Als IT-Manager Henry Hirschel sich im Juni 2011 auf Jobsuche begab, klickte er sich nicht zuerst in einem Online-Stellenportal zu den ausgeschriebenen IT-Führungspositionen durch. Wie Meridith Levinson in unserer amerikanischen Schwesterpublikation CIO.com berichtet, kontaktierte Hirschel erst einmal sein Netzwerk.
Mithilfe von Microsoft Publisher stellte er eine einseitige Marketingbroschüre zusammen, die er in den folgenden vier Wochen an 400 Kontakte per E-Mail verschickte. Im Dokument erklärte Hirschel, dass er wieder auf dem Markt verfügbar ist, welchen Job er sucht und verlinkte auf seine Internetseite, sein Linkedin-Profil und seinen online bereitgestellten Lebenslauf. Er entschied sich für diesen Weg, weil er sein Netzwerk auf eine positive Weise darauf aufmerksam machen wollte, dass er nach einem Job suchte und gleichzeitig mitteilen wollte, wonach er suchte.
Levinson sieht darin keinen Einzelfall, sondern eine neue Entwicklung bei der Jobsuche. IT-Experten verlassen sich nicht auf Online-Portale, sondern sprechen ihr Netzwerk gezielt an, sei es persönlich, mit einer Mail oder über Linkedin. Hirschel berichtet, dass er an mehreren Bewerbungsgesprächen pro Woche teilgenommen hat und die meisten Einladungen über seine Bemühungen im persönlichen Netzwerk erhalten hat.
Auch Experten raten laut Levinson dazu, bei der Jobsuche mehr aufs Netzwerk denn auf Stellenbörsen zu setzen. Diese Empfehlung begründen sie damit, dass Arbeitgeber heute anders einstellen als früher. Denn noch stärker als früher droht man in der Masse von Bewerbern unterzugehen. Der Gründer des Online-Stellenportals Careerbuilder Rob McGovern schätzt, dass Personalabteilungen in den USA auf eine offene Stelle momentan etwa 200 Bewerbungen im Monat geschickt bekommen.
Und weil Personalabteilungen von dieser Flut an Bewerbungen überfordert sind, kommt es durchaus vor, dass eine offene Stelle nicht mit einer Ausschreibung in einem Online-Stellenportal beworben wird. Stattdessen hält das Unternehmen gezielt in seinem Netzwerk und auf Portalen wie Linkedin Ausschau nach geeigneten Kandidaten. Auch bei den Mitarbeitern und bei Personalagenturen holen Personaler sich Tipps für geeignete Kandidaten.
Empfehlungen, direkte Ansprache oder soziale Netzwerke
Eine Umfrage unter 800 Entscheidern aus dem Recruiting bestätigt dies. Auftraggeber war Jobvite, ein Hersteller von Social Recruiting Software. Die Entscheider gaben in dieser Umfrage an, dass ihre erfolgreichsten Einstellungen über Empfehlungen, direkte Ansprache oder soziale Netzwerke zustande kamen. 80 Prozent der Recruiting-Entscheider nutzen bei der Kandidatensuche soziale Netzwerke, 63 Prozent haben schon einmal erfolgreich einen Kandidaten eingestellt, auf den sie über soziale Netzwerke aufmerksam geworden sind. Eine weitere interessante Zahl: 45 Prozent der Recruiter sehen sich immer das Online-Profil eines Kandidaten an.
Daniel Bobke, ein IT-Verantwortlicher aus Kalifornien, hat zum letzten Mal im Jahr 2005 nach einem neuen Job gesucht. Damals, so meint er, waren deutlich mehr IT-Jobs auf Führungsebene ausgeschrieben. Er hat bei seiner Suche die Erfahrung gemacht, dass die Stellen mit IT-Verantwortung teilweise nicht einmal auf der Internetseite der Unternehmen ausgeschrieben sind. Stattdessen werden Personalagenturen mit der Executive-Suche beauftragt.
Bobke arbeitet auf der Suche nach seiner Wunschposition vor allem mit Linkedin. Dort sucht er nach den Personalern, die bei Wunscharbeitgebern über seine Einstellung entscheiden würden. Um das herauszufinden, schreibt er zum Beispiel einen Personaler an, der ihm dann den korrekten Ansprechpartner nennt. Über Linkedin verfolgt er auch, ob bei einem seiner bevorzugten Arbeitgeber eine Stelle frei wird. Außerdem ist Bobke bei Linkedin in einige Gruppen eingetreten, die ihm bei seiner Stellensuche helfen. Eine dieser Gruppen, die Laguna Niguel Connectors, trifft sich sogar nicht-virtuell.
Ein anderer IT-Manager - Gary Richard - hat durch eine Personalagentur für IT-Experten zu seinem neuen Job gefunden. Als er zuvor auf eigene Faust nach einer Stelle gesucht hatte, war er nicht erfolgreich. Genau wie Hirschel und Bobke hat auch Richard die Online-Stellenportale nicht völlig abgeschrieben. Die drei IT-Manager nutzen sie nur auf eine andere Art als zuvor. Wenn sie in Stellenportalen eine freie Stelle sehen, schicken sie nicht wie vor ein paar Jahren ihre Bewerbung an das Unternehmen. Stattdessen suchen sie in ihrem Netzwerk nach Kontakten in diesem Unternehmen und bahnen sich so den Weg zur Wunschstelle.