12 Ratschläge

Wenn Manager Kündigungen aussprechen müssen

23.10.2017
Wer Mitarbeiter entlassen muss, sollte das Kündigungsgespräch gut vorbereiten. Denn wer gehen muss, erwartet eine schlüssige Begründung. Ein ordentlicher Kündigungsvorgang trägt auch dazu bei, die Motivation der verbleibenden Belegschaft zu erhalten.
Wer als Führungskraft eine Kündigung ausspricht, muss auf Gefühlsausbrüche des Betroffenen gefasst sein - und sie auch zulassen, meint Berater Frank Adensam.
Foto: Frank Adensam

Frank Adensam kennt sich aus mit Kündigungen. Der Personalberater aus Ludwigshafen zählt "professionelles Trennungsmanagement" zu seinen Arbeitsschwerpunkten. Eine Kündigung beginnt für ihn mit ausführlicher Vorbereitung.

1. Drehbuch schreiben

"Schreiben Sie ein Drehbuch", rät er. Alle fraglichen Punkte müssten eindeutig geklärt sein, bevor es ins Kündigungsgespräch geht. Handelt es sich um eine betriebsbedingte Kündigung oder ist das Verhalten des Mitarbeiters Ursache für die Trennung? Welche Kriterien begründen die Auswahl? Wer teilt dem Mitarbeiter wann und wo die Entscheidung mit? Bekommt der Scheidende eine Abfindung, kann er sich freistellen lassen?

2. Die Mitteilung persönlich machen

Samstags ein Kündigungsschreiben aus dem Briefkasten zu fischen, ohne vorher vom Rausschmiss zu wissen, ist für Angestellte ein Horror-Szenario. Vorgesetzte sollten den Mitarbeiter am besten persönlich über die Kündigung informieren - "auch wenn es schwer fällt", so Adensam. Habe die Personalabteilung schon vorher ein Schreiben verschickt, solle man so bald wie möglich das Gespräch mit dem Betroffenen suchen.

3. Für Ruhe sorgen

Klingelnde Telefone und Kollegen, die ins Büro hereinplatzen, verschlimmern die unangenehme Gesprächssituation zusätzlich. Wer ein Kündigungsgespräch führt, sollte laut Adensam sicherstellen, dass Störungen von außen unterbleiben.

Tipps für Kündigung und Trennung
Tipps für Kündigung und Trennung
Wenn Mitarbeiter entlassen werden müssen, sollte dies möglichst schmerzfrei erfolgen. Frank Adensam sagt, wie Sie dabei vorgehen sollten.
Sorgfältig vorbereiten
Das setzt eine sorgfältige Vorbereitung voraus. Diese gelingt Unternehmen am besten, wenn sie, sobald feststeht, dass Mitarbeiter entlassen werden müssen, ein Drehbuch für den Kündigungs- und Trennungsprozess schreiben.
Ruhig und sachlich bleiben
In der Regel sollte der unmittelbare Vorgesetzte die betroffenen Mitarbeiter über ihre Kündigung informieren - selbst wenn diese von der Personalabteilung versandt wird. Auf dieses Gespräch muss er sich vorbereiten. Unter anderem, indem er sich im Vorfeld fragt: Teile ich in dem Gespräch dem Mitarbeiter nur die Kündigung mit und setze ich mich mit ihm anschließend nochmals zusammen, um zu vereinbaren, wie die Trennung gestaltet wird?
Nicht um den heißen Brei reden
Oft wollen Führungskräfte das Kündigungsgespräch möglichst schnell hinter sich bringen. Die Folge: Sie stoßen den Mitarbeiter vor den Kopf, indem sie ihm unvermittelt die Nachricht "Sie sind entlassen" entgegenschleudern. Zuweilen scheuen sie sich aber auch, die unangenehme Botschaft auszusprechen und reden um den heißen Brei herum. Beides ist unangebracht.
Emotionen akzeptieren
Auf diese Nachricht reagieren Mitarbeiter unterschiedlich - manche geschockt, manche gelassen, manche wütend. Lassen Sie zu, dass Ihr Mitarbeiter Emotionen zeigt. Äußern Sie hierfür Verständnis. Und geben Sie ihm ausreichend Zeit, die Fassung wiederzugewinnen. Gelingt ihm dies nicht, sollten Sie das Regeln der Trennungsmodalitäten vertagen - zum Beispiel, indem Sie vorschlagen: "Herr/Frau Müller, sicher müssen Sie den Schock erst verdauen. Was halten Sie davon, wenn wir uns übermorgen nochmals zusammensetzen und darüber reden ..."
"Sie haben doch gesagt, ..."
Ein Vorwurf, mit dem Führungskräfte bei Kündigungen oft konfrontiert werden, ist: "Aber vor einem Monat planten Sie mit mir doch noch ..." Oder: "Bei der Weihnachtsfeier sagten Sie, unsere Arbeitsplätze seien sicher." Dann sollten Sie zu Ihren Worten und Taten stehen. Bedauern Sie Ihren Irrtum. Sagen Sie, dass Sie zum damaligen Zeitpunkt die Situation anders einschätzten, diese sich aber in der Zwischenzeit aufgrund der Faktoren A, B, C geändert hat.
"Warum gerade ich?"
Dessen ungeachtet werden die zu kündigenden Mitarbeiter stets fragen: Warum gerade ich? Geben Sie dem Mitarbeiter eine inhaltlich verständliche Erklärung. Auf keinen Fall sollten Sie sich aber auf eine Diskussion über die Auswahlkriterien einlassen. Denn wer die Gründe für die Kündigung diskutiert, diskutiert die Kündigung selbst.
Kündigung begründen, ohne zu kränken
Entlässt ein Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern betriebsbedingt eine größere Zahl von Mitarbeitern, dann muss deren Auswahl meist gemäß den gesetzlichen Vorgaben anhand von Kriterien wie Alter, Familienstand und Dauer der Betriebszugehörigkeit erfolgen. Auch dann ist das Begründen vergleichsweise einfach, denn die Auswahl basiert auf objektiven Kriterien. Deshalb kann der Mitarbeiter eine solche Auswahl leichter akzeptieren als eine personenbezogene.
Die Zeit bis zum Ausscheiden regeln
Ist die Kündigung ausgesprochen und begründet, geht es darum, die Zeit zwischen der Kündigung und dem Austritt aus dem Unternehmen zu regeln. Hierfür können Sie einen separaten Termin vereinbaren. Im Trennungsgespräch selbst sollten Sie Ihrem Mitarbeiter einen Weg aufzeigen, wie der Trennungsprozess gestaltet werden kann. Außerdem sollten Sie ihm Hilfe beim Suchen einer neuen Stelle anbieten.
Den Blick wieder in Richtung Zukunft wenden
Oft ist eine bezahlte Freistellung bis zum Ausscheidetermin für beide Parteien die sinnvollste Lösung. Für die Gekündigten hat dies den Vorteil: Sie können sich voll auf das Entwickeln einer neuen Perspektive konzentrieren.

4. Keine Floskeln beim Kündigen

Um den heißen Brei herumzureden hält der Berater für unangebracht. Nach einer kurzen Einleitung solle eine Führungskraft "klar und sachlich" die Kündigung mitteilen. "Nennen Sie das Kind beim Namen", mahnt Frank Adensam. "Verstecken Sie die Nachricht nicht hinter Anglizismen wie "Downsizing"."

5. Auf Gefühlsausbrüche vorbereitet sein

Nicht jeder nimmt die Nachricht über seine Kündigung gefasst auf. Mancher zeigt sich geschockt, andere werden aggressiv oder brechen in Tränen aus. Wer einem Mitarbeiter gekündigt hat, sollte solche Reaktionen akzeptieren und dem Betroffenen Zeit geben, sich zu beruhigen. Kommt der Entlassene gar nicht zur Ruhe, sollte der Manager ihm mehr Zeit dafür einräumen: Hilfreich ist laut Adensam hier der Vorschlag, das Gespräch über die Modalitäten der Trennung zu einem späteren Zeitpunkt zu führen.

6. Trennung sauber begründen

"Warum ich?" ist laut Adensam eine typische Frage, der sich Führungskräfte nach einer Kündigung ausgesetzt sehen. Sie müssen darauf die richtige Begründung parat haben. Gab es eine Sozialauswahl, reicht der Verweis auf die Rechtslage. Waren Können und Leistung entscheidend, sei "viel Fingerspitzengefühl" nötig. Für den Manager gleicht diese Situation einer Gratwanderung: Einerseits will er den Entlassenen nicht zu sehr verletzen, andererseits muss er dennoch Argumente vorbringen, damit die Kündigung rechtlich nicht anfechtbar wird.

7. Rechtliche Voraussetzungen prüfen

Darauf ist bei personen- oder verhaltensbedingten Kündigungen grundsätzlich zu achten, mahnt Adensam. Gibt es Zweifel, dass die Kündigung wasserdicht ist, sollte das Unternehmen einen Aufhebungsvertrag anstreben.

8. Nicht diskutieren

Auch wenn mancher sich dabei hart und herzlos vorkommt: Diskussionen über die Auswahlkriterien für die Kündigung dürfe man auf keinen Fall führen, warnt Berater Adensam. "Sonst diskutieren Sie über die Kündigung selbst."

Die fünf größten Irrtümer beim Thema Kündigung
Die fünf größten Irrtümer beim Thema Kündigung
Wann ist eine Kündigung rechtens und wann nicht. Wir klären über die fünf häufigsten Mythen zum Thema Kündigung auf.
Irrtum 1: Ein krankgeschriebener Arbeitnehmer kann nicht gekündigt werden.
Eine Krankheit kann den Ausspruch einer Kündigung nicht verhindern. Ein Arbeitgeber kann grundsätzlich auch während einer Krankschreibung eine Kündigung aussprechen; dies macht die Kündigung nicht "per se" unwirksam.
Irrtum 2: Jede Kündigung muss eine Begründung enthalten.
Eine Kündigung muss nicht begründet werden. Aus Arbeitgebersicht ist es sogar eher unklug, eine Begründung in die Kündigung aufzunehmen, da dies in der Regel "Angriffsfläche" in einem nachfolgenden Kündigungsschutzprozess ergibt. Gekündigte Arbeitnehmer hingegen sollen unverzüglich um Rechtsrat nachsuchen, ob die ausgesprochene Kündigung auch wirksam ist.
Irrtum 3: Eine Kündigung kann auch mündlich ausgesprochen werden.
Arbeitsverträge kann man zwar mündlich abschließen, aber nicht beenden. Es bedarf nach dem Gesetz immer einer schriftlichen Kündigung. Vorsicht ist auf Arbeitgeberseite im Übrigen auch geboten bei Kündigungen per Mail oder per SMS, während Arbeitnehmer, die eine Kündigung in dieser Form erhalten, ebenfalls sofort um Rechtsrat nachsuchen sollten. Dies sollte unverzüglich erfolgen.
Irrtum 4: Vor der Kündigung muss immer drei Mal abgemahnt werden.
Eine sog. verhaltensbedingte Kündigung setzt nur eine Abmahnung voraus. Dabei gilt des Weiteren, was häufig verkannt wird: Ist in dem Betrieb ein Betriebsrat installiert, muss dieser einer Kündigung nicht etwa zustimmen; er muss nur angehört werden. Dieser kann der Kündigung zwar widersprechen. Dies führt aber nicht zu einer Unwirksamkeit der Kündigung.
Irrtum 5: Gekündigte Mitarbeiter haben stets einen Anspruch auf eine Abfindung.
Das Kündigungsschutzgesetz ist in erster Linie ein "Bestandsgesetz". Damit richtet sich der Schutz zunächst auf den Erhalt des Arbeitsplatzes. Zwar enden in der Tat tatsächlich viele Kündigungsschutzverfahren letztendlich mit dem Abschluss eines Abfindungsvergleichs. Bestehen allerdings Gründe für die Kündigung. greift diese rechtlich auch durch, und der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, eine Abfindung zu zahlen.

9. Vor der Kündigung die Personalakte aktualisieren

Damit die Kündigung nicht anfechtbar wird, muss vorher der Datenbestand der Personalakte geprüft und gegebenenfalls aktualisiert werden. Sonst kann es im Trennungsgespräch zu unliebsamen Überraschungen für das Unternehmen kommen. Adensam: "Erfahren Sie darin Neues über die familiäre Situation des Betroffenen, kann dies die gesamte Sozialauswahl kippen."

10. Hilfe anbieten

Eine Kündigung kann beim Betroffenen Existenzängste auslösen. Abmildern kann das Unternehmen sie, indem es Hilfe beim Aufbau einer neuen beruflichen Perspektive anbietet, meint Frank Adensam. Man könne beispielsweise einen externen Karriereberater zur Unterstützung anbieten. Den solle man möglichst früh einbinden. So könne er schon bei Konflikten während des Kündigungsvorgangs als Puffer fungieren.

11. Die verbleibende Belegschaft motivieren

Mit Kündigungswellen schwappt häufig auch die Angst durch Unternehmen. "Wer ist der Nächste?" fragen sich die Mitarbeiter. Diese Angst sollten Führungskräfte ernst nehmen. Adensam empfiehlt, der verbleibenden Belegschaft die Zukunftsplanung zu erläutern und neue Aufgabenverteilungen transparent zu machen. Damit eröffne man den Angestellten eine Perspektive.

12. Folgekosten im Griff behalten

Kündigungen werden häufig mit dem Zwang zu Einsparungen begründet. Auf der anderen Seite können sie aber auch "versteckte Kosten" nach sich ziehen, wie Frank Adensam sagt. Beispielhaft nennt er Produktivitätsverluste aufgrund der sinkenden Arbeitsmoral der verbleibenden Belegschaft. Wer Kündigungsprozesse fair gestalte, könne solche unerwünschten Effekte verringern.

Kündigungsgespräche richtig führen
Kündigungsgespräche richtig führen
Wer einem Mitarbeiter die Entlassung mitteilt, sollte darauf achten, dass es ein Gespräch auf Augenhöhe ist. Sechs Tipps zur Gesprächsführung.
Tipp 1
Achten Sie darauf, dass vor dem Gespräch mit dem Mitarbeiter keiner seiner Kollegen von der Kündigung erfährt.
Tipp 2
Bereiten Sie sich auf das Gespräch vor: Welche Faktoren machen die Kündigung unumgänglich? Wie können Sie auf mögliche Einwände reagieren?
Tipp 3
Seien Sie ehrlich: Beschönigen Sie nicht die Situation, sondern geben Sie Ihrem Mitarbeiter ein konstruktives Feedback.
Tipp 4
Berücksichtigen Sie auf jeden Fall, dass es bei einer Kündigung nicht nur um eine Fach- oder Führungskraft einer bestimmten Abteilung geht, sondern um einen Menschen mit allen seinen sozialen und gesellschaftlichen Bezügen. Das ist gerade dann wichtig, wenn man den Mitarbeiter nicht immer geschätzt hat.
Tipp 5
Geben Sie ihm genügend Zeit für seine Reaktionen wie Wut oder Tränen: Bieten Sie gegebenenfalls ein weiteres Gespräch in ein paar Tagen an, wenn der Mitarbeiter sich wieder gesammelt hat.
Tipp 6
Seien Sie auch in den nächsten Tagen stets offen für weitere Fragen des gekündigten Mitarbeiters.