Wenn Angst unzufrieden macht und die Karriere blockiert
20.09.2024 von Hans Königes
Sie fragen sich, warum Ihre berufliche Entwicklung stagniert und der Job keine Freude mehr macht? Dann leiden Sie vielleicht unter verborgenen Ängsten. Besonders betroffen: Männer aller Altersgruppen.
Männer müssen liebevolle Väter, perfekte Liebhaber sein, im Haushalt helfen und selbstverständlich eine phantastische Karriere hinlegen. Unter diesen völlig unrealistischen Erwartungen leiden sie, erläutert Madeleine Leitner. Aus ihrer Praxis kennt die Diplompsychologin und Karriereberaterin zahlreiche solcher Fälle. Die Angst vor dem Scheitern hat besonders bei Männern ein großes Bedrohungspotenzial.
Sie geht einher mit einem starken Gefühl von Beschämung und Blamage. Die Wurzeln werden in der Kindheit gelegt, etwa durch überzogene Erwartungen von Eltern oder durch negative Erfahrungen in der Schule, wenn Lehrer Schüler vor versammelter Klasse bloßstellen. Die Betroffenen riskieren daher später lieber nichts und versuchen alles, um nicht ins Rampenlicht zu geraten.
Erfolgstagebücher helfen bei Jobangst
Führen Sie ein Erfolgstagebuch ... ... rät Coach und Autorin Christine Hofmann. Das hilft bei Jobängsten. Und das geht so: Kaufen Sie ein schönes Notizbuch, das Sie gerne zur Hand nehmen. Schreiben Sie täglich in dieses Buches und beachten sie folgende wichtige Regel: Formulieren Sie immer positiv und immer in der Gegenwartsform!
Persönliche Erfolge Schreiben Sie hier über Ihre kleinen und großen persönlichen Erfolge, die Sie erlebt haben. Machen Sie sich damit bewusst, was Sie alles können und geschafft haben (auch Kleinigkeiten). Lesen Sie diesen Bereich insbesondere dann durch, wenn es Ihnen einmal nicht so gut geht.
Dankbarkeit Notieren Sie hier alles, für das Sie dankbar sind. Ich bin dankbar für meine netten Kollegen und Kunden.
Traumalltag Erlauben Sie sich zu träumen, beschreiben Sie in der Gegenwartsform Ihren Traumalltag. Wie starten Sie in den Tag? Wie sieht Ihr Traumjob genau aus? Was erleben Sie? Wie, wo und mit wem arbeiten Sie? Wie viel verdienen Sie? Was ist sonst noch möglich?
100 Ziele Was möchten Sie noch alles erleben, haben oder sein? Hier können 100 und mehr private und berufliche Ziele stehen. Lesen Sie diese Punkte immer wieder durch. Freuen Sie sich auf den Tag, wo Sie die ersten Ziele als erledigt abhaken können, der Tag wird kommen, versprochen.
Stellen Sie ermächtigende Fragen A: Ich habe Angst meinen Arbeitsplatz zu verlieren. B: Warum habe ich einen sicheren Arbeitsplatz? Wie kann es jetzt noch besser werden? Streichen Sie nach der Formulierung der Frage den Punkt A durch. Damit sich Herausforderungen auch unterbewusst auflösen können, ist es wichtig, das Negative zu betrachten und anzunehmen. Achten Sie verstärkt auf kommende Impulse, Ideen und Ereignisse.
Starten Sie heute! Wie wäre es, wenn Sie gleich heute damit starten? Falls Sie noch kein Notizbuch zur Hand haben, reicht auch ein einfacher Zettel und Stift. Zu verrückt? Was haben Sie zu verlieren, wenn Sie es tun? Was könnten Sie gewinnen? Vielleicht führt Sie dieser Weg zu einem neuen beruflichen Höhepunkt.
Mit der Zeit wird ihr Vermeidungsverhalten immer mehr zur Gewohnheit, die ursprünglichen Ängste geraten in den Hintergrund. Ihr Leben wird allerdings fad, der Job bereitet keine Freude. Wenn sie doch Hilfe suchen, ist den Wenigsten die Ursache ihrer Unzufriedenheit bewusst. Madeleine Leitner: "Es erfordert einige Erfahrung, um zu erkennen, dass hinter beruflicher Unzufriedenheit Versagensängste stecken. Für viele Klienten ist diese Erkenntnis eine riesengroße Überraschung."
Hohe Erwartungen
So hatte sich ein Manager, der mit dem Verlauf seiner Karriere unzufrieden war, unbewusst immer in die Position des Zweiten begeben. Im Gespräch fiel ihm ein, dass seine ehrgeizige Mutter vor seiner Einschulung einen Intelligenztest veranlasst hatte. Von ihrer Begeisterung über den "zweiten Einstein" fühlte sich der Junge völlig erschlagen. Ihm war klar, dass er diese Erwartungen nie würde erfüllen können. Von da an war jegliche Freude an Leistung verschwunden. Er vermied exponierte Positionen und führte ein Schattendasein. Nachdem ihm diese Zusammenhänge bewusst geworden waren, übernahm er eine verantwortungsvolle Rolle in der ersten Reihe.
Er ist kein Einzelfall in Leitners Arbeit: "Beruflicher Unzufriedenheit liegen häufiger psychologische Ursachen zugrunde, als man denkt." Um herauszufinden, ob man sozialphobische Tendenzen hat, könne man sich folgende Fragen stellen: Wie wurde in Ihrer Familie und in der Schule mit Fehlern umgegangen? Wurden Sie bei Fehlern ausgelacht, verspottet oder bestraft? Haben Sie Erfahrung mit Ausgrenzung oder Ablehnung? Befürchten Sie, Erwartungen zu enttäuschen oder auf Ablehnung zu stoßen? Weichen Sie Konflikten aus? Scheuen Sie das Rampenlicht? Bekommen Sie bei der Vorstellung, gleich eine Präsentation oder eine Geburtstagsrede halten zu müssen, Herzklopfen, oder Panikgefühle?
Unnötiger Druck durch Angst vor Fehlern
Haben Sie eine oder mehrere der Fragen mit Ja beantwortet, rät Leitner: "Versuchen Sie, sich Ihre latenten Befürchtungen durch Selbstbeobachtung bewusst zu machen. Welche Ängste stecken hinter Ihrem Vermeidungsverhalten? Bei genauer Betrachtung erscheinen sie allerdings irrational - allein diese Erkenntnis löst das Bedrohungspotenzial in Luft auf. Bei vielen Menschen erzeugt die Vorstellung, Fehler zu machen, Druck. Dabei sind Fehler eine normale Erfahrung, aus der man lernen kann. Bekanntlich werden Ängste immer größer, wenn man sie vermeidet. Hier macht Übung den Meister: Je öfter man sich ihnen stellt, desto geringer werden sie."
Angstfrei im Job: Chefs
1. Behandeln Sie Ihre Mitarbeiter ... ... freundlich - unabhängig von der Tagesform.
2. Respektieren Sie Ihre Mitarbeiter ... ... als Menschen mit eigenen Zielen und Wünschen, die Beruf und Privatleben in Einklang bringen müssen.
3. Kontrollieren Sie nur da, wo Kontrolle nötig ist. Lassen Sie Verantwortung und Kompetenz beim Mitarbeiter.
4. "Deckeln" Sie Ihre Mitarbeiter nicht! Seien Sie offen für konstruktive Kritik und schaffen Sie ein Forum für den fairen Meinungsaustausch.
5. Lassen Sie Ihre Mitarbeiter wissen, woran sie sind. Informieren Sie offen über die Lage des Unternehmens und im Einzelgespräch auch, wie Sie die Leistung des Einzelnen einschätzen.
6. Ein guter Chef ist ein gerechter Chef. Verteilen Sie Aufgaben, Lob und Kritik gemäß nachvollziehbarer Maßstäbe.
7. Führen Sie Protokoll ... ... über Ihre Entscheidungen und Arbeitsaufträge. Nur konsistente Entscheidungen schaffen eine gute Grundlage für die Zusammenarbeit.
8. Stören Sie Ihre Mitarbeiter nicht! Sie haben Ihre Mitarbeiter ausgewählt, weil diese Experten für ihren jeweiligen Aufgabenbereich sind. Lassen Sie die Experten ihre Arbeit tun und beschränken Sie sich auf Unterstützung und Beratung.
9. Sorgen Sie für eine angstfreie Atmosphäre, . . . ... in der die Mitarbeiter Fehler und Probleme eingestehen können, ohne Angst vor Strafe zu haben.
10. Bleiben Sie menschlich! Wer als Chef die Größe hat, einen beruflichen Fehler zuzugeben, wächst in der Achtung der Mitarbeiter und ist zugleich Vorbild.