Wie Unternehmen ihre IT organisieren, untersucht die Hochschule Bonn-Rhein-Siegin der "5. Umfrage zum Stand des IT-Controllings im deutschsprachigen Raum". Die Analyse kreist um Themen wie die organisatorische Verortung des IT-Entscheiders, die Durchführung von IT-Projekten und Fragen des IT-Budgets. Mehr als 4.000 Unternehmen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Luxemburg haben teilgenommen.
Als "erstaunlich" bewerten es die Forscher, dass im Jahr 2017 ein gutes Drittel der Befragten (35 Prozent) ohne IT-Strategie arbeitet. Im Jahr 2007 waren es mit 80 Prozent deutlich mehr. Wo eine Strategie vorhanden, gilt sie meist für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren (44 Prozent) oder bis zu drei Jahren (33 Prozent). Knapp jeder Zweite (48 Prozent) passt die Strategie einmal jährlich an, gut jeder Fünfte (22 Prozent) unternimmt das auch während des Jahres.
"Position des IT-Managements geht zurück"
Bei der Frage nach der Verankerung des obersten IT-Entscheiders sprechen die Forscher von einem "Ansehensverlust". Sie schreiben: "Die hierarchische Position des IT-Managements geht seit langem deutlich zurück". Als IT-Verantwortliche gelten hier sowohl CEOs, als auch CIOs oder IT-Leiter und Chief Digital Officer (CDO). Manager in einer dieser Positionen waren in der Umfrage aus 2004 noch zu 45 Prozent in Geschäftsführung/Vorstand vertreten. Bis 2017 sank ihr Anteil auf 27 Prozent.
Die Wissenschaftler bieten einen etwas vagen Interpretationsversuch an: "Möglicherweise erklärt sich dieser 'Ansehensverlust' damit, dass IT erst im Verbund mit anderen Potenzialfaktoren zum Erfolgsfaktor wird und zum Unternehmenswert beiträgt. Für Unternehmen wäre damit nicht entscheidend, eine leistungsfähige IT zu haben, sondern diese Leistungsfähigkeit erfolgreich nutzen zu können."
Berichtswege und IT-Leistungsverrechnung
Aktuell berichten 84 Prozent der IT-Entscheider an die Geschäftsführung, die anderen an Bereichsleiter oder "sonstige". Weil diese Frage in die jetzige Studie neu aufgenommen wurde, liegen hierzu keine Vergleichswerte vor.
62 Prozent der Befragten erklären, IT-Leistung zu verrechnen. Das erfolgt mittels eines Servicekatalogs (36 Prozent), über individuelle Leistungen (28 Prozent) oder als IT-Projekte (36 Prozent). Üblicherweise wird nach Aufwand abgerechnet (67 Prozent).
Kriterien für Projektentscheidungen
Die Forscher haben sich außerdem angesehen, nach welchen Kriterien Entscheider IT-Projekte priorisieren. Demnach wägen die Manager zwischen "Kann"- und "Muss"-Projekten ab (37 Prozent). Einen Ausschlag ergeben auch die "Strategie-Fitness" des Projektes (27 Prozent) und der erwartete ROI (20 Prozent). Das Kriterium Risiko nennen dagegen nur zwei von hundert Befragten.
Nur eine Minderheit von 19 Prozent der Studienteilnehmer evaluiert im Rückblick jedes einzelne Projekt. 60 Prozent evaluieren "in Einzelfällen" und 21 Prozent nie.
IT-Etats gehen von CIOs weg
In puncto Budget stellen die Forscher fest, dass aktuell 55 Prozent der CIOs oder IT-Leiter die Verantwortung übernehmen. Auch hier zeigen sich im Blick auf die Jahre erhebliche Abweichungen. So lag die Etat-Hoheit 2013 noch bei 60 Prozent der CIOs, im Jahr 2009 zum Beispiel aber nur bei 46 Prozent, dem niedrigsten in dieser Studienreihe gemessenen Wert.
Zurück zu den Zahlen von 2017: Sofern nicht der CIO das IT-Budget verantwortet, ist es Vorstand/Geschäftsführung selbst (29 Prozent) oder auch der Fachbereich (sieben Prozent).
Vier Handlungsempfehlungen
Die Wissenschaftler sprechen vier Handlungsempfehlungen aus:
1. IT strategisch besser steuern
IT-/Business-Alignment ist immer noch nicht umgesetzt, erklären die Forscher. IT kreise noch immer zu stark um Technologie und Sourcing, Strategien dienten mutmaßlich der Rechtfertigung und würden nicht umgesetzt.
2. Budgets und Assets zentralisieren
"Wenn die IT ein Kostenfaktor ist, dann kann man keine Schattenwirtschaft in den hier beobachtbaren Größenordnungen dulden", fordern die Wissenschaftler. Es sei heute auch bei dezentraler Allokierung durch Geschäftseinheiten möglich, Budgets zentral nachzuvollziehen.
3. Projektcontrolling und Portfoliomanagement verstärken
Projektcontrolling und Portfoliomanagement sind kein Software-Thema, sondern Managementaufgabe. Die Forscher schreiben, der Ruf einer IT-Organisation "dürfte sich nicht zuletzt aus der professionellen oder schlampigen Abwicklung ihrer Projekte ergeben".
4. IT-Controllingmethoden anwenden
Die Forscher beklagen das Fehlen eines klaren Methoden-Kanons für das IT-Controlling. Die Methoden seien da, würden aber nicht oder nicht richtig angewandt. Sie schreiben: "Daraus ergibt sich eine (Dauer-)Aufgabe für die Wirtschaftsinformatik, nicht nur im Sinne des Transfers von Forschungsergebnissen in die Praxis, sondern auch in der Ausbildung."