. Auf lange Sicht - mehr als zehn Jahre - hält es Gartner für denkbar, dass die Technologie Arbeiter unterstützt, die beide Hände brauchen. Dabei soll jedoch nichts in die Köpfe der Menschen implantiert werden - spezifische Helme oder Kappen werden reichen.
Das sind jedoch weitgehend Visionen. In welcher Weise diese Technologie außerhalb medizinischer Zwecke zum Einsatz kommt, ist spekulativ.
650 Analysten bewerten 1800 Technologien
Der Gartner Hype Cycle for Emerging Technologies ist nur einer aus einer Reihe von 75 Hype Cycles. An diesem Megaprojekt haben 650 Analysten mitgearbeitet. Sie haben insgesamt rund 1800 Technologien untersucht. Danach dürften die Köpfe geraucht haben - auch ohne Computer/Hirn-Schnittstelle.