Firmen fürchten den Aderlass an IT-Know-how
Es braut sich etwas zusammen. Innerhalb von drei Jahren, werden Unternehmen weltweit die unangenehmen Auswirkungen des Zusammenspiels demografischer und sozialer Trends zu spüren bekommen.
Problem Nummer eins: Die Baby-Boomer-Generation kommt ins Rentenalter. Ein Drittel der befragten US-Unternehmen erwartet, dass sich bis 2008 elf und mehr Prozent ihrer Belegschaft in den Ruhestand verabschieden.
Besonders betroffen von der Entwicklung sind Deloitte zufolge die Branchen Life Sciences, Energieversorger und der öffentlicher Sektor. Zwischen 15 und 20 Prozent der befragten Unternehmen fürchten, dass dieser Trend zu einem Mangel an erfahrenen IT-Fachkräften führen wird.
So klagen schon heute 44 Prozent der befragten Personaler, dass sie Schwierigkeiten hätten, erfahrene IT-Führungskräfte zu rekrutieren. Für 2010 erwarten mehr als zwei Drittel (63 Prozent), dass die Nachfrage nach IT-Senior-Managern das Angebot übersteigen wird.
Problem Nummer zwei: Der qualifizierte Nachwuchs fehlt. Vor allem in den Natur- und Ingenieurswissenschaften sinken die Absolventenzahlen seit Jahren. In Deutschland beispielsweise ist die Zahl der Nachwuchsingenieure in nur zehn Jahren um ein Drittel auf 36.000 gesunken. In China verlassen zehn Mal so viele Studenten die Universität mit einem Ingenieursdiplom.
Problem Nummer drei: Die Firmen machen sich bisher kaum Gedanken darüber, welche Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter eigentlich erfolgsentscheidend für das Unternehmen sind. Die Gefahr: Mit den entsprechend qualifizierten Mitarbeitern verabschiedet sich auch wichtiges Know-how in den Ruhestand.
Unternehmen müssen erfolgsentscheidende Talente identifizieren
Nur knapp die Hälfte der von Deloitte befragten Unternehmen hat die so genannten "kritischen Talente" ihrer Mitarbeiter, die sie für weiteres Wachstum benötigen, bisher identifiziert. Ein Viertel der Befragten sagte sogar, dieser Schritt sei unwichtig.
Laut Deloitte eine fatale Fehleinschätzung: "Die Arbeitgeber müssen schnellstens eruieren, welche Fähigkeiten für ihr Geschäft entscheidend sind, welche Mitarbeiter diese Fähigkeiten haben und wie man diese als engagierte Arbeitskräfte im Unternehmen halten kann."
Bei den Arbeitskräften mit erfolgsentscheidendem Know-how handelt es sich dabei keinesfalls nur um Mitglieder des Führungszirkels. Es kann auch der Paketausfahrer eines Kurierunternehmens sein, der die Bedürfnisse der Kunden kennt oder die forschenden Wissenschaftler eines Pharmaunternehmens.
Klassisches Talente-Management reicht nicht aus
Bisher konzentrieren sich die Firmen noch zu stark auf klassische Recruiting- und Trainingsinstrumente. So planen zwei Drittel der Firmen, vermehrt um berufserfahrene Arbeitskräfte zu werben. Fast drei Viertel (70 Prozent) planen ihre Ausgaben für Coaching und Mentoring zu erhöhen. Um den Wandel auf dem Arbeitsmarkt zu meistern, genügt das nicht.
"Die Unternehmen müssen eine neue Herangehensweise entwickeln und die erfolgsentscheidenden Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter als Wettbewerbsvorteil und langfristige Investition betrachten." So komme es weniger darauf an, den Mitarbeitern Spezialwissen zu vermitteln. Stattdessen sollte bei ihnen die Fähigkeit entwickelt werden, zu wissen, wo und wie sie Informationen finden.
Außerdem sollte Angestellten mit wichtigen Fähigkeiten immer wieder die Chance gegeben werden, sich neu zu erproben und neue Perspektiven zu entdecken. Schließlich kommt auch der sozialen Vernetzung eine entscheidende Rolle zu: In Netzwerken agieren die Mitarbeiter schneller, effizienter und können ihr Wissen besser einsetzen. Durch diese Strategie könnten die Firmen dem Nachwuchsproblem nicht nur begegnen, sondern an der Herausforderung wachsen und ihr Talent-Management in eine Erfolg versprechende Strategie einbetten.
Für die Studie "It's 2008: Do You Know Where Your Talent Is?" befragte Deloitte 123 Personalchefs US-amerikanischer Unternehmen.
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